Ein Lied für Waisen - Морган Райс 3 стр.


“Du mischt es ins Wasser”, sagte Cora und erklärte ihr das Puder, “dann trinkst du es. Am nächsten Morgen bist du nicht mehr schwanger.”

Sie ließ das so einfach klingen, als sie es Sophia übergab. Dennoch zögerte Sophia davor, das Puder von ihr zu nehmen. Sie griff danach und schon die Berührung, fühlte sich wie der Betrug von etwas zwischen ihr und Sebastian an. Sie nahm es dennoch von Cora und fühlte das Gewicht des Puders in ihrer Hand. Sie starrte darauf, als wenn es ihr irgendwie die Antworten geben würde, die sie brauchte.

“Du musst das nicht tun”, sagte Emeline. “Vielleicht hast du recht. Vielleicht wird dein Prinz kommen. Oder du wirst einen anderen Weg finden.”

“Vielleicht”, sagte Sophia. Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Der Gedanke, dass sie ein Kind mit Sebastian haben würde, könnte unter anderen Umständen wunderbar sein und die Aussicht auf eine Familie, sich niederzulassen und sicher zu sein hätte sie mit Freude erfüllt. Hier jedoch fühlte es sich wie eine Herausforderung an, die genauso groß war wie alles, was sie auf dem Weg nach Norden erlebt hatten. Sie war sich nicht sicher, ob das eine Herausforderung war, der sie sich stellen konnte.

Wo konnte sie ein Kind aufziehen? Sie hatte keinen Ort, wo sie leben konnte. Sie hatte im Moment nicht einmal ein Zelt das ihr gehörte, nur der halbe Schutz des Wagens, um den feinen Niesel der in der Dunkelheit fiel und Sophias Haar befeuchtete, abzuhalten. Sie hatten den Wagen auch noch gestohlen, sie fühlte sich also ein wenig schuldig, jedes Mal wenn sie aßen oder tranken, wegen des Grundes, wie sie ihn erworben hatten. Konnte Sophia das ganze Leben damit verbringen zu stehlen? Könnte sie das tun, während sie ein Kind großzog?

Vielleicht würde sie es zu dem großen Haus im Herzen von Monthys schaffen, das gerade vor ihr lag. Was dann? Es wären Ruinen, ungeeignet für jegliche menschliche Behausung und erst recht kein sicherer Ort, um ein Kind großzuziehen. Entweder das oder es wären vielleicht Menschen dort und es würde alles was Sophia hatte benötigen, um ihnen zu beweisen, wer sie war.

Aber sogar dann, dann was? Glaubte sie, Menschen würden einfach ein Mädchen akzeptieren, die das Zeichen der maskierten Göttin auf ihrer Haut tätowiert hatte, um zu zeigen, dass sie eine der Leibeigenen war? Glaubte sie, Menschen würden sie aufnehmen und ihr einen Platz geben, wo sie ihr Kind großziehen könnte oder ihr sonst wie auf irgendeine Art helfen? Das war nicht, was die Menschen mit solchen Menschen wie sie machten.

Könnte sie ein Kind in so eine Welt bringen? War es richtig so etwas Hilfloses wie ein Kind in eine Welt zu bringen die so viel Grausamkeit hatte? Es war nicht so, als wenn Sophia etwas darüber wusste, wie es war eine Mutter zu sein oder dass sie irgendwas Nützliches hatte, was sie ihrem Nachwuchs beibringen konnte. Alles, was sie als Kind gelernt hatte, war die Grausamkeit, die von Ungehorsamkeit kam oder die Gewalt, die für so etwas Verhextes wie eine Waise nur rechtens war.

“Wir müssen jetzt keine Entscheidungen treffen”, sagte Emeline. “Das kann bis morgen warten.”

Cora schüttelte ihren Kopf. “Je länger du wartest, umso schwerer wird es. Es ist besser wenn –“

“Stopp”, sagte Sophia und beendete den aufkommenden Streit. “Wir reden nicht mehr darüber. Ich weiß, ihr versucht beide zu helfen, aber das ist nichts, was ihr für mich entscheiden könnt. Es nicht mal etwas, was ich vielleicht entscheiden kann, aber ich muss es tun und ich muss es alleine tun.”

Das war die Art von Sache, die sie am liebsten mit Kate besprochen hätte, aber es gab immer noch keine Antwort, wenn sie ihre Gedanken in die Nacht hinausrief. Auf jeden Fall war die Wahrheit, dass Kate vielleicht besser war bei Problemen, die Feinde zu bekämpfen beinhaltete oder vor Verfolgern zu fliehen. Das war die Art von Sache, mit der sie noch nie etwas zu tun gehabt hatte und Kate erst recht nicht.

Sophia ging zur Längsseite des Wagens und nahm Coras Puder mit. Sie sagte ihnen nicht, was sie tun würde, denn im Moment war sie sich nicht sicher, ob sie es selbst wusste. Sienne stand auf, um ihr zu folgen, aber Sophia schob die Waldkatze mit einem Aufflackern der Gedanken weg.

Sie hatte sich noch nie so alleine gefühlt, wie jetzt in diesem Moment.

KAPITEL DREI

Das letzte Mal als Angelica in die Räume der Witwe gegangen war, war sie zitiert worden. Damals hatte sie sich Sorgen gemacht. Jetzt wo sie auf ihren eigenen Wunsch dorthin ging, hatte sie Angst und Angelica hasste das. Sie hasste das Gefühl der Machtlosigkeit, das sie verfolgte, auch wenn sie eine der reichsten Adligen im Königreich war. Sie konnte mit den Dienern machen, was sie wollte, mit sogenannten Freunden, mit der Hälfte der Reichen im Königreich, aber die Witwe konnte sie immer noch töten lassen.

Das Schlimmste war, dass Angelica selbst ihr die Macht dazu gegeben hatte. Sie hatte es in dem Moment getan, in dem sie versucht hatte, Sebastian unter Drogen zu setzen. Das war kein Königreich, wo der Monarch einfach mit dem Finger schnippen konnte und einen Tod anordnen konnte, aber bei ihr … es gab keine Jury mit hohen Adligen, die das was sie getan hatte, nicht als Verrat sehen würden, wenn die Witwe es so weit kommen lassen würde.

Sie zwang sich kurz anzuhalten, als sie die Türen zu den Räumen der Witwe erreicht hatte, und riss sich zusammen. Die Wachmänner sagten nichts, sie warteten nur darauf, dass Angelica ihr Anliegen vortrug, um hineinzugehen. Wenn sie mehr Zeit hätte, hätte Angelica eine Dienerin geschickt, um diese Audienz zu fordern. Wenn sie mehr Vertrauen in ihre Macht hier hätte, hätte sie die Männer zurechtgewiesen, weil sie ihr nicht die geeignete Achtung zeigten.

“Ich muss Ihre Majestät sehen”, sagte Angelica.

„Wir wurden nicht darüber informiert, dass unsere Königin jemanden sehen möchte“, sagte einer der Wachmänner.

Es gab keine Entschuldigung dafür, nichts von der Höflichkeit die Angelica gebührte. Im Stillen klärte Angelica, wie sie es dem Mann heimzahlen konnte. Vielleicht konnte sie einen Weg finden, ihn in den Krieg zu schicken?

„Ich wusste nicht, dass es nötig ist, sie zu sehen“, sagte Angelica. „Bitte fragen Sie sie, ob sie mich empfangen kann. Es geht um ihren Sohn.“

Der Wachmann nickte und ging hinein. Die Erwähnung von Sebastian war ausreichend genug, um ihn zu motivieren, sogar dann, wenn Angelicas Position das nicht konnte. Vielleicht wusste er einfach, was die Witwe bereits Angelica klargemacht hatte, dass, wenn es um ihre Söhne ging, es nichts gab, was sie nicht tun würde.

Das war es, was Angelica Hoffnung gab, dass dies funktionieren würde, aber es machte es auch gleichzeitig gefährlich. Die Witwe konnte Sebastian vom Gehen abhalten, aber sie konnte auch genauso gut Angelica dafür töten, dass sie ihn nicht verführen konnte, so wie es ihr befohlen worden war. Sorge dafür, dass er glücklich ist, hatte die alte Fledermaus ihr gesagt, lasse nicht zu, dass er über eine andere Frau nachdenkt. Es war offensichtlich gewesen, was sie gemeint hatte.

Der Wachmann kam schnell zurück und hielt Angelica die Tür auf. Er verbeugte sich nicht, wie er es hätte tun sollen oder kündigte sie nicht einmal mit ihrem vollen Titel an.

„Milady d’Angelica“, rief er stattdessen.

Aber welche Titel hatte Angelica die dem der Königin glichen? Welche Macht besaß sie, die nicht blass wurde neben der Frau, die im Wohnzimmer ihrer Wohnung stand und ihr Gesicht sorgfältig hinter einer Maske versteckt hatte.

Angelica knickste, weil sie sich nichts anderes traute. Die Witwe machte eine ungeduldige Geste, damit sie aufstand.

„Ein plötzlicher Besuch“, sagte sie, ohne zu lächeln „und Neuigkeiten über meinen Sohn. Ich glaube, wir können darauf verzichten.“

Und wenn Angelica nicht geknickst hätte, dann hätte Sebastians Mutter sie ohne Zweifel dafür bestraft.

„Sie haben mir gesagt, ich soll Ihnen alle Neuigkeiten über Sebastian bringen, Ihre Majestät“, sagte Angelica.

Die Witwe nickte und ging zu einem bequem aussehenden Stuhl. Sie bot Angelica keinen Stuhl an.

„Ich weiß, was ich gesagt habe. Ich weiß auch, was ich dir gesagt habe, was passieren wird, wenn du es nichts machst.“

Angelica konnte sich ebenfalls an die Drohung erinnern. Die Eisenmaske, die traditionelle Strafe für Verräter. Nur der Gedanke daran, ließ sie schaudern.

“Also?”, fragte die Witwe. “Hast du es geschafft meinen Sohn zum glücklichsten Ehemann in spe zu machen?”

„Er sagt, er geht“, erklärte Angelica. „Er war sauer, dass er manipuliert wurde und er hat gesagt, dass er die Hure suchen wird, die er vorher geliebt hat.“

„Und du hast nichts getan, um ihn aufzuhalten?“, forderte die Witwe.

Angelica konnte es kaum glauben. „Was hätte ich denn tun sollen? Ihn an der Tür festbinden? Ihn in seinen Zimmern einschließen?“

“Muss ich es dir buchstabieren?”, fragte die Witwe. „Sebastian ist vielleicht nicht Rupert, aber er ist immer noch ein Mann.“

„Glauben Sie nicht, ich habe das versucht?“, entgegnete Angelica. Der Teil tat mehr weh als der Rest davon. Noch nie hatte sie jemand abgewiesen. Wen immer sie auch wollte, egal ob es aus ehrlichem Wunsch oder einfach nur als Beweis, dass sie es konnte, war, es hatte immer funktioniert. Sebastian war der Einzige gewesen, der sie abgelehnt hatte. „Er ist verliebt.“

Die Witwe saß da und schien sich ein wenig zu beruhigen. „Du sagst mir also, du kannst nicht die Frau sein, die ich für meinen Sohn brauche? Dass du ihn nicht glücklich machen kannst? Dass du nutzlos für mich bist?“

Zu spät sah Angelica die Gefahr darin.

„Das habe ich nicht gesagt“, sagte sie. „Ich bin nur gekommen weil –“

„Weil du wolltest, dass ich dein Problem löse und weil du Angst davor hast, was passieren wird, wenn du es nicht tust“, sagte die Witwe. Sie stand auf und ihr Finger zielte auf Angelicas Brust. „Also, ich gebe dir einen Ratschlag. Wenn er dem Mädchen folgen wird, dann wird der wahrscheinlichste Ort, wo sie hingeht, wahrscheinlich Monthys im Norden sein. Das ist ausreichend für dich oder soll ich dir noch eine Karte malen?“

„Woher wissen Sie das?“, fragte Angelica.

„Weil ich weiß, worum es hier geht“, keifte die Witwe. „Lass uns eins klarstellen, Milady. Ich habe bereits etwas getan, um meinen Sohn zu kontrollieren. Ich habe dich geschickt, um ihn abzulenken. Jetzt, wenn nötig werde ich diese Option wieder verwerfen, aber dann gibt es keine Hochzeit und ich wäre … sehr enttäuscht von dir.“

Sie musste die Bedrohung nicht aussprechen. Bestenfalls würde man Angelica vom Hof verweisen. Schlimmstenfalls …

„Ich werde das in Ordnung bringen“, versprach sie. „Ich werde sicherstellen, dass Sebastian nur mich liebt und nur mich.“

„Tu das“, sagte die Witwe. „Was immer du dafür tun musst.“

***

Angelica hatte keine Zeit für die gewöhnlichen Details einer Luxusreise. Das war nicht der Moment in einer Kutsche herumzufahren, eingezwängt von einer Schaar Anhänger und umgeben von ausreichend Bediensteten, die sie verlangsamten. Stattdessen ließ sie ihre Bediensteten ihre Reitsachen heraussuchen und packte eigenhändig eine kleine Tasche mit Dingen, die sie brauchen würde. Sie band sogar ihr Haar zurück auf ganz einfache Art, anstatt ihrer sonst so aufwendigen Frisuren, wissend, dass es auf der Straße keine Zeit für solche Dinge gab. Außerdem gab es Dinge, bei denen sie besser nicht erkannt wurde, wenn sie sie tat.

Sie ritt mit einem Umhang aus Ashton, um sicherzugehen, dass niemand sah, wer sie war. Sie nahm auch eine Halbmaske mit, in der Stadt war das häufig genug ein Zeichen für religiöse Inbrunst, die niemand in Frage stellte. Sie ritt zuerst durch die Tore des Palastes, hielt bei den Wachmännern an und drehte eine Münze zwischen ihren Fingern.

“Prinz Sebastian”, sagte sie. “Wohin ist er gegangen?”

Sie wusste, sie konnte ihre Identität vor den Wachen nicht verstecken, aber wahrscheinlich würden sie auch keine Fragen stellen. Sie würden einfach annehmen, dass sie dem Mann, den sie liebte, und beabsichtigte zu heiraten, folgte. Auf eine Art war es ja auch die Wahrheit.

„Da lang Milady“, sagte einer der Männer und zeigte in die Richtung. „In die Richtung, wo die junge Frau hingegangen ist, als sie vor ein paar Tagen aus dem Palast weggerannt ist.“

Angelica hätte sich so viel auch denken können. Sie ritt dorthin, wo er hingezeigt hatte. Sie folgte Sebastian durch die Stadt wie ein Jagdhund und hoffte, dass sie ihn erwischte, ehe er zu weit weg war. Sie fühlte sich schon fast wie ein Geist in der Stadt. In ihrem zu Hause war sie mächtig. Sie kannte die Menschen dort und wusste, mit wem sie reden konnte. Je mehr sie weiterritt, umso mehr würde sie sich auf ihren eigenen Verstand verlassen müssen. Sie stellte dieselben Fragen, die Sebastian gefragt haben musste, als er weggelaufen war, und bekam einige Antworten.

Sie hörte von der Flucht von Sophia und dem Dienstmädchen durch die Stadt von einer Reihe von Menschen, so schmutzig, dass sie sie unter anderen Umständen vielleicht nicht einmal bemerkt hätte. Sie erinnerten sich daran, weil es das Aufregendste seit Wochen war, was in ihrem langweiligen Leben passiert war. Vielleicht würden sie und Sebastian ebenfalls ein weiteres Klatschthema für sie werden. Angelica hoffte es nicht. Von einer klatschenden Fischersfrau, die sich zu ihr beugte, als sie vorbeiging, hörte Angelica von der Jagd durch die Straßen der Stadt. Von einem Gassenkind, das so schmuddelig war, dass sie nicht sagen konnte, ob es ein Junge oder Mädchen war, hörte sie davon, wie sie in die Krüge getaucht waren, um sich zu verstecken.

„Und dann hat die Frau auf dem Wagen gesagt, dass sie mit ihr mitkommen sollen“, hatte ihr die Fischersfrau erzählt. „Sie sind alle zusammen weggefahren.“

Angelica warf eine kleine Münze. „Wenn Sie mich anlügen, dann werde ich sie von der Brücke werfen lassen.“

Jetzt wo sie von dem Wagen wusste, war es einfach ihnen zu folgen. Sie ritt zum nördlichsten Ausgang der Stadt und es schien klar zu werden, wohin sie fuhren: Monthys. Angelica ritt schneller und hoffte, dass die Informationen der Witwe richtig waren, auch wenn sie sich wunderte, was die alte Frau vor ihr geheim hielt. Sie hasste es, der Bauer im Spiel von jemand anderem zu sein. Eines Tages würde die alte Krähe dafür zahlen.

Heute jedoch musste sie schneller als Sebastian sein.

Angelica hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, wie sie seine Meinung ändern konnte. Er würde immer noch den Wunsch haben, diese … diese … Angelica konnte kein Wort finden, das grausam genug war, für die Leibeigene, die vorgegeben hatte, etwas zu sein, was sie nicht war, die den Prinzen verführt hatte, der für Angelica bestimmt war und die nichts weiter als ein Hindernis gewesen war, seit sie angekommen war.

Sie durfte nicht zulassen, dass Sebastian sie fand, aber er würde nicht einfach aufhören zu suchen, nur weil sie darum bat. Das bedeutete, dass sie handeln musste und zwar schnell, wenn sie das hier richtig machen wollte.

„Aus dem Weg!“, rief sie, ehe sie ihr Pferd vorwärts zwang, so schnell, dass jeder, der so dumm war sich in den Weg zu stellen, stürzen würde. Sie ritt aus der Stadt und riet die Route die der Wagen genommen haben musste. Sie ritt über Felder, sprang über Hecken, so nahe, dass sie die Berührungen der Zweige an ihren Stiefeln spüren konnte. Alles nur um schneller zu sein als Sebastian, ehe er zu weit weg war.

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