Gewähr Der Waffen - Морган Райс 6 стр.


Sie schloss die Augen und musste an sie denken, doch ihre Gesichter verschwammen.

Illepra schüttelte den Kopf.

„Du denkst falsch. Du bist ein Träumer, zu naiv. Du kannst nicht jeden retten! Wir haben diese Krieg nicht angefangen, wir können nur hinter all der Zerstörung herlaufen und unser Bestes tun.“

Sie liefen still weiter gen Osten. Selese war dankbar, dass Illepra bei ihr war. Sie hatten einander Gesellschaft geleistet und Trost gespendet, hatten ihre Erfahrungen und Heilmittel unterwegs ausgetauscht. Selese war erstaunt über Illepras breites Angebot an Kräutern – darunter etliche, die sie nie gesehen hatte; Illepra wiederum war erstaunt über all die einzigartigen Salben, die Selese in ihrem kleinen Dorf entwickelt hatte. Die Mädchen ergänzten einander gut.

Als sie weiterliefen und nach Überlebenden suchten, wanderten Seleses Gedanken wieder einmal zu Reece. Trotz allem, was um sie herum geschah konnte sie ihn nicht aus ihrem Kopf bekommen. Sie war den ganzen Weg bis nach Silesia gereist, um ihn zu finden und bei ihm sein zu können. Doch das Schicksal hatte sie viel zu schnell wieder auseinandergerissen und in unterschiedliche Richtungen geschickt. Sie fragte sich immer wieder, ob Reece sicher war. Sie fragte sich wo er war. Und jedem Leichnam, an dem sie vorüber kam blickte sie voller Angst ins Gesicht und betete, dass es nicht Reece war. Ihr Magen zog sich bei jedem toten Körper zusammen bis sie ihn umdrehte, und sah, dass es jemand anderes war. Und insgeheim stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus.

Doch sie war bei jedem Schritt bis zum Äußersten angespannt, immer in der Angst, dass sie ihn unter den Verwundeten – oder schlimmer noch – unter den Toten finden könnte. Sie wusste nicht, ob sie das verkraften könnte.

Sie war fest entschlossen, ihn zu finden, tot oder lebendig. Sie war so weit gereist, und sie würde nicht umkehren, bis sie herausgefunden hatte, was ihm zugestoßen war.

„Ich habe bisher kein Zeichen von Godfrey gesehen“, sagte Illepra und kickte ein paar Steine vor sich her.

Illepra hatte seit sie aufgebrochen waren immer wieder von Godfrey gesprochen, und es war offensichtlich, dass sie in ihn verliebt war.

„Ich auch nicht“, sagte Selese.

Es war ein permanenter Dialog zwischen den beiden Mädchen, die in die Brüder Reece und Godfrey verliebt waren – zwei Männer, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnte. Selese konnte wenn sie ehrlich war nicht verstehen, was Illepra an Godfrey fand. Für sie war er nicht viel mehr als ein Trunkenbold, ein alberner Kerl, den man nicht ernst nehmen konnte. Er war witzig, geistreich und amüsant. Aber er entsprach ganz sicher nicht den Vorstellungen, die Selese von einem Mann hatte. Selese wollte einen Mann, der aufrichtig, ernsthaft und gefühlstief war. Sie sehnte sich nach einem ritterlichen Mann von Ehre – und Reece vereinte all diese Eigenschaften in sich.

„Ich habe keine Ahnung, wie er all das hier überlebt haben soll.“, sagte Illepra traurig.

„Du liebst ihn, nicht wahr?“ fragte Selese.

Illepra wurde rot und wandte den Blick ab.

„Ich habe nie etwas davon gesagt, dass ich ihn liebe“, sagte sie defensiv. „Ich mache mir nur Sorgen um ihn. Er ist nicht mehr als ein Freund.“

Selese lächelte.

„Ist er das? Warum kannst du dann nicht aufhören, über ihn zu sprechen?“

„Tue ich das?“, fragte Illepra überrascht. „Das ist mir gar nicht aufgefallen.“

„Ja, die ganze Zeit über.“

Illepra zuckte mit den Schultern und wurde still.

„Ich denke, er ist mir irgendwie unter die Haut gefahren. Manchmal macht er mich so wütend. Ich muss ihn andauernd aus der Taverne wegschleifen. Und jedes Mal verspricht er mir, dass er nicht wieder dorthin zurückgehen wird. Doch er tut es immer wieder. Das macht mir wirklich wahnsinnig. Wenn ich könnte, würde ich ihn dann am liebsten verprügeln.“

„Bist du deshalb so versessen darauf, ihn zu finden?“, sagte Selese. „Um ihn zu verprügeln?“

Nun musste Illepra lächeln.

„Vielleicht nicht nur.“, sagte sie. „Vielleicht möchte ich ihn auch in die Arme nehmen.“

Sie kamen um eine Biegung hinter einen Hügel und fanden einen verletzten Krieger, einen Silesier. Er lag stöhnend unter einem Baum und sein Bein war gebrochen. Selese konnte es schon von hier aus sehen. Neben ihm, an den Baum gebunden, waren zwei Pferde.

Sie eilten zu ihm hinüber.

Als Selese sich daran machte, seine Wunde zu versorgen, einen tiefen Riss in seinem Oberschenkel konnte sie es nicht lassen auch ihn zu fragen, was sie jeden anderen Krieger dem sie vor ihm begegnet war gefragt hatte:

„Hast du irgendjemanden von der königlichen Familie gesehen?“, fragte sie. „Reece vielleicht?“

Doch alle hatten den Kopf geschüttelt und Selese hatte sich schon so sehr an die Enttäuschung gewöhnt, dass sie beinahe eine negative Antwort erwartete.

Doch zu ihrer Überraschung nickte der Mann zustimmend.

„Ich bin nicht mit ihm geritten, Mylady, aber ich habe ihn gesehen.“

Seleses Augen weiteten sich überrascht und voller Hoffnung.

„Lebt er? Ist er verletzt? Weißt du, wo er ist?“, fragte sie, und ihr Herz schlug schneller.

Er nickte.

„Ich weiß, wo er ist. Er ist auf einer besonderen Mission. Er soll das Schwert zurückbringen.“

„Welches Schwert?“

„Na das Schwert des Schicksals!“

Sie sah ihn verwundert an. Das Schwert des Schicksals, um das sich so viele Legenden rankten.

„Wo?“, bohrte sie verzweifelt nach. „Wo ist er?“

„Er ist zur Östlichen Querung gegangen.“

Die Östliche Querung, dachte Selese. Das war weit weg. So schrecklich weit weg! Das konnte sie niemals zu Fuß schaffen. Nicht in diesem Tempo. Und wenn Reece dort war, war er sicherlich in Gefahr. Sie war sich sicher, dass er sie brauchte.

Als sie mit der Versorgung seiner Wunde fertig war, sah sie zu den beiden Pferden hinüber, die am Baum angebunden waren. Mit seinem gebrochenen Bein konnte der Mann sie kaum reiten. Die Pferde waren nutzlos für ihn. Und wenn sich niemand um sie kümmerte, würden sie bald sterben müssen.

Der Krieger beobachtete sie.

„Nehmt sie, Mylady“, bot er an. „Ich werde sie kaum brauchen können.“

„Aber sie gehören dir“, sagte sie.

„Ich kann nicht reiten. Nicht so. Ihr könnt sie gut gebrauchen. Nehmt sie und findet Reece. Es ist eine lange Reise von hier bis zur Östlichen Querung. Viel zu anstrengend, um sie zu Fuß zu unternehmen. Ihr habt mir so sehr geholfen. Ich werde nicht sterben. Ich habe Wasser und Essen für mindestens drei Tage. Hier kommen immer wieder Patrouillen vorbei. Sie werden mich mitnehmen. Nehmt sie und beeilt Euch.“

Voller Dankbarkeit drückte sie seine Hand. Entschlossen wandte sie sich Illepra zu.

„Ich muss gehen und Reece finden. Es tut mir leid. Aber es gibt zwei Pferde hier. Du kannst das andere nehmen und hingehen wo immer du willst. Ich muss den Ring zur Östlichen Querung durchreiten. Es tut mir so leid, aber ich muss dich verlassen.“

Selese stieg auf und war überrascht als Illepra geschickt auf das zweite Pferd sprang.

Sie sah Selese lächelnd an.

„Hast du wirklich geglaubt, dass ich dich alleine gehen lassen würde – nach allem, was wir durchgemacht haben?“ fragte sie.

„Wahrscheinlich nicht“, gab Selese lächelnd zurück.

Sie gaben den Pferden einen tritt und ritten los, die Straße entlang immer weiter nach Osten. Dorthin, so betete Selese, wo sie Reece finden würde.

KAPITEL NEUN

Gwendolyn bückte sich und zog ihren Hals ein als sie im Schneegestöber gegen den Wind durch die endlose weiße Weite lief. Dicht bei ihr waren Alistair, Steffen, Aberthol und Krohn.

Es waren Stunden vergangen, seit sie den Canyon überquert hatten und ins Reich der Toten eingedrungen waren. Gwen war erschöpft. Ihre Muskeln zitterten und ihr Bauch schmerzte. Messerscharfer Schmerz durchfuhr sie, wenn sich das Baby immer wieder mal bewegte.

Es war eine weiße Welt. Der Schnee fiel unbarmherzig auf sie herab und am Horizont zeichnete sich keine Atempause ab; die Landschaft schien sich grenzenlos weiter zu erstrecken. Es war, als ob sie am Ende der Welt angekommen wären.

Es war sogar noch kälter geworden, und trotz ihrer Felle spürte Gwendolyn die Kälte bis in die Knochen. Ihre Hände waren vollkommen taub.

Sie sah zu den anderen hinüber und konnte sehen, dass auch sie froren. Sie kämpften gegen die Kälte an, und Gwendolyn fragte sich zum wiederholten Male, ob es nicht ein Fehler gewesen war, hierher zu kommen. Selbst wenn Argon hier war, wie sollten sie ihn jemals in dieser weißen Einöde finden? Es gab keinerlei Spuren, keine Wege, sie hatte keine Ahnung wohin sie unterwegs waren und Gwendolyn wurde immer verzweifelter. Sie wusste nur, dass sie vom Canyon fort liefen, immer weiter nach Norden. Selbst wenn sie Argon finden konnten, wie sollten sie ihn befreien? Konnte man ihn überhaupt befreien?

Gwendolyn spürte, dass sie an einem Ort waren, der nicht für Menschen bestimmt war – ein übernatürlicher Ort der Zauberer, Druiden und geheimnisvoller Magie, die sie nicht verstehen konnte. Sie hatte das Gefühl, dass sie hier alles andere als willkommen war.

Gwen spürte wieder einen stechenden Schmerz in ihrem Bauch und konnte fühlen, wie sich das Baby immer wieder drehte. Dieses Mal war es so intensiv, dass sie den Atem anhalten musste und einen Moment lang das Gleichgewicht verlor.

Steffen griff ihr stützend unter den Arm.

„Mylady, geht es Euch gut?“, fragte er.

Gwen schloss die Augen und holte tief Luft. In ihren Augen standen Tränen, doch sie nickte. Sie hielt kurz an und legte die Hand auf ihren Bauch. Das Baby war offensichtlich alles andere als glücklich, hier zu sein – genauso wenig wie sie.

Gwen atmete tief durch bis der Schmerz endlich nachließ. Sie fragte sich wieder einmal, ob sie hier nicht fehl am Platze war; doch sie dachte an Thor, und ihr Wille, ihn zu retten, war stärker als alles andere.

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