Queste der Helden - Морган Райс 8 стр.


Trotzig bis zum Ende wartete Godfrey gute zehn Sekunden, bevor er sich schließlich fügte und zu den anderen hinüberschlurfte.

Wie sie alle so dastanden, betrachtete MacGil eingehend diese fünf Kinder: den Bastard, den Abwegigen, den Trunkenbold, seine Tochter und seinen Jüngsten. Es war eine eigentümliche Mischung und er konnte kaum glauben, dass sie alle von ihm stammten. Und nun, am Hochzeitstag seiner ältesten Tochter, war es nun schlussendlich seine Aufgabe, aus diesem Haufen einen Erben zu wählen. Wie sollte das möglich sein?

Es war eine sinnlose Geste: immerhin stand er in seinen besten Jahren und konnte noch gut weitere dreißig Jahre regieren; welchen Erben auch immer er heute erwählte, er würde den Thron vielleicht noch jahrzehntelang nicht besteigen. Diese gesamte Tradition verärgert ihn. Sie mag vielleicht zu Zeiten seiner Vorväter von Bedeutung gewesen sein, aber sie hatte keinen Platz mehr in der heutigen Zeit.

Er räusperte sich.

„Wir sind hier heute versammelt, um einer Tradition Ehre zu erweisen. Wie ihr wisst, fällt mir an diesem Tag, dem Tag der Hochzeit meines ältesten Kindes, die Aufgabe zu, einen Nachfolger zu nennen. Einen Erben der Herrschaft über dieses Königreich. Sollte ich sterben, so gäbe es keinen geeigneteren Herrscher als eure Mutter. Doch die Gesetze unseres Reiches gebieten, dass nur der Nachkomme eines Königs die Thronfolge antreten kann. Und so muss ich wählen.“

MacGil hielt den Atem an und dachte nach. Eine bleierne Stille hing in der Luft, und er spürte das Gewicht der Erwartung. Er sah ihnen in die Augen und sah in jedem einen anderen Ausdruck. Der Bastard blickte resigniert im Wissen, dass die Wahl nicht auf ihn fallen würde. Die Augen des Abwegigen glühten vor Ehrgeiz, als ob für ihn klar wäre, dass die Wahl auf ihn fallen müsse. Der Trunkenbold blickte aus dem Fenster; ihm war es egal. Seine Tochter blickte liebevoll zurück, wissend, dass sie nicht Teil dieser Debatte war, und dennoch voller Liebe für ihren Vater. Mit seinem Jüngsten war es dasselbe.

„Kendrick, ich habe dich stets als einen wahren Sohn betrachtet. Doch die Gesetze unseres Reiches verhindern, dass ich die Herrschaft an jemanden von weniger als vollständiger Legitimität weitergebe.“

Kendrick verbeugte sich. „Vater, ich hatte nicht erwartet, dass du dies tun könntest. Ich bin mit meinem Los zufrieden. Bitte lass dich dadurch nicht beunruhigen.“

MacGil schmerzte seine Antwort, da er spürte, wie aufrichtig sie war, und er wollte ihn nur noch mehr zum Erben ernennen.

„Damit bleibt ihr vier. Reece, du bist ein feiner junger Mann, der feinste, den ich je gesehen habe. Doch du bist zu jung, um Teil dieser Debatte zu sein.“

„Damit habe ich gerechnet, Vater“, antwortete Reece mit einer leichten Verbeugung.

„Godfrey, du bist einer meiner drei legitimen Söhne—und doch ziehst du es vor, deine Tage in den Kneipen zu vergeuden, zusammen mit dem Abschaum. Dir wurde jede Gunst im Leben zuteil, und du hast jede davon verschmäht. Wenn ich in diesem Leben eine große Enttäuschung zu tragen habe, so bist es du.“

Godfrey verzog zur Antwort sein Gesicht und fühlte sich sichtlich unwohl.

„Nun, dann bin ich hier wohl fertig und kann zurück in die Kneipe, nicht wahr, Vater?“

Mit einer flüchtigen, respektlosen Verbeugung drehte Geoffrey sich um und stakste zur Tür.

„Wirst du wohl zurück kommen!“, schrie MacGil. „SOFORT!“

Godfrey stolzierte weiter, ihn völlig ignorierend. Er durchquert den Raum und zog die Türe auf. Dort standen zwei Wachen.

MacGil kochte vor Wut, während die Wachen ihn fragend ansahen.

Doch Godfrey zögerte nicht lange; er schob sich an ihnen vorbei in den offenen Flur.

„Nehmt ihn fest!“, schrie MacGil. „Und seht zu, dass er der Königin nicht unter die Augen kommt. Ich möchte seine Mutter am Hochzeitstag ihrer Tochter nicht mit seinem Anblick belasten.“

„Jawohl, Herr“, sagten sie und schlossen die Tür, bevor sie ihm nacheilten.

MacGil saß schwer atmend mit hochrotem Gesicht da und versuchte, sich zu beruhigen. Zum tausendsten Mal fragte er sich, was er angestellt hatte, um so ein Kind zu verdienen.

Er blickte zurück auf seine verbleibenden Kinder. Die vier standen da und warteten in der schweren Stille. MacGil holte tief Luft und versuchte, sich zu konzentrieren.

„Somit bleiben zwei von euch übrig“, fuhr er fort. „Und aus diesen zweien habe ich einen Nachfolger erwählt.“

MacGil wandte sich an seine Tochter.

„Gwendolyn, das wirst du sein.“

Ein überraschtes Schweigen erfüllte den Raum; seine Kinder sahen alle schockiert aus, am meisten jedoch Gwendolyn.

„Hast du richtig gesprochen, Vater?“, fragte Gareth. „Sagtest du Gwendolyn?“

„Vater, ich fühle mich geehrt“, sagte Gwendolyn. „Aber ich kann es nicht annehmen. Ich bin eine Frau.“

„Es ist wahr, noch nie zuvor hat eine Frau auf dem Thron der MacGils gesessen. Doch ich habe beschlossen, dass es an der Zeit ist, die Tradition zu ändern. Gwendolyn, du bist von feinstem Verstand und Gemüt, feiner als ich es je in einer jungen Frau gesehen habe. Du bist jung, aber mit Gottes Willen werde ich nicht so bald sterben, und wenn die Zeit kommt, wirst du weise genug sein, um zu regieren. Das Königreich soll dir gehören.“

„Aber Vater!“, rief Gareth aus, sein Gesicht aschfahl. „Ich bin der älteste legitim geborene Sohn! Immer, in der gesamten Geschichte der MacGils, ging die Herrschaft auf den ältesten Sohn über!“

„Ich bin der König“, erwiderte MacGil düster, „und ich bestimme die Tradition.“

„Aber das ist nicht gerecht!“, flehte Gareth mit klagender Stimme. „Ich bin es, der König sein sollte. Nicht meine Schwester. Nicht eine Frau!“

„Zäume deine Zunge, Junge!“, rief MacGil, zitternd vor Zorn. „Wagst du es, mein Urteil zu hinterfragen?“

„Werde ich also zugunsten einer Frau übergangen? So also denkst du von mir?“

„Ich habe meine Entscheidung getroffen“, sagte MacGil. „Du wirst sie respektieren und dich ihr gehorsam fügen, so wie jeder andere Untertan in meinem Königreich. Und nun könnt ihr alle gehen.“

Seine Kinder beugten rasch ihre Köpfe und eilten aus dem Zimmer.

Nur Gareth blieb an der Tür stehen, unfähig, sich zu überwinden, den Raum zu verlassen.

Er kehrte um und stellte sich alleine seinem Vater.

MacGil konnte die Enttäuschung in seinem Gesicht lesen. Sichtlich hatte er erwartet, heute zum Erben benannt zu werden. Mehr noch: er hatte es begehrt. Unbedingt. Was MacGil nicht im Geringsten überraschte—und was genau der Grund war, warum er es ihm nicht gewährt hatte.

„Warum hasst du mich, Vater?“, fragte er.

„Ich hasse dich nicht. Ich finde dich nur nicht geeignet, mein Königreich zu regieren.“

„Und warum das?“, bestand Gareth.

„Weil es genau das ist, was du begehrst.“

Gareths Gesicht lief feuerrot an. Offenbar hatte MacGil ihm einen Einblick in seine wahre Natur verschafft. MacGil beobachtete seine Augen, sah, wie sie von einem Hass für ihn erfüllt waren, den er nie für möglich gehalten hätte.

Ohne ein weiteres Wort stürmte Gareth aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu.

Das hallende Echo ließ MacGil erschaudern. Er dachte an den Blick seines Sohnes zurück und verspürte einen Hass von enormer Tiefe, tiefer noch als der seiner Feinde. In dem Moment erinnerte er sich an Argons Worte, seine Ankündigung, dass Gefahr nahe lag.

Konnte sie gar so nahe liegen?

KAPITEL SECHS

Thor rannte mit all seiner Kraft über das weite Feld der Arena. Hinter ihm konnte er die Schritte der königlichen Wachen hören, die ihm dicht auf den Fersen waren. Sie jagten ihm durch die heiße, staubige Umgebung hinterher, im Laufen fluchend. Vor ihm ausgebreitet standen die Angehörigen—und neuen Rekruten—der Legion, dutzende Jungen wie er selbst, nur älter und stärker. In unterschiedlichen Formationen trainierten sie und wurden geprüft, manche beim Speerwerfen, manche schleuderten Wurfspieße, einige übten ihren Griff an der Lanze. Sie zielten auf entfernte Zielscheiben und verfehlten diese nur selten. Dies waren seine Rivalen, und sie schienen ihm überlegen.

Unter ihnen befanden sich ein Dutzend wahre Ritter, Angehörige der Silbernen, die in einem weiten Halbkreis standen und dem Treiben zusahen. Urteilend. Entscheidend, wer bleiben durfte und wer nach Hause geschickt würde.

Thor wusste, dass er sich beweisen, diese Männer beeindruckten musste. In wenigen Augenblicken würden die Wachen ihn eingeholt haben, und wenn er irgendeine Chance haben wollte, einen Eindruck zu hinterlassen, war jetzt der Zeitpunkt dafür. Nur wie? Seine Gedanken rasten, während er mit dem festen Entschluss über den Platz schoss, nicht abgewiesen zu werden.

Während Thor über das Feld raste, erregte er die Aufmerksamkeit der anderen. Einige der Rekruten stellten ihre Übungen ein und blickten ihm nach; einige der Ritter ebenso. Innerhalb weniger Augenblicke merkte Thor, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. Sie sahen verwirrt drein, und ihm wurde klar, dass sie sich wohl fragten, wer er war, der da quer über ihr Feld rannte, von drei königlichen Wachen gejagt. So wollte er nicht unbedingt seinen ersten Eindruck hinterlassen. Sein ganzes Leben schon träumte er davon, sich der Legion anzuschließen; in seiner Vorstellung war es nicht so abgelaufen.

Während Thor rannte und hin und her überlegte, was er tun sollte, wurde sein nächster Schritt für ihn entschieden. Ein großgewachsener Junge, einer der Rekruten, hatte beschlossen, es auf sich zu nehmen, die anderen damit zu beeindrucken, dass er Thor aufhielt. Er war muskulös und fast doppelt so groß wie Thor, und er hatte sein Holzschwert erhoben, um Thor den Weg zu versperren. Thor konnte sehen, dass er dazu bereit war, ihn zu Boden zu schlagen, ihn vor allen Augen zu blamieren, und sich dadurch einen Vorteil vor den anderen Rekruten zu verschaffen.

Dies machte Thor wütend. Thor hatte nichts gegen diesen Jungen, und dieser Kampf war nicht seine Angelegenheit. Doch er machte ihn zu seiner Angelegenheit, nur, um sich vor den anderen zu behaupten.

Als sie einander näherkamen, konnte Thor die Größe dieses Jungen kaum glauben: er türmte sich über ihm auf und warf finstere Blicke auf ihn hinunter; dichte schwarze Locken bedeckten seine Stirn und er hatte das breiteste, kantigste Kinn, das Thor je gesehen hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, wie er diesem Jungen auch nur einen Kratzer zufügen könnte.

Der Junge rannte mit seinem Holzschwert auf ihn zu und Thor wusste, wenn er nicht schnell handelte, würde er k.o. geschlagen werden.

Thor handelte instinktiv. Er zog reflexartig seine Schleuder hervor, holte aus und schoss einen Stein auf die Hand des Jungen. Er fand sein Ziel und riss ihm das Schwert aus der Hand, gerade, als der Junge zum Hieb ansetzte. Es flog davon und der Junge hielt sich schreiend die Hand.

Thor vergeudete keine Zeit. Er nutzte den Augenblick und griff an, sprang in die Luft und trat den Jungen mit beiden Füßen genau auf die Brust. Doch der Junge war so standfest, dass es sich anfühlte, als hätte er gegen den Stamm einer Eiche getreten. Der Junge stolperte nur wenige Handbreit nach hinten, während Thor abrupt zu stehen kam und zu Füßen des Jungen hinfiel. Das heißt nichts Gutes, dachte sich Thor, als er mit einem dumpfen Knall am Boden aufschlug. Seine Ohren klingelten.

Thor versuchte, auf die Beine zu kommen, aber der Junge war ihm einen Schritt voraus. Er packte Thor am Rücken und warf ihn mit dem Gesicht voraus in den Staub.

Um sie herum hatte sich ein Kreis an Jungen gebildet, die nun aufjubelten. Thor lief vor Scham rot an.

Thor drehte sich um und wollte aufstehen, doch der Junge war zu schnell. Schon war er über ihm und drückte ihn zu Boden. Bevor Thor wusste, wie ihm geschah, war daraus ein Ringkampf geworden, und das Gewicht des Jungen war enorm.

Thor konnte gedämpft die Rufe der anderen Rekruten hörte, die im Kreis um sie standen und schreiend nach Blut lechzten. Das Gesicht des Jungen hing finster über ihm; der Junge streckte seine Daumen aus und drückte sie Thor auf die Augen. Thor konnte es nicht glauben: es schien, als wollte dieser Junge ihn ernsthaft verletzen. War es ihm wirklich derart ernst damit, sich hervorzuheben?

In letzter Sekunde rollte Thor seinen Kopf aus dem Weg und die Hände des Jungen fuhren an ihm vorbei in die Erde. Thor ergriff die Gelegenheit, unter ihm hervorzurollen.

Thor kam auf die Beine und drehte sich zu dem Jungen um, der ebenfalls aufstand. Der Junge griff an und schlug nach Thors Gesicht, und Thor duckte sich in letzter Sekunde; er fühlte den Luftzug auf seinem Gesicht und ihm wurde klar, dass ihm dieser Schlag das Kiefer gebrochen hätte, hätte er ihn getroffen. Thor holte aus und schlug dem Jungen die Faust in den Magen—doch das bewirkte kaum etwas: es war, als würde er einen Baum schlagen.

Bevor Thor reagieren konnte, schlug der Junge ihm mit dem Ellbogen ins Gesicht.

Thor stolperte rückwärts, vom Schlag erschüttert. Es fühlte sich an, als hätte ihn ein Hammer getroffen, und seine Ohren klingelten.

Während Thor noch taumelte und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, griff der Junge an und trat ihm kräftig in die Brust. Thor flog nach hinten und krachte mit dem Rücken am Boden auf. Die anderen Jungen jubelten.

Thor war schwindlig und er richtete sich langsam auf, doch gerade als er dazu ansetzte, griff der Junge ein weiteres Mal an, schwang seine Faust und schlug ihn erneut kräftig ins Gesicht, und er landete wieder flach auf dem Rücken, diesmal endgültig weggetreten.

Thor lag da, hörte den gedämpften Jubel der anderen, spürte den salzigen Geschmack von Blut, das ihm die Nase hinunterlief, und die Beule auf seinem Gesicht. Er stöhnte vor Schmerzen. Er blickte hoch und sah, wie der große Junge sich wegdrehte und zu seinen Freunden hinüberging, sich seines Sieges bereits sicher.

Thor wollte aufgeben. Dieser Junge war riesig, ihn zu bekämpfen war aussichtslos, und er würde keinen weiteren Treffer aushalten. Aber etwas in ihm trieb ihn voran. Er konnte nicht verlieren. Nicht vor all diesen Leuten.

Gib nicht auf. Steh auf. Steh auf!

Irgendwie schaffte es Thor, die Kraft aufzubringen: stöhnend rollte er sich auf den Bauch und stemmte sich auf seine Hände und Knie, und dann, langsam, auf seine Beine. Er drehte sich dem Jungen zu, blutend, mit geschwollenen Augen, schlecht sehend, schwer atmend, und hob die Fäuste.

Der riesige Junge drehte sich um und starrte auf Thor hinunter. Er schüttelte ungläubig den Kopf.

„Du hättest unten bleiben sollen, Junge“, drohte er, als er langsam wieder auf Thor zuging.

„GENUG“, schrie eine Stimme. „Elden, lass ihn!“

Ein Ritter trat plötzlich hervor, stellte sich zwischen sie, hob die Hand und hielt Elden davon ab, Thor näherzukommen. Die Menge wurde ruhig und alle sahen den Ritter an: offensichtlich war dies ein Mann, der Respekt verlangte.

Thor blickte voller Ehrfurcht zu der Gestalt des Ritters hoch: er war hochgewachsen, mit breiten Schultern, einem kantigen Kiefer, braunem, gepflegtem Haar, in seinen 20ern. Thor mochte ihn sofort. Seine erstklassige Rüstung, ein Kettenpanzer aus poliertem Silber, war mit königlichen Abzeichen übersät: dem Falken-Emblem der MacGil-Familie. Thors Kehle wurde trocken: er stand vor einem Angehörigen der königlichen Familie. Er konnte es kaum glauben.

„Erkläre dich, Junge“, sagte er zu Thor. „Warum stürmst du uneingeladen in unsere Arena?“

Noch bevor Thor antworten konnte, brachen plötzlich die drei Mitglieder der königlichen Wache durch den Kreis. Der Wach-Hauptmann stand keuchend da und zeigte mit dem Finger auf Thor.

„Er hat sich unserem Befehl widersetzt!“, schrie der Wachmann. „Ich werde ihn in Ketten legen und in den Kerker des Königs bringen!“

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