Die Schmiede Des Muts - Морган Райс 5 стр.


Alec war so neugierig gewesen wo sie hingingen und hatte Sovos mit Fragen bombardiert, doch dieser war hartnäckig still geblieben und hatte Tag und Nacht am Steuer mit dem Rücken zu Alec gestanden. Er hatte niemals, soweit Alec das sagen konnte, geschlafen oder gegessen. Er stand nur da und betrachtete das Meer in seinen großen Lederstiefeln und seinem schwarzen Ledermantel. Er hatte seine scharlachroten Seiden über die Schulter drapiert und trug einen Umhang mit seltsamen Abzeichen. Der kurze braune Bar und seine glitzernden grünen Augen mit denen er unablässig auf die Wellen starrte als ob eins mit ihnen wäre, machten sein Erscheinen nur noch mysteriöser.

Alec sah auf das ungewohnte Meer der Tränen mit seiner hellblauen Farbe hinaus und wollte endlich erfahren, wohin er gebracht wurde. Er konnte die Stille nicht mehr ertragen und drehte sich verzweifelt zu Sovos um.

„Warum ich?” fragte Alec, brach die Stille und versuchte es wieder. Diesmal war er allerdings entschlossen eine Antwort zu bekommen. „Warum suchtest du genau mich aus dieser großen Stadt aus? Warum bin ich derjenige gewesen, der überlebte? Du hättest hundert andere Menschen, die wichtiger sind als ich retten können.“

Alec wartete, aber Sovos blieb still. Er hatte den Rücken zu ihm gedreht und studierte das Meer.

Alec versuchte es mit einem anderen Weg.

„Wohin gehen wir?“ fragte er wieder. „Und warum kann dieses Schiff so schnell segeln? Woraus ist es gemacht?“

Alec beobachtete den Rücken des Mannes. Minuten vergingen.

Schließlich schüttelte der Mann den Kopf, er stand immer noch mit dem Rücken zu ihm.

„Du gehst dahin, wo du hingehörst, dahin wo du sein sollst. Ich habe dich ausgesucht, weil wir dich brauchen und keinen anderen.“

Alec war verwundert.

„Mich für was zu brauchen?“ presste Alec hervor.

„Pandesia zu zerstören.“

„Warum ich?” fragte Alec. „Wie kann ich schon helfen?”

„Alles wird klar, wenn wir erst einmal ankommen“, antwortete Sovos.

„Wo ankommen?“ presste Alec frustriert hervor. „Meine Freunde sind in Escalon. Menschen, die ich liebe. Ein Mädchen.“

„Das tut mir leid“, seufzte Sovos, „aber dort ist niemand mehr. Alles, was du einmal geliebt und gekannt hast, ist verschwunden.“

Es kam eine lange Stille auf und nur das Pfeifen des Windes war zu hören. Alec betete, dass er Unrecht hatte – aber im Inneren spürte er, dass Sovos Recht hatte. Wie konnte sich das Leben nur so schnell ändern? fragte er sich.

„Dennoch bist du am Leben“, fuhr Sovos fort, „und das ist ein wertvolles Geschenk. Verschwende es nicht. Du kannst vielen anderen helfen, wenn du den Test bestehst.“

Alec zog die Brauen zusammen.

„Was für einen Test?“

Sovos drehte sich endlich um und sah ihn mit stechenden Augen an.

„Wenn du der Richtige bist“, sagt er, „wird unsere Bestimmung auf deinen Schultern liegen; wenn nicht, werden wir keine Verwendung für dich haben.“

Alec versuchte zu verstehen.

„Wir segeln nun seit Tagen und sind nirgendswohin gekommen“, beobachtete Alex. „Nur weiter aufs Meer hinaus. Ich kann nicht mal mehr Escalon sehen.“

Der Mann lächelte.

„Und was glaubst du wohin wir gehen?” fragte er.

Alec zuckte mit den Schultern.

„Es scheint, dass wir nach Nordosten segeln. Vielleicht in Richtung Marda.“

Alec beobachtete den Horizont verärgert.

Schließlich antwortete Sovos.

„Wie falsch du liegst, du junger Mensch“, antwortete er.  „Wie falsch.“

Sovos drehte sich zum Steuer um, als eine starke Windböe aufkam und das Boot Richtung Schaumkronen treiben ließ. Alec sah darüber hinaus und war verblüfft, als er zum ersten Mal eine Form am Horizont ausmachen konnte.

In der Weite tauchte langsam eine Landmasse auf. Sie fing an Form anzunehmen. Das Land schien zu funkeln, als ob es aus Diamanten gemacht war. Alec hob eine Hand zu seinen Augen und spähte hinaus und fragte sich, was dies wohl sein könnte. Welche Insel lag hier inmitten im Nirgendwo? Er durchstöberte sein Gehirn, aber konnte sich an kein Land auf der Landkarte erinnern. War dies ein Land von dem er noch nie gehört hatte?

„Was ist das?“ fragte Alec eilig und spähte nach draußen.

Sovos drehte sich und zum ersten Mal seit Alec ihn getroffen hatte lächelte er breit.

„Willkommen“, sagte er „auf den verlorenen Inseln, mein Freund.“

KAPITEL SIEBEN

Aidan war an einen Pfosten gebunden und nicht in der Lage sich zu bewegen. Er beobachtete seinen Vater, der einige Zentimeter vor ihm kniete und neben dem pandesische Soldaten standen. Sie erhoben ihre Schwerter hoch über seinen Kopf.

„NEIN!“ schrie Aidan.

Er versuchte sich loszureißen und nach vorne zu stürzen, um seinem Vater zu helfen, aber egal wie sehr er es auch versuchte, er konnte sich nicht bewegen, die Seile schnitten in seine Hand- und Fußgelenke. Er war gezwungen zuzusehen, wie sein Vater dort kniete und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er sah sich hilfesuchend um.

„Aidan!“ schrie sein Vater und streckte seine Hand nach ihm aus.

„Vater!“ schrie Aidan zurück.

Die Klinge fiel nach unten und einen Moment später wurde Aidans Gesicht mit Blut bedeckt, als sie seinem Vater den Kopf abhackten.

„NEIN!“ schrie Aidan und fühlte, wie sein eigenes Leben vor ihm zusammenbrach und wie er in ein schwarzes Loch fiel.

Aidan erwachte schreckartig, keuchend und in kaltem Schweiß gebadet. Er setzte sich in der Dunkelheit senkrecht hin, er hatte Mühe sich zu erinnern wo er sich befand.

„Vater!“ schrie Aidan immer noch im Halbschlaf und drehte sich suchend nach ihm um. Er hatte immer noch das dringende Bedürfnis ihn zu retten. Er sah in jede Richtung und fühlte etwas in seinem Gesicht, seinen Haaren und auf seinem ganzen Körper und er realisierte, dass er kaum atmen konnte. Er streckte seine Arme aus und zog etwas Leichtes und Langes von seinen Haaren. Er realisierte, dass er in einem Heuhaufen, wenn nicht fast schon darin begraben lag. Er schüttelte das Heu schnell ab, bevor er sich hinsetzte.

Es war dunkel hier, nur das schwache Leuchten einer Fackel schien durch die Lamellen. Er realisierte dann, dass er auf der Rückfläche eines Wagens lag. Neben ihm ertönte ein Rascheln und als er hinübersah, war er erleichtert, als Fynn neben ihm auftauchte. Der riesige Hund sprang neben ihm auf den Wagen und leckte über sein Gesicht und Aidan umarmte ihn.

Aidan atmete schwer und war mit seinem Traum immer noch völlig überfordert. Es hatte sich zu echt angefühlt. War sein Vater wirklich umgebracht worden? Er versuchte sich daran zu erinnern, wann er ihn zu letzten Mal gesehen hatte. Es war im königlichen Hof gewesen. Er war in einen Hinterhalt gelaufen und umzingelt worden. Er erinnert sich wie er helfen wollte und wie er von Motley in die Dichte der Nacht gebracht worden war. Er erinnerte sich, wie Motley ihn auf diesen Wagen packte und sie durch die Hinterstraßen von Andros ritten, um so schnell wie möglich davon zu kommen.

Das erklärte also den Karren. Aber wo waren sie hingefahren? Wo hatte Motley ihn hingebracht? Eine Tür wurde geöffnet und der wage Schein einer Fackel erhellte den dunklen Raum. Aidan war schließlich in der Lage zu sehen wo er war: In einem kleinen Steinraum mit einer niedrigen, gebogenen Decke, was wie eine kleine Hütte oder Kneipe aussah. Er blickte nach oben und sah wie Motley im Eingang stand und vom Fackelschein umgeben war.

„Schrei weiter so herum und die Pandesier werden uns finden“, warnte Motley.

Motley drehte sich herum und ging zu dem gut erleuchteten Raum zurück. Aidan sprang schnell vom Wagen und folgte mit Fynn an seiner Seite. Als Aidan den hellen Raum betrat, schloss Motley schnell die dicke Eichentür und verriegelte sie mehrmals.

Aidan sah sich um und als sich seine Augen ans Licht gewöhnten, erkannte er familiäre Gesichter: Motleys Freunde.

Die Schauspieler. All die Unterhaltungskünstler von der Straße. Sie waren alle hier und versteckten sich in dem mit Brettern vernagelten, fensterlosen Pub. All diese einst so festlichen Gesichter waren nun grimmig und düster.

„Die Pandesier sind überall“, sagte Motley zu Aidan. „Sprich leise.“

Aidan stellte peinlich berührt fest, dass er geschrien hatte.

„Es tut mir leid“, sagte er. „Ich hatte einen Albtraum.“

„Wir alle haben Albträume“, antwortete Motley.

„Wir leben in einem“, fügte ein anderer Schauspieler mit bedrücktem Gesicht hinzu.

„Wo sind wir?“ fragte Aidan und sah sich verwirrt um.

„In einer Kneipe“, antworte Motley, „am entferntesten Ende von Andros. Wir sind noch in der Hauptstadt und verstecken uns. Die Pandesier patrouillieren draußen. Sie sind bereits mehrere Male vorbeigelaufen, aber sie sind nicht reingekommen – und das werden sie auch nicht solange du ruhig bleibst. Wir sind hier sicher.“

„Für den Moment“, sagte einer seiner Freunde skeptisch.

Aidan hatte das drängende Gefühl seinem Vater zu helfen und versuchte sich zu erinnern.

„Mein Vater“, sagte er. „Ist er…tot?“

Motley schüttelte mit dem Kopf.

„Ich weiß es nicht. Er wurde mitgenommen. Das war das Letzte, was ich von ihm gesehen habe.”

Aidan fühlte ein Gefühl von Ärger hochkommen.

„Du hast mich weggeschleppt!“ sagte er wütend, „Das hättest du nicht tun sollen. Ich hätte ihm geholfen!“

Motley kratzte sich am Kinn.

„Und wie hättest du das hinbekommen?“

Aidan zuckte mit den Schultern und zermarterte sich sein Hirn.

„Ich weiß es nicht“, antwortete er. „Irgendwie.“

Motley nickte.

„Du hättest es versucht”, stimmte er ihm zu. „Und du wärst dann jetzt auch tot.“

„Ist er dann also tot?“ fragte Aidan und fühlte wie sich sein Herz zusammenzog.

Motley zuckte mit den Achseln.

„Nicht, als wir aufbrachen“, sagte Motley. „Ich weiß es nicht. Wir haben keine Freunde mehr, keine Spione mehr in der Stadt – sie wurde von den Pandesiern übernommen. Alle Männer deines Vaters sind im Gefängnis. Wir sind, befürchte ich, von Pandesias Gnade abhängig.“

Aidan ballte die Fäuste zusammen, als er daran dachte wie sein Vater in einer Gefängniszelle vor sich hinvegetierte.

„Ich muss ihn retten“, sagte Aidan und war mit einem Gefühl von Bestimmtheit erfüllt. „Ich kann ihn da nicht sitzen lassen. Ich muss sofort hier weg.“

Aidan sprang auf die Beine, beeilte sich zur Tür zur kommen und begann die Riegel zur Seite zu schieben, bis Motley sich über ihm aufrichtete und seinen Fuß vor die Tür stellte, bevor Aidan sie öffnen konnte.

„Geh jetzt“, sagte Motley, „und du wirst uns alle umbringen.“

Aidan schaute Motley an und sah zum ersten Mal einen ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht und er wusste, dass er Recht hatte. Er hatte nun ein neues Gefühl von Dankbarkeit und Respekt für ihn; denn nach allem hatte er ihm wirklich das Leben gerettet. Aidan würde immer dankbar dafür sein. Dennoch hatte er im gleichen Moment das brennende Verlangen seinen Vater zu retten und wusste, dass jede Sekunde zählte.

„Du sagtest es würde einen anderen Weg geben“, sagte Aidan und erinnerte sich. „Einen anderen Weg, um ihn zu retten.“

Motley nickte.

„Das habe ich“, gab Motley zu.

„Waren das dann also nur leere Worte?“ fragte Aidan.

Motley seufzte.

„Was schlägst du vor?“ fragte er verärgert. „Dein Vater sitzt im Herzen der Hauptstadt, im königlichen Kerker von einer gesamten pandesischen Armee bewacht. Sollen wir einfach rüber gehen und an die Tür klopfen?“

Aidan stand dort und versuchte sich etwas auszudenken. Er wusste, dass es eine beängstigende Aufgabe war.

„Es muss Männer geben, die uns helfen können?“ fragte Aidan.

„Wer?“ fragte einer der Schauspieler. „All die Männer, die deinem Vater loyal waren sind zusammen mit ihm eingesperrt.“

„Nicht alle“, antwortete Aidan. „Ich bin sicher, dass einige seiner Männer nicht dort waren. Was ist mit den Kriegsherren, die loyal außerhalb der Stadt zu ihm sind?”

„Vielleicht.“ zuckte Motley. „Aber wo sind die jetzt?”

Aidan war wütend und verzweifelt und fühlte sich, als ob er selbst im Gefängnis saß.

„Wir können nicht einfach hier sitzen und nichts machen“, entfuhr es Aidan. „Wenn ihr mir nicht helft, werde ich alleine gehen. Es ist mir egal ob ich sterbe. Ich kann nicht einfach hier sitzen, während mein Vater im Gefängnis ist. Und meine Brüder…“ sagte Aidan, erinnerte sich und begann dann zu weinen. Er wurde von seinen Emotionen überwältigt, als er sich den Mord an seinen zwei Brüdern in Erinnerung rief.

„Ich habe nun niemanden mehr“, sagte er.

Dann schüttelte er mit dem Kopf. Er erinnerte sich an seine Schwester, an Kyra und betete mit allem was er hatte, dass sie sicher war. Denn nach allem, war sie das Einzige, das ihm noch blieb.

Als Aidan beschämt weinte, kam Fynn zu ihm und ruhte seinen Kopf gegen sein Bein. Er hörte schwere Fußstapfen auf dem knartschenden, hölzernen Dielenboden und dann fühlte er eine große, fleischige Hand auf seiner Schulter.

Er schaute nach oben und sah wie Motley mitleidig auf ihn hinabschaute.

„Falsch“, sagte Motley. „Du hast uns. Wir sind nun deine Familie.”

Motley drehte sich um, zeigte auf den Raum und Aidan sah all die Schauspieler und Unternehmenskünstler ernst zurückschauen, Dutzende von ihnen hatten Verständnis in ihren Augen und nickten ihm zustimmend zu. Er realisierte, auch wenn sie keine Krieger waren, waren sie doch gutherzige Menschen. Er erlangte neuen Respekt für sie.

„Danke“, sagte Aidan. „Aber ihr seid alles Schauspieler. Was ich brauche sind Krieger. Ihr könnt mir nicht helfen meinen Vater wieder zurückzubekommen.“

Motley hatte auf einmal einen Blick in seinen Augen, so als ob ihm eine Idee dämmerte und er grinste breit.

„Wie falsch du doch liegst, junger Aidan“, antwortete er.

Aidan sah, wie Motleys Augen glühten und er wusste, dass er an etwas dachte.

„Krieger haben eine bestimmte Fähigkeit“, sagte Motley, „doch Entertainer haben ihre eigenen. Krieger können mit Stärke gewinnen – aber Unterhaltungskünstler können mit anderen Mitteln gewinnen, mit mächtigeren Mitteln.“

„Ich verstehe nicht“, sagte Aidan verwirrt. „Du kannst ja meinen Vater nicht aus der Zelle rausspielen.“

Motley lachte laut auf.

„Ehrlich gesagt“, antwortete er, „ich glaube ich kann das.”

Aidan sah ihn verblüfft an.

„Was meinst du?“ fragte er.

Motley kratzte sich am Kinn und seine Augen bewegten sich, er war offensichtlich dabei einen Plan auszubrüten.

„Krieger haben jetzt kein Recht mehr frei in der Hauptstadt umherzulaufen – oder sich dem Stadtzentrum auch nur anzunähern. Jedoch haben Unterhaltungskünstler keine Einschränkungen.“

„Warum sollte Pandesia Unterhaltungskünstler ins Stadtzentrum lassen?“ fragte Aidan.

Motley lächelte und schüttelte den Kopf.

„Du weißt immer noch nicht, wie die Welt funktioniert, Junge“, antwortete Motley. „Krieger sind immer nur an begrenzten Orten und zu begrenzten Zeiten erlaubt. Aber Entertainer – sind immer und überall erlaubt. Jeder braucht Unterhaltung zu jeder Zeit und die Pandesier genauso wie die Escalonier. Denn ein gelangweilter Soldat ist ein gefährlicher Soldat und auf jeder Seite des Königreichs muss die Ordnung bewahrt werden. Unterhaltung war schon immer der Schlüssel Truppen glücklich zu halten und so die Armee zu kontrollieren.“

Motley lächelte,

„Du siehst nun, junger Aidan“, sagte er, „es sind nicht die Kommandanten, die die Schlüssel zur Armee halten, sondern wir. Bloß alte Unterhaltungskünstler. Menschen der Klasse, die du so verachtest. Wir erheben uns über den Kampf und schneiden durch die feindlichen Linien. Es interessiert niemanden, was für eine Rüstung ich trage – es interessiert sie nur, wie gut meine Geschichten sind. Und ich habe gute Geschichten, Junge, bessere als du jemals hören wirst.“

Назад Дальше