Die Schmiede Des Muts - Морган Райс 6 стр.


Motley drehte sich in den Raum und dröhnte:

„Wir alle werden ein Stück spielen! Alle von uns!“

Alle Schauspieler im Raum fingen auf einmal an zu schreien, ihre Gesichter erhellten sich, sie erhoben sich auf ihre Füße und Hoffnung kehrte in ihre Augen zurück.

„Wir werden das Stück im Herzen der Stadt spielen! Es soll die beste Unterhaltung werden, die diese Pandesier bisher erlebt haben! Und noch wichtiger, die größte Ablenkung. Wenn die Zeit gekommen ist, wenn die Stadt in unserer Hand und von unserer herausragenden Vorstellung in Bann gezogen ist, werden wir handeln. Und wir werden einen Weg finden deinen Vater zu befreien.“

Die Männer jubelten Aidan zu und zum ersten Mal beschlich ihn das warme, neue Gefühl des Optimismus.

„Denkst du wirklich, dass das klappen wird?“ fragte Aidan.

Motley lächelte.

„Es sind bereits“, sagte er, „verrücktere Dinge passiert, mein Junge.“

KAPITEL ACHT

Duncan versuchte den Schmerz auszublenden, als er immer wieder einnickte und aus dem Schlaf erwachte. Er lag gegen die Steinwand gelehnt, seine Fesseln schnitten in seine Hand- und Fußgelenke und hielten ihn wach. Mehr als alles andere sehnte er sich nach Wasser. Seine Kehle was so ausgetrocknet, dass er nicht schlucken konnte und so rau, dass jeder Atemzug wehtat.

Er konnte sich nicht erinnern wie viele Tage vergangen waren seit er einen Schluck Wasser genommen hatte und er fühlte sich so schwach vor Hunger, dass er sich kaum bewegen konnte. Er wusste, dass er hier vor sich hinvegetierte und wenn der Hinrichter nicht bald wegen ihm kommen würde, ihn der Hunger umbringen würde.

Duncan erlangte und verlor wieder das Bewusstsein, so wie schon seit Tagen. Der Schmerz überwältigte ihn und wurde ein Teil von ihm. Er hatte kurze Rückblicke in seine Jugend, dachte an seine Zeit, die er auf den offenen Feldern verbracht hatte, auf Trainingsplätzen, und auf Schlachtfeldern. Er hatte Erinnerungen an die ersten Kämpfe, an Tage, die vorbeistrichen, als Escalon noch frei war und in voller Blüte stand. Diese wurden jedoch immer wieder mit den Bildern der Gesichter seiner beiden toten Jungen unterbrochen, die vor ihm auftauchten und vor ihm rumspukten. Er wurde von der Qual entzwei gerissen und schüttelte erfolglos den Kopf, um dies alles zu vertreiben.

Duncan dachte an seinen letzten verbliebenen Sohn, Aidan, und hoffte, dass dieser sicher in Volis war und die Pandesier es noch nicht erreicht hatten. Dann drehten sich seine Gedanken um Kyra. Er erinnerte sich daran, als sie noch ein junges Mädchen war, an den Stolz, den er verspürt hatte sie großzuziehen. Er dachte an ihre Reise durch Escalon und fragte sich ob sie Ur erreicht und ihren Onkel getroffen hatte und ob sie jetzt gerade sicher war. Sie war ein Teil von ihm, der einzige wichtige Teil, der jetzt zählte und ihre Sicherheit bedeutete ihm mehr als lebendig zu sein. Würde er sie jemals wiedersehen? fragte er sich. Er sehnte sich danach sie jetzt zu sehen, im gleichen Moment wollte er aber auch, dass sie so weit weg wie möglich von hier und sicher vor Allem war.

Die Zellentür wurde aufgeschlagen und Duncan sah verwundert nach oben, als er in die Dunkelheit spähte. Stiefel marschierten in der Dunkelheit und er hörte auf die Gangart. Duncan konnte nun sagen, dass es nicht Enis Stiefel waren. In der Dunkelheit hatte sich sein Gehörsinn verbessert.

Als sich der Soldat näherte, vermutete Duncan, dass er gekommen war, um ihn zu foltern oder zu töten. Duncan war bereit. Sie konnten mit ihm machen, was sie wollten – er war bereits von innen gestorben.

Duncan öffnete seine Augen, so schwer sie auch waren und sah mit so viel Würde wie er aufbringen konnte nach oben. Dort sah er geschockt in das Gesicht des Mannes, den er am meisten verachtete: Bant von Baris. Der Verräter. Der Mann, der seine zwei Söhne getötet hatte.

Duncan sah ihn finster an, als Bant mit einem zufriedenen Lächeln nach vorne trat und sich vor ihn kniete. Er fragte sich, was diese Kreatur hier tat.

„Jetzt bis du wohl nicht mehr so mächtig, Duncan, he?“ fragte Bant nur einige Zentimeter von ihm entfernt. Er stand dort, die Hände auf den Hüften, klein, untersetzt mit schmalen Lippen, Knopfaugen und einem von Pocken vernarbten Gesicht.

Duncan versuchte nach vorne zu greifen, er wollte ihn auseinanderreißen – aber seine Ketten hielten ihn zurück.

„Du wirst für meine Söhne bezahlen“, sagte Duncan würgend, sein Hals war so trocken, dass er die Worte nicht mit der Gehässigkeit hervorbrachte, wie er es sich gewünscht hatte.

Bant lachte. Es war ein kurzes und grobes Geräusch.

„Werde ich?“ spottete er. „Du wirst deinen letzten Atemzug hier unten nehmen und sterben. Ich habe deine Söhne getötet und ich kann auch dich töten, wenn ich das möchte. Ich habe nun die Unterstützung von Pandesia, nachdem ich meine Loyalität gezeigt habe. Aber ich werde dich nicht töten. Das wäre zu nett. Ich lasse dich lieber dahinsiechen.”

Duncan fühlte wie kalte Wut in ihm hochkochte.

„Und warum bist du dann gekommen?“

Bant wurde dunkel.

„Ich kann aus jedem Grund kommen, den ich möchte“, schrie er, „oder auch aus gar keinem Grund. Ich kann einfach kommen, um dich anzugucken. Dich anzustarren. Die Früchte meines Sieges zu sehen.“

Er seufzte.

„Und doch kommt es vor; ich habe einen Grund dich zu besuchen. Da ist etwas, was ich mir von dir wünsche. Und es gibt eine Sache, die ich dir geben werde.“

Duncan guckte ihn skeptisch an.

„Deine Freiheit“, fügte Bant hinzu.

Duncan beobachtete ihn fragend.

„Und warum solltest du das tun?“ fragte er.

Bant seufzte.

„Siehst du Duncan“, sagte er, „du und ich wir sind nicht so verschieden. Wir sind beide Krieger. Ehrlich gesagt bist du sogar ein Mann, den ich immer respektiert habe. Deine Söhne hatten es verdient zu sterben – sie waren rücksichtslose Wichtigtuer. Aber du“, sagte er, „dich habe ich immer respektiert. Du solltest nicht hier unten sein.“

Er machte eine Pause und beobachtete ihn.

„So, hier ist nun das, was ich tun werde“, fuhr er weiter fort. „Du wirst öffentlich dein Verbrechen gegen unsere Nation zugeben und alle Bürger Andros ermahnen den pandesischen Regeln zu folgen. Wenn du das tust, dann werde ich dafür sorgen, dass Pandesia dich frei lässt.“

Duncan saß dort, so wütend, dass er nicht wusste, was er sagen sollte.

„Bist du nun eine Puppe der Pandesier?“ fragte Duncan endlich kochend. „Versuchst du sie zu beeindrucken? Ihnen zu zeigen, dass du mich liefern kannst?“

Bant lächelte höhnisch.

„Tu es, Duncan“, antwortete er. „Du bist hier unten für niemand von Nutzen und am wenigsten dir selbst. Sag dem großen Ra das, was er hören will, gib zu was du getan hast und schaff Frieden für die Stadt. Unser Hauptstadt braucht jetzt Frieden und du bist der Einzige, der ihn schaffen kann.“

Duncan nahm weitere tiefe Atemzüge bis er endlich genügend Kraft gesammelt hatte, um zu sprechen.

„Niemals“, antwortete er.

Bant sah finster drein.

„Nicht für meine Freiheit“, fuhr Duncan weiter fort, „nicht für mein Leben und für keinen Preis.“ Duncan starrte ihn an und lächelte zufrieden, als er sah wie Bant rot wurde und fügte dann abschließend hinzu: „Aber sei dir einer Sache sicher: Falls ich jemals hier raus kommen werde, wird mein Schwert einen Platz in deinem Herzen finden.“

Nach einer langen, benommenen Stille, stand Bant auf, sah Duncan böse an und schüttelte mit dem Kopf.

„Leb noch ein paar Tage für mich weiter“, sagte er, „so dass ich hier sein und bei deiner Hinrichtung zusehen kann

KAPITEL NEUN

Diedre rudert mit ihrer ganzen Kraft. Neben ihr saß Marco, die beiden glitten schnell durch den Kanal und waren auf dem Weg zurück Richtung Meer, wo sie zuletzt ihren Vater gesehen hatten. Diedres Herz war zerrissen vor Sorge, als sie sich daran erinnerte wie sie ihren Vater zuletzt gesehen hatte. Sie rief sich sein mutiges Angreifen gegen die pandesische Armee auch entgegen dieser unüberwindbaren Überzahl ins Gedächtnis. Sie schloss die Augen und schüttelte das Bild ab, ruderte noch schneller und betete, dass er noch nicht tot war. Das Einzige, was sie wollte war rechtzeitig zu ihm zurückzukommen und ihn zu retten – oder falls das nicht ginge, zumindest die Möglichkeit haben an seiner Seite zu sterben.

Neben ihr, ruderte Marco ebenso schnell und sie sah voller Dankbarkeit und mit vielen Fragen zu ihm hinüber.

„Warum?“ fragte sie.

Er drehte sich um und sah sie an.

„Warum hast du mich begleitet?“ presste sie hervor.

Er sah sie still an und sah dann wieder weg.

„Du hättest mit den anderen weggehen können“, fügte sie hinzu. „Aber du hast es dir anders überlegt. Du hast dir ausgesucht mit mir zu kommen.“

Er sah geradeaus nach vorne, immer noch angestrengt rudernd. Er ruderte schon fast wütend.

„Weil dich mein Freund sehr bewundert hat“, sagte Marco. „Und das ist genug Grund für mich.“

Diedre ruderte schneller, sie fuhren durch den sich windenden Kanal und ihre Gedanken schweiften zu Alec. Sie war so enttäuscht von ihm. Er hatte sie alle im Stich gelassen, hatte Ur vor der Invasion mit diesem seltsamen Fremden verlassen. Warum? fragte sie sich nur. Er war dem Kampf und der Schmiede so ergeben gewesen und sie war sicher gewesen, dass er der Letzte war, der in einer solchen Zeit fliehen würde. Dennoch hatte er es getan, dann als sie ihn am meisten gebraucht hatten.

Es brachte Diedre dazu ihre Gefühle für Alec zu überprüfen, den sie nach allem kaum kannte – und es machte ihre Gefühle für seinen Freund Marco stärker, der sich für sie aufgeopfert hatte. Sie fühlte bereits eine starke Verbindung zu ihm. Als die Kanonenkugeln wieder über ihre Köpfe pfiffen und die Gebäude neben ihnen explodierten und zusammenfielen, fragte sich Diedre ob Marco wirklich wusste, worauf er sich da eingelassen hatte. Wusste er, als er sich ihr und der Rückkehr ins Herz des Chaos anschloss, dass es kein Zurück geben würde?

„Wir rudern Richtung Tod, das weißt du“, sagte sie. „Mein Vater und seine Männer befinden sich an diesem Strand, hinter der Wand aus Schutt und ich versuche ihn zu finden und an seiner Seite zu kämpfen.“

Marco nickte.

„Denkst du, dass ich in diese Stadt zurückgekehrt bin um zu leben?“ fragte er. „Wenn ich hätte fliehen wollen, habe ich meine Chance gehabt.“

Zufrieden und von seiner Stärke berührt, ruderte Diedre weiter. Die beiden glitten schweigsam weiter, wichen runterfallendem Schutt aus und näherten sich der Küste.

Endlich bogen sie an einer Ecke ab und entfernt konnte sie den Schuttwall ausmachen. Dort hatte sie ihren Vater zuletzt gesehen – und kurz dahinter sah sie die ganzen schwarzen Schiffe. Sie wusste, dass sich auf der anderen Seite des Trümmerhaufens der Strand befand an dem ihr Vater gegen die Pandesier kämpfte und sie ruderte so schnell sie konnte, Schweiß lief ihr vom Gesicht und sie war besorgt, ob sie ihn rechtzeitig erreichen würden. Sie hörte die Kampfgeräusche, Geräusche von Männern, die ächzten und sie betete, dass es noch nicht zu spät war.

Das Boot hatte noch nicht ganz den Rand des Kanals erreicht, als sie schon hinaussprang. Marco war hinter hier und sie rannten auf die Wand zu. Sie kletterte über massive Felsbrocken, schrammte ihre Ellbogen und Knie auf, aber sie scherte sich nicht darum. Außer Atem kletterte und kletterte sie, sie rutschte über Steine und dachte nur an ihren Vater. Daran, dass sie die andere Seite erreichen musste und sie konnte kaum verstehen, dass die Schutthügel einst die großen Türme von Ur gewesen waren.

Sie sah über ihre Schulter, als sie Schreie hörte. Sie betrachtete die Stadt mit einem umschweifenden Blick von hier oben und war schockiert, als sie die Hälfte der Stadt in Ruinen liegen sah. Gebäude waren zusammengebrochen, Berge aus Schutt lagen auf den Straßen, die Luft war von riesigen Staubwolken erfüllt. Sie sah die Menschen Urs in jede Richtung um ihre Leben rennen.

Sie drehte sich herum und kletterte weiter, ging in die andere Richtung aus der die Menschen kamen, denn sie wollte den Kampf willkommen heißen – und nicht davor wegrennen. Sie erreichte endlich den Gipfel des Steinhaufens und als sie hinaus spähte blieb ihr Herz stehen. Sie stand da, wie erstarrt und war nicht in der Lage sich zu bewegen. Das hatte sie überhaupt nicht erwartet.

Diedre hatte erwartet, dass unten ein großer Kampf tobte und sie ihren Vater mutig mit all seinen Männern um ihn herum kämpfen sehen würde. Sie hatte erwartet da hinunter zu rennen und ihn zu begleiten, ihn zu retten und an seiner Seite zu kämpfen.

Aber im Gegenteil, nachdem sie das alles gesehen hatte, wollte sie sich nur noch zusammenrollen und sterben.

Da lag ihr Vater, mit dem Gesicht nach unten, im Sand, bedeckt von einer Blutlache. Er hatte ein Beil im Rücken.

Tot.

Um ihn herum lagen dutzende von Soldaten, auch sie waren alle tot. Tausende von pandesischen Soldaten liefen aus den Schiffen, wie Ameisen verteilten sie sich und bedeckten den kompletten Strand. Sie stachen auf jeden Körper ein, um sicherzustellen, dass er auch wirklich tot war. Einige gingen auf den Körper ihres Vaters zu, andere näherten sich dem Schutthaufen und kamen genau in ihre Richtung.

Diedre sah nach unten und hörte ein Geräusch. Einige Pandesier hatten den Schuttwall bereits erreicht und waren dabei die Felsen hochzuklettern. Sie waren noch zehn Meter entfernt und kamen direkt in ihre Richtung.

Diedre war von Verzweiflung, Angst und Wut erfüllt. Sie trat nach vorne und schleuderte ihren Speer auf den ersten Pandesier, den sie hochklettern sah. Er sah nach oben und war offensichtlich nicht darauf vorbereitet gewesen jemanden oben auf der Mauer zu sehen, jemanden der verrückt genug war sich einer einfallenden Armee zu stellen. Diedres Speer durchbohrte seine Brust. Er fiel die Felsen hinab und nahm einige Soldaten auf dem Weg mit sich.

Die anderen Soldaten versammelten sich und ein Dutzend von ihnen erhoben ihre Speere und warfen sie in ihre Richtung. Es passierte zu schnell und Diedre stand dort wehrlos, sie wollte durchbohrt werden, sie war bereit zu sterben. Sie war zu spät gekommen – ihr Vater lag tot dort unten und sie wollte nun, übermannt von Schuld, mit ihm sterben.

„Diedre!“ schrie eine Stimme.

Diedre hörte Marco neben sich und einen Moment später spürte sie, wie er sie packte und sie nach unten auf die andere Seite des Schuttberges zog. Speere zischten an ihrem Kopf vorbei, genau dort, wo sie gestanden hatte und verpassten sie nur um Millimeter. Sie taumelte nach hinten, und stolperte mit Marco den Schuttberg hinab.

Sie fühlte einen schrecklichen Schmerz, als die beiden kopfüber nach unten purzelten, die Steine zertrümmerten ihre Rippen und zerkratzten ihren gesamten Körper, dann schlugen sie endlich auf dem Boden auf.

Diedre lag dort für einen Moment und hatte Mühe zu atmen. Der Wind war ihr aus den Segeln genommen worden und sie fragte sich, ob sie tot sei. Sie realisierte schwach, dass  ihr Marco gerade das Leben gerettet hatte.

Marco erholte sich schnell, ergriff sie und zog sie nach oben auf die Füße. Sie rannten gemeinsam stolpernd vorwärts.  Ihr Körper schmerzte. Sie liefen von der Schuttwand weg und zurück in die Straßen von Ur.

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