Das Gewicht der Ehre - Морган Райс 8 стр.


Sie schienen auch nicht feindlich zu sein, realisierte er mit einem Seufzer der Erleichterung. Er stellte fest, dass die Wagen mit aller Art von Leuten gefüllt waren, mit Männern und Frauen aller Altersgruppen. Einer schien voll mit Musikern zu sein, die verschiedene musikalische Instrumente hielten; ein Anderer war voll von Männern, die aussahen wie Jongleure oder Komödianten, ihre Gesichter waren mit grellen Farben bemalt und sie trugen gefärbte Strumpfhosen und Kittel; ein anderer Wagen schien voll von Schauspielern zu sein, Männer hielten Schriftrollen in den Händen offensichtlich ihre Skripte übend und in dramatische Kostüme gekleidet; während wiederum ein Anderer mit Frauen gefüllt war, die spärlich bekleidet und deren Gesichtern mit zu viel Make-up bedeckt waren.

Aidan errötete und schaute weg, denn er wusste er, war zu jung, um solche Dinge anzustarren.

„Du, Junge!“ rief eine Stimme aus. Es war ein Mann mit einem sehr langen hellroten Bart, der ihm bis zu seiner Taille ging, ein eigenartig ausschauender Mann mit einem freundlichen Lächeln.

„Ist das deine Straße?“ fragte er im Scherz.

Gelächter drang von allen Karren hinunter und Aidan errötete.

„Wer sind Sie?“, frage Aidan verblüfft.

„Ich glaube die bessere Frage ist“, gab er zurück, „wer bist du?“ Sie schauten angstvoll auf Fynn hinunter, der anfing zu knurren. „Und was um Himmels willen machst du mit einem Waldhund? Weißt du nicht, dass die dich töten?“ fragten sie mit Angst in ihren Stimmen.

„Dieser nicht”, antwortete Aidan. „Seid ihr alle Unterhaltungskünstler?“, fragte er, immer noch neugierig, was sie hier draußen alle taten.

„Ein netter Ausdruck!”, schrie jemand vom Karren hinunter, es folgte raues Gelächter.

„Wir sind Schauspieler und Spieler und Jongleure und Glücksspieler und Musiker und Clowns!“ rief ein Weiterer,

„Und Lügner, Schurken und Dirnen!“ rief eine Frau aus und alle lachten wieder.

Jemand zupfte eine Harfe, als das Gelächter anstieg und Aidan war verblüfft. Eine Erinnerung kam in ihm hoch als er einmal solche Leute getroffen hatte, als er noch jünger war und in Andros lebte. Er erinnerte sich daran, dass all die Unterhaltungskünstler in die Hauptstadt strömten, um den König zu unterhalten; er erinnert sich an die gefärbten Gesichter; ihre Jongliermesser; an einen Mann, der Fell aß; an eine Frau die Lieder sang; und einen Dichter, der Gedichte aus dem Gedächtnis zitierte, was Stunden zu dauern schien. Er erinnerte sich noch, dass er verwirrt war, warum sich jemand einen solchen Lebensweg aussuchen sollte und nicht den eines Kriegers.

Seine Augen leuchteten auf, als er plötzlich verstand.

„Andros!“, rief er aus. „Ihr fahrt nach Andros!“

Ein Mann sprang von einem der Karren hinunter und kam in seine Richtung. Es war ein großer Mann, vielleicht in seinen Vierzigern  mit einem großen Bauch und einem ungekämmten, braunen Bart, mit zotteligem Haar und einem warmen und freundlichen Lächeln. Er kam zu Aidan rüber und legte ihm väterlich den Arm um die Schulter.

„Du bist noch zu jung, um hier draußen zu sein”, sagte der Mann. „Ich würde sagen, dass du verloren bist – aber deiner Wunden und denen deines Hundes nach zu urteilen, nehme ich an, dass es etwas mehr als das ist. Es scheint als ob du dich selbst in Schwierigkeiten gebracht hast und dass du zu tief hineingeraten bist – und ich nehme an”, schloss er, Fynn vorsichtig beobachtend, „dass es etwas damit zu tun hatte, dass du dieser Bestie geholfen hast.“

Aidan blieb still, nicht wissend wie viel er sagen konnte, während Fynn rüberkam und zu Aidans Überraschung die Hand des Mannes ableckte.

„Motley, so nenne ich mich”, fügte der Mann hinzu und streckte seine Hand aus.

Aidan schaute vorsichtig zurück, er schüttelte die Hand nicht, aber er nickte zurück.

„Aidan ist mein Name”, sagte er.

„Ihr zwei könnt hier bleiben und verhungern”, sprach Motley weiter, „aber das ist keine sehr lustige Form zu sterben. Ich persönlich würde zuerst eine gute Mahlzeit haben wollen und dann auf eine andere Weise sterben.“

Die Gruppe brach in Gelächter aus, während Motley weiterhin seine Hand ausstreckte und Aidan voller Freundlichkeit und Mitleid ansah.

„Ich nehme an, ihr zwei, verwundet wie ihr seid, könntet eine Hand gebrauchen”, fügte er hinzu.

Aidan stand dort stolz und wollte keine Schwäche zeigen, so wie es ihn sein Vater gelehrt hatte.

„Uns ging es gut hier“, sagte Aidan.

Motley leitet die Gruppe in ein weiteres Gelächter ein.

„Natürlich ging es euch das”, antwortete er.

Aidan schaute misstrauisch auf die Hand des Mannes.

„Ich gehe nach Andros”, sagte Aidan.

Motley lächelte.

„Das tun wir auch”, antwortete er, „Und wie es das Glück wollte, ist die Stadt groß genug um noch mehr Menschen als nur uns aufzunehmen.“

Aidan zögerte.

„Du würdest uns einen Gefallen tun”, fügte Motley hinzu. „Wir können das extra Gewicht gebrauchen.“

„und das Extramaul zum Füttern!” rief ein Narr von einem anderen Wagen zum Vergnügen der Anderen aus.

Aidan schaute vorsichtig zurück, zu stolz um das Angebot anzunehmen, aber er fand eine Möglichkeit sein Gesicht zu wahren.

„Nun…“, sagte Aidan. „Wenn ich euch damit einen Gefallen tue…“

Aidan nahm Motleys Hand und wurde in den Wagen gezogen. Er war stärker als Aidan erwartet hatte, wenn man seine Kleider berücksichtigte, denn er war wie ein Hofnarr gekleidet; seine Hand war fleischig warm und zweimal so groß wie Aidans.

Motley griff hinüber, nahm Fynn und legte ihn sanft auf die Rückseite des Wagens, neben Aidan. Fynn rollte sich neben Aidan im Heu zusammen, seinen Kopf auf den Beinen, vor Erschöpfung und Schmerz die Augen halb geschlossen. Aidan verstand dieses Gefühl nur zu gut.

Motley sprang in den Karren, der Fahrer knallte mit der Peitsche und die Karawane zog weiter, alle jubelten und es wurde wieder Musik gespielt. Es war ein lustiges Lied, die Männer und Frauen zupften die Harfen, spielten auf Flöten und Zimbeln und einige Leute fingen, zu Aidans Überraschung, an in dem wackelnden Karren zu tanzen.

Aidan hatte nie zuvor eine solch glückliche Gruppe von Menschen in seinem Leben gesehen. Sein ganzes Leben hatte er im Trübsinn und in der Ruhe eines Forts voll von Kriegern verbracht und er war sich nicht sicher, was er von all dem halten sollte. Wie konnte jemand so glücklich sein? Sein Vater hatte ihm immer beigebracht, dass das Leben eine ernste Sache war. War dies alles nicht unbedeutend?

Während sie weiter über die holperige Straße fuhren, winselte Fynn vor Schmerz und Aidan strich über seinen Kopf. Motley kam herüber und zu Aidans Überraschung, kniete er an der Seite des Hundes nieder und legte eine Kompresse mit grüner Salbe an dessen Wunden an. Langsam beruhigte sich Fynn und Aidan war dankbar für seine Hilfe.

„Wer sind Sie?“ fragte Aidan.

„Nun, ich habe schon viele Namen gehabt”, antwortete Motley. „Das Beste war “Schauspieler“. Dann gab es “Gauner“, “Dummkopf“, “Spaßvogel“… die Liste geht noch weiter.  Nenn mich wie du willst.“

„Dann sind Sie kein Krieger“,  stellte Aidan enttäuscht fest.

Motley lehnte sich brüllend vor Lachen zurück, Tränen strömten seine Wangen hinab. Aidan konnte nicht verstehen, was so lustig war.

„Krieger”, wiederholt Motley, seinen Kopf immer noch vor Verwunderung schüttelnd. „Nun so wurde ich noch nie genannt. Noch hätte ich mir gewünscht so genannt zu werden.“

Aidan furchte seine Augenbrauen, denn er begriff nichts.

„Ich stamme aus einer Linie von Kriegern“, sagte Aidan stolz und streckte seine Brust, trotz des Schmerzes, hinaus.

„Mein Vater ist ein großer Krieger.“

„Das tut mir sehr leid für dich”, sagte Motley immer noch lachend.

Aidan war verwirrt.

„Leidtun? Warum?“

„Das ist ein Ausdruck”, antwortete Motley.

„Ein Ausdruck?“, echote Aidan. „Es gibt nichts Größeres im Leben als ein Krieger zu sein. Davon habe ich immer geträumt.“

„Gibt es nicht?“, fragte Motley, immer noch amüsiert. „Dann tut es mir doppelt leid für dich. Ich denke zu schmausen, zu lachen und mit schönen Frauen zu schlafen ist das Beste was es gibt – viel besser als auf dem Land herumzustehen und darauf zu hoffen ein Schwert in den Bauch eines anderen Mannes stecken zu können.“

Aidan errötete frustriert; er hatte nie einen Mann in dieser Art und Weise vom Kampf sprechen hören und er nahm es ihm Übel. Er hatte noch nie einen so seltsamen Mann getroffen.

„Und wo ist die Ehre in Ihrem Leben?“ fragte Aidan verdutzt.

„Ehre?“ fragte Motley, scheinbar ehrlich überrascht. „Das ist ein Wort, welches ich in vielen Jahren nicht mehr gehört habe – und es ist ein zu großes Wort für so einen jungen Mann.“ Motley seufzte. „Ich glaube nicht, dass Ehre existiert – zumindest, habe ich sie nie gesehen. Ich dachte einmal ich wäre ehrenhaft gewesen – aber es hat mich nirgendswo hingebracht. Nebenbei habe ich zu viele ehrenhafte Männer hinterhältigen Frauen zur Beute fallen sehen.“, kam er zum Schluss und die anderen im Karren lachten.

Aidan schaute um sich herum, sah, wie all diese Leute singend und tanzend und trinkend den Tag verbrachten und er hatte gemischte Gefühle mit diesem Volk zu reiten. Sie waren freundliche Männer, die sich aber nicht darum bemühten, das Leben eines Kriegers zu führen und die nicht der Tapferkeit dienten. Er wusste, er sollte dankbar für den Ritt sein und das war er auch, aber er wusste nicht, wie er über die Zeit mit ihnen denken sollte. Sie waren zweifellos nicht die Art von Männern, mit denen sein Vater sich abgeben würde.

„Ich werde mit Ihnen reiten”, schloss Aidan schließlich. „Wir sollen Reisebegleiter sein. Aber ich sehe mich nicht als ihren Waffenbruder an.“

Die Augen Motleys öffneten sich weit, entsetzt,  und für gut zehn Sekunden war er still, als ob er nicht wusste, wie er darauf antworten sollte.

Dann schließlich barst er in ein Gelächter aus, welches viel zu lange dauerte und alle um sie herum fielen mit ein. Aidan verstand diesen Mann nicht und er glaubte, dass würde er auch nie.

„Ich glaube, ich werde deine Gesellschaft genießen, Junge”, sagte Motley endlich, eine Träne wegwischend.

„Ja, ich glaube ich werde sie sehr genießen.“

KAPITEL NEUN

Duncan marschierte mit seinen Männern an der Seite durch die Hauptstadt Andros. Hinter ihm hörte man die Fußstapfen seiner tausend Soldaten, die siegreich, triumphierend und in ihren klingenden Rüstungen durch die befreite Stadt paradierten. Überall wo sie hinliefen, wurden sie von den Triumphschreien des Volkes begleitet, Männer und Frauen, Alt und Jung, alle in die kostbaren Gewänder der Hauptstadt gekleidet, liefen schnell mit ihnen über die kopfsteingedeckten Straßen und warfen Blumen und Köstlichkeiten in seine Richtung. Jeder schwenkte Stolz die Flagge Escalons. Duncan fühlte sich siegreich als er die Farben seines Heimatlandes wieder schwingen und all diese Leute, die einen Tag vorher noch so geknechtet waren, jetzt so jubelnd und frei, sehen konnte. Es war ein Bild, was er nie vergessen würde, ein Bild, das zeigte, dass es sich alles gelohnt hatte.

Als die frühe Morgensonne über der Hauptstadt aufging, fühlte sich Duncan als ob er in einen Traum marschieren würde. Hier war der Ort, bei dem er sich sicher gewesen war, dass er nie wieder einen Fuß hineinsetzen würde, zumindest nicht lebend und sicherlich nicht unter diesen Bedingungen. Andros, die Hauptstadt. Das Kronjuwel Escalons, Sitz der Könige für tausende von Jahren, war nun unter seiner Kontrolle. Die pandesische Festung war gefallen. Seine Männer kontrollierten die Stadttore, die Landstraßen und die Straßen und Gassen. Es war mehr als er jemals zu hoffen gewagt hatte.

Noch Tage vorher, staunte er, war er in Volis gewesen und gesamt Escalon hatte unter dem eisernen Daumen von Pandesia gelitten. Nun war der ganze Nordwesten Escalons befreit und seine eigene Hauptstadt, Escalons Herz und Seele, war nun frei von der Herrschaft Pandesias.

Natürlich, dessen war Duncan sich bewusst, hatten sie diesen Sieg nur durch Schnelligkeit und Überraschung gewonnen. Es war ein brillanter Sieg, aber möglicherweise war es auch nur ein vorübergehender; sobald die Neuigkeiten das pandesische Königreich erreichten, würden sie kommen – und nicht nur mit einigen wenigen Besatzungen, sondern mit der gesamten Macht der Welt. Die Welt würde erfüllt werden von dem Stampfen der Elefanten und der Himmel würde voll von Pfeilen und das Meer voll von Schiffen sein. Aber das war kein Grund seinen Rücken von dem abzuwenden was gerecht war und von dem, was von einem Krieger verlangt wurde. Jetzt zumindest hielten sie ihr Eigen, für jetzt zumindest waren sie frei.

Duncan hörte ein Krachen und als er sich herumdrehte sah er, wie eine immense Marmor Statue vom ruhmvollen Ra, dem Kaiser Pandesias, umstürzte, an Seilen von Bürgern hinabgezogen. Sie zerbarst in tausend Stücke und als sie am Boden aufschlug, jubelten die Männer und traten auf die Bruchstücke der Statue. Mehr Einwohner stürzten nach vorne und zogen an den riesigen blauen und gelben Bannern von Pandesia und zogen sie von Wänden, Gebäuden und Kirchtürmen hinunter.

Duncan konnte nicht anders, er musste lächeln, und nahm diese Schmeichelei, diesen Sinn von Stolz an, der nun, da sie ihre Freiheit wiedererlangt hatten in diesen Menschen wuchs, ein Gefühl welches er zu gut verstand. Er sah zu Kavos und Bramthos, Anvin, Arthfael und Seavig und all ihren Männern und auch sie strahlten vor Freude und jubelten an diesem Tag, der in die Geschichtsbücher eingehen würde. Es war eine Erinnerung, die sie ihr ganzes Leben mit sich tragen würden.

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