Nimmt - Блейк Пирс 3 стр.


»Klar erinnere ich mich«, antwortete Jake. »Warum fragst du?«

Es trat eine kurze Stille ein.

Dann sagte Harry: »Also… ich denke, es ist erneut passiert.«

»Was meinst du damit?«, fragte Jake.

»Ich denke, der Mörder hat wieder zugeschlagen. Eine weitere Frau wurde ermordet.«

Jake fühlte, wie ein durch Überraschung verursachter Ruck durch seinen Körper ging.

Er fragte: »Du meinst dort, im Dyson Park?«

»Nein, dieses Mal in Arizona. Lass mich erklären. Dir ist bekannt, dass Jillian und ich im Winter nach Süden ziehen? Also, wir befinden uns gerade in Arizona auf einem Campingplatz unweit von Phoenix. Heute Morgen lief in den örtlichen Nachrichten ein Beitrag, in dem gesagt wurde, dass die Leiche einer jungen Frau, nördlich von hier, unweit eines Wanderpfades, gefunden wurde. Ich rief bei der örtlichen Polizeiwache an und sie erklärten sich bereit ein paar Details mit mir zu teilen.«

Harry räusperte sich: »Jake, die Handgelenke der Frau waren völlig zerschnitten. Sie muss irgendwo ausgeblutet sein, aber nicht wo ihre Leiche aufgefunden wurde. Genau wie beim Opfer im Dyson Park. Ich wette, dass es sich um denselben Mörder handelt.«

Jake war jedoch etwas skeptisch.

»Ich weiß nicht Harry«, sagte er. »Der Mordfall in Colorado ist schon ziemlich lange her. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass jegliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Mordfällen reiner Zufall ist.«

Harrys Stimme nahm einen ernsteren Ton an.

»Ja, aber was, wenn es kein Zufall ist? Was, wenn es sich in beiden Fällen um ein und denselben Täter handelt? Was, wenn sich die Sache zu einer Mordserie entwickelt?«

Jake unterdrückte sich den Seufzer. Er konnte die Reaktion seines Freundes gut verstehen. Harry hatte ihm mitgeteilt, wie bitterlich enttäuscht er gewesen war, weil er nicht in der Lage war, seinen Kollegen aus Gladwin und der Staatspolizei von Colorado beim Fang des lokalen Mörders zu helfen. Es konnte kaum wundern, dass ein neuer Mordfall mit ähnlichen Details Harry in Aufruhr versetzte.

Aber Leute, die alleine durch die Wildnis wandern, kommen manchmal um. Und manche Leute beharren darauf sich alleine auf den Weg zu machen, trotz aller Warnungen.

Jake wollte Harry nicht geradeheraus sagen, dass er sich seiner Meinung nach irrte.

Aber was kann ich ihm sagen?

Jake wusste es nicht.

Harry fuhr fort: »Jake, ich habe mir überlegt… ob du vielleicht diesen Fall unter die Zuständigkeit der Verhaltensanalyseeinheit bringen könntest? Jetzt, da es schon zwei Mordfälle in zwei verschiedenen Staaten sind?«

Jake wurde zunehmend unruhiger.

Er antwortete: »Harry, so laufen die Dinge normalerweise nicht. Es liegt an der Polizei in Arizona, ob sie Hilfe vom FBI anfordern wollen. Und soweit ich weiß, taten sie dies bislang nicht. Bis dies der Fall sein sollte, haben wir mit der Sache nichts zu tun. Wenn du sie aber dazu bringen könntest, das FBI anzurufen…«

Harry unterbrach ihn: »Das habe ich schon versucht. Ich konnte sie aber nicht davon überzeugen, dass ein Zusammenhang zwischen den Morden besteht. Und du kennst ja die Ansichten der örtlichen Polizisten, wenn es darum geht das FBI in ihren Zuständigkeitsbereich mit einzubringen. Sie sind nicht darauf versessen.«

Jake dachte sich, Nein, das sind sie nicht.

Es fiel ihm leicht sich vorzustellen, wie die Polizei in Arizona auf den Versuch eines pensionierten Polizisten reagieren würde, der sie davon zu überzeugen versuchte, dass ihnen etwas Wichtiges entgangen sei. Aber Harry hatte in einer Sache recht. Falls ein Mörder mehrere Taten in mehr als nur einem Staat begangen haben sollte, dann brauchte das FBI keine Einladung, um sich des Falles anzunehmen. Falls Harry recht haben sollte, dass es sich um denselben Mörder handelte, dann könnte das FBI eine Untersuchung beauftragen.

Falls Harry recht haben sollte.

Jake nahm einen langen, langsamen Atemzug. »Harry, ich weiß wirklich nicht, ob ich an meinem Ende etwas zu der Sache unternehmen kann. Es ließe sich nur schwer verkaufen, die zuständigen Leute hier dazu zu bewegen, daraus einen offiziellen Fall des FBI zu machen. Einerseits bist du dir sicher bewusst, dass das FBI keinen Fall annehmen wird, bei dem die örtliche Polizei davon ausgeht, dass es sich um eine Einzeltat handelt. Aber…«

»Aber was?«

Jake zögerte, sagte dann aber: »Lass mich darüber nachdenken. Ich melde mich dann bei dir.«

»Danke Kumpel«, sagte Harry.

Sie beendeten das Gespräch.

Jake zuckte ein wenig zusammen. Er wunderte sich weshalb, um Himmels willen, er Harry versprochen hatte ihn zurückzurufen.

Er wusste genau, dass er nicht in der Lage sein würde den leitenden Sonderagenten Erik Lehl davon zu überzeugen, den Fall in den Zuständigkeitsbereich des FBI zu stellen. Nicht aufgrund eines so mageren Zusammenhangs.

Verdammt nochmal! Ich bin ja selber nicht wirklich davon überzeugt.

Aber gesagt ist gesagt. Harry saß in Arizona und erwartete eine Rückmeldung von Jake. Und das Einzige wozu er in der Lage sein würde, war ihm das mitzuteilen, was er ihm hätte sagen sollen, schon bevor sie das Gespräch beendeten – das sich ihm keine Möglichkeit bot das FBI mit einzuschalten.

Jake starrte einen Augenblick lang auf sein Handy, im Versuch den Mut zum Rückruf aufzubringen. Aber er konnte sich nicht dazu bringen – zumindest noch nicht.

Stattdessen hockte er sich hin und begann sein Frühstück im Ernst. Es erschien ihm, dass vielleicht zusätzlicher Kaffee ihm dabei helfen könnte, besser über die Handhabung der Situation nachdenken zu können.

Vielleicht doch nicht.

Jake wusste, dass er in letzter Zeit keine besondere Scharfsinnigkeit zutage brachte. Tatsächlich fühlte er sich bereits etwas niedergeschlagen, noch bevor er Harrys Anruf erhielt. Und auch lag es nicht nur daran, dass er Riley Sweeneys Abschlusszeremonie abgesagt hatte.

Der Fall, den er zusammen mit Riley vor ein paar Wochen löste – der scheußliche Fall des Stacheldraht-Mörders – hinterließ ihn erschöpft und ausgebrannt. Mit zunehmendem Alter schien es ihm immer öfter so zu gehen. Seine Tatkraft erholte sich nicht mehr so schnell wie es früher der Fall war. Und er vermutete, dass es seinen Kollegen in der Verhaltensanalyseeinheit schon aufgefallen war. Tatsächlich vermutete er, dass dies der Grund war, weshalb ihm Erik Lehl seit dem letzten Auftrag keinen Außeneinsatz mehr zugeteilt hatte.

Und vielleicht war es auch gut so.

Vielleicht war er dazu noch nicht in der Lage.

Oder vielleicht war er überhaupt nicht mehr dazu in der Lage – und würde es auch nie mehr sein.

Er seufzte in seine Kaffeetasse, als ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging…

Vielleicht ist die Zeit zum Ausscheiden aus dem Dienst wirklich gekommen.

Dieser Gedanke ging ihm in letzter Zeit des Öfteren durch den Kopf. Dies war einer der Gründe, weshalb er sich die Mühe gemacht hatte Riley Sweeney zur Verhaltensanalyseeinheit zu versetzen. Der Grund weshalb er einen solch unerfahrenen Agenten sich als Partner ausgesucht hatte. In all den Jahren als Fallanalytiker war er noch nie auf jemanden gestoßen, der ein dem seinigen ebenbürtiges Talent besaß – der Fähigkeit sich in die Gedanken eines Mörders zu versetzen.

Wann auch immer er sich aus dem Dienst zurückziehen mochte, er wollte jemanden seines Kalibers hinterlassen, um seine Arbeit weiterzuführen – einen vielversprechend jungen Agenten der in seine Fußstapfen treten konnte. Aber Riley für all dies vorzubereiten könnte sich als keine einfache Aufgabe herausstellen. Er beschrieb sie oft als »ungeschliffenen Diamanten«.

Und in der Tat war sie ein ungeschliffener Diamant. Selbst jetzt, nachdem sie ihren Abschluss an der Akademie gemacht hatte, war sich Jake sicher, dass es viel Arbeit kosten wird, bis die verbliebenen Ecken und Kanten weggeschliffen sind. Ihre Impulsivität, ihre Neigung dazu, die Regeln zu biegen und sogar zu brechen und Befehle nicht zu befolgen, und ihr Mangel an Disziplin, wenn es darum ging ihre Begabungen voll einzusetzen – all dies wird noch viel Arbeit kosten.

Sie hat noch viel zu lernen, dachte Jake.

Und er musste sich die Frage stellen, ob er denn überhaupt noch die Fähigkeit dazu hatte, ihr all die Sachen, die sie noch lernen musste, beizubringen, besonders jetzt da es schien, dass er seine besten Zeiten schon hinter sich hatte.

Eine Sache schien jedoch sicher – er würde sie hart rannehmen müssen. Nicht, dass er sie bisher geschont hätte. Tatsächlich fiel es ihm oft schwer, sein Temperament in Schach zu halten, wenn sie durchgedrehte Anfängerfehler begann. Aber er mochte sie sehr, obwohl er versuchte es so gut wie möglich zu verbergen. Sie erinnerte ihn an sich selber, als er noch viel jünger war.

Deshalb kam er oft in Versuchung sie zu verhätscheln.

Aber er musste es sich verkneifen.

Er musste sie hart rannehmen. Er musste sie schnell in Form bringen.

Als Jake mit seinem Frühstück zu Ende war, ertappte er sich dabei, wie er wieder an Harry Carnes dachte. Wahrscheinlich wartete dieser jeden Augenblick auf eine Rückmeldung von ihm.

Jake wunderte sich…

Kann ich den wirklich nichts für den Kerl tun?

Er musste zugeben, seine Gemütslage verbesserte sich ein wenig beim Gedanken diesen Ort zu verlassen.

Und wieso auch nicht?

Erik Lehl schien im Augenblick nicht verbissen darauf, ihm einen neuen Fall zuzuordnen.

Die Alternative war im Büro zu sitzen und langweiligen Papierkram zu erledigen, außer vielleicht…

Eine Idee nahm in Jakes Kopf Züge an.

Er hatte noch viel angehäufte Urlaubszeit, die er nehmen konnte. Er könnte Lehl darum bitten, zwei oder drei Tage freizunehmen, sich nach Arizona begeben und schauen, ob er etwas für Harry tun könnte.

Natürlich befand sich Riley Sweeney auf dem Weg hierher, um sich zum Dienst zu melden.

Aber es wäre nicht sinnvoll, dass sie anfinge, in der Verhaltensanalyseeinheit zu arbeiten, während sich ihr Partner auf Urlaub befand, also…

Warum kann sie nicht mitkommen?

Es würden sich dabei wahrscheinlich einige einfache, gefahrlose Ausbildungsmöglichkeiten für einen unerfahrenen Agenten bieten.

Die Idee brachte ihn zum Lächeln.

Als Jake die Kantine verließ und sich auf den Weg zum Büro von Erik Lehl machte, kam ihm der Gedanke…

Wer weiß? Es könnte sogar Spaß machen.

Kapitel drei

Rileys Stimmung war schlimm, als sie sich dem Hauptsitz der Verhaltensanalyseeinheit in Quantico näherte. Die Fahrt von ihrer Wohnung in DC bis hierher war ärger als erwartet. Der Morgenverkehr war so stockend und schleppend, dass sie beinahe ihre Ausfahrt verpasste.

Es wäre noch schlimmer gewesen, wenn ich in der entgegengesetzten Richtung unterwegs gewesen wäre, dachte sie sich.

Dennoch, sich jeden Morgen durch diesen Verkehr zu bewegen würde keinen Spaß machen. Und dann noch die Rückfahrt nach einem harten Arbeitstag – ob das wohl einfacher sein würde?

Jetzt, da sie endlich den Parkplatz der Verhaltensanalyseeinheit erreichte, bemerkte sie zwei Einfahrten – eine für Besucher und eine für die Angestellten.

Welche Einfahrt sollte sie nehmen?

Niemand hatte es ihr mitgeteilt. Tatsächlich hatte sie mit niemandem Kontakt, seit sie vorgestern die Nachricht nach ihrer Abschlussfeier erhielt – die Nachricht, in der ihr gemeldet wurde sich in Quantico und nicht in DC zum Dienst zu melden.

Als sie die Nachricht erhielt, war sie sich sicher, dass die Versetzung die Idee von Agent Crivaro gewesen sein musste. Aber jetzt war sie sich nicht mehr so sicher. Immerhin hatten sie schon an ein paar anspruchsvollen Untersuchungen zusammengearbeitet. Hätte sie Agent Crivaro nicht angerufen, um die Änderung mit ihr zu besprechen?

Mittlerweile hatte sie wirklich keine Ahnung mehr, was der Tag ihr alles noch bringen könnte – oder, besser gesagt, was die absehbare Zukunft für sie parat hielt.

Dann wurde es Riley auf einmal klar, dass was auch immer die Zukunft für sie bereithielt, alles, was sie über das vergangene Jahr hindurch erlebt hatte, führte zu diesem Ort. Als sie sich an der Mordermittlung im Wohnheim beteiligte, als sie zusammen mit Jake an einem Fall arbeitete, während sie sich immer noch in Ausbildung befand, all dies führte sie hierher.

Sie war kein Besucher.

Sie war eine Agentin des FBI.

Sie nahm die Einfahrt für Angestellte, an der ein Sicherheitswachmann in seiner Kabine Wache hielt.

Riley holte ihre Dienstmarke heraus und zeigte sie dem Wachmann.

Der Wachmann nickte und sagte: »Sie werden schon erwartet.«

Dann reichte er ihr einen Parkausweis und gab ihr ein Handzeichen zum Weiterfahren.

Riley fühlte, wie die Erregung sie überkam. Dies war das erste Mal, dass sie sich durch ihre FBI-Dienstmarke ausgewiesen hatte, und es machte einen großen Unterschied.

Ich habe wirklich einen Parkplatz erhalten!

Die Erregung ließ aber schnell nach, als Riley umherfuhr, auf der Suche nach einer freien Stelle. Erinnerungen an den gestrigen Tag kamen ihr zu.

Nach all den Wochen im Wohnheim bekam sie endlich die Gelegenheit zwei Nächte und den ganzen Sonntag mit Ryan zu verbringen. Ihre erste Nacht zusammen war sehr aufregend, weil sie so lange voneinander getrennt waren, aber am nächsten Tag waren die Dinge nicht besonders angenehm. Ryan war überhaupt nicht glücklich über Rileys neue Zuweisung und die dadurch ihnen bevorstehenden Unannehmlichkeiten.

Unannehmlichkeiten!

Riley spottete laut.

Die Hauptunannehmlichkeit die Ryan erdulden musste war, dass Riley den Wagen für ihre tägliche Fahrt zur Arbeit brauchte, was bedeutete, dass er auf die U-Bahn für seinen Arbeitsweg angewiesen sein würde. Sein Stolz war dadurch jedoch verletzt. Sein Ford Mustang war einer der wenigen Luxusgüter, die er sich im Leben gönnte, und er liebte es ihn jeden Tag zur Arbeit zu fahren. Sie wusste es half ihm dabei sich mehr wie der großer Anwalt, der er eines Tages auch sein würde, zu fühlen.

Ryan hatte sich nicht offen über die Umstände beschwert, aber verbarg seine Gefühle darüber auch nicht. Er hatte seine Großzügigkeit und seine Selbstaufopferung zu sehr an die große Glocke gehängt, im Versuch es so aussehen zu lassen als würde er große Anstrengungen unternehmen und sich große Mühe geben, sie in ihrer neuen Karriere zu unterstützen.

Und all das aufgrund dieses blöden Autos, dachte sie, während sie auf der leeren Parkstelle halt machte und den Motor ausstellte.

Sie stieg aus dem Wagen aus und blieb einen Augenblick lang stehen, um einen Blick auf ihn zu werfen. Sie erinnerte sich an den Augenblick als sie zum ersten Mal den Mustang erblickte. Damals befanden sie sich beide noch im Studium, als sie zum ersten Mal ausgingen. Sie war sehr beeindruckt, als er zu ihrem Wohnheim in diesem Wagen angefahren kam. Auch beeindruckte sie seine Galanterie, als er aus dem Wagen stieg, um ihr die Tür zum Beifahrersitz zu öffnen.

Auf den Wagen starrend stieß sie einen Seufzer aus.

Diese sorglosen Tage, als sie und Ryan sich gerade kennenlernten, erschienen ihr in diesem Augenblick schrecklich lange her. Der Mustang konnte sie nicht mehr beeindrucken und sie wünschte sich, er wäre auch in Ryans Augen keine so große Sache.

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