Akte Null - Джек Марс 8 стр.


“Abgemacht”, stimmte Reidigger zu. Doch in seiner Stimme klang ein melancholischer Unterton, einer, der verriet, dass er gerade dasselbe wie Null dachte – das einer oder beide von ihnen dieses Unterfangen vielleicht nicht überlebten. “Vertraue ihnen bis dahin nicht.”

Er runzelte die Stirn. “Wem?”

“Niemandem in der Agentur”, antwortete Alan. “Die waren schon mal bereit dazu, dich zu töten, und sie setzten mich darauf an. Die machen denselben Fehler nicht nochmal. Dieses Mal schicken sie jemanden, der keine Minute Schlaf darüber verliert, eine Kugel in deinen Hinterkopf zu schießen.”

“Ich weiß.” Null schüttelte seinen Kopf. “Ich habe darüber nachgedacht, mich wenigstens bei Cartwright zu melden. Ich glaube, der hat nichts damit zu tun —”

“Verdammt, was habe ich gerade gesagt? Niemand, verstehst du?” Alans Blick drang in ihn.

“Ganz besonders nicht Cartwright. Null… vor zwei Jahren hat Cartwright mich und Morris dir auf den Hals gehetzt, auf der Brücke.”

“Was?” ein Schauder lief Null über den Rücken.

“Ja. Er schickte nicht die Division. Er schickte keinen angeheuerten Killer. Die Anordnung für deine Ermordung kam von oben und Cartwright hat sich nicht dagegen gewehrt. Er schickte uns.”

Zorn stieg heiß in seiner Brust auf. Shawn Cartwright hatte vorgegeben, ein Freund zu sein, ein Verbündeter und hatte Null sogar gewarnt, nicht den anderen, wie Riker, zu vertrauen.

Die Rotoren des Helikopters lärmten über ihnen, als er über Meadow Field schwebte.

Alan lehnte sich nach vorn und sagte ihm “Auf Wiedersehen, Null” ins Ohr. Er schlug ihn auf die Schulter und schritt auf den Helikopter zu, der im hohen Gras landete.

Null eilte zu seinen wartenden Mädchen und umarmte sie beide noch einmal fest. “Ich liebe euch beide”, sage er ihnen ins Ohr. “Seid brav und passt aufeinander auf.”

“Ich liebe dich auch”, erwiderte Sara und umarmte ihn fest.

“Das machen wir”, versprach Maya und rieb sich die Augen.

“Los jetzt.” Er ließ sie los und sie eilten zu dem schwarzen Helikopter herüber. Beide blickten noch einmal zu ihm zurück, bevor sie mit Alans Hilfe in die Kabine kletterten. Dann schloss sich die Schiebetür und der Helikopter hob erneut ab. Null stand einen langen Moment da und sah zu, wie er am Himmel immer kleiner wurde. Alles drehte sich noch in seinem Kopf von dem Wissen, dass Alan Reidigger irgendwie noch am Leben war. Doch zu wissen, dass seine Töchter in seinen Händen waren, gab ihm Hoffnung – und um so mehr Entschlossenheit, dies hier zu überleben.

Endlich riss er seinem Blick von dem, was jetzt nur noch ein Fleckchen am Horizont war und ging zurück zum Auto. Für einen Augenblick saß er hinter dem Steuer und fragte sich, ob dies das letzte Mal wäre, dass er seine Töchter sähe. Das Blut, das durch sein Ohren rauschte, dröhnte betäubend.

Er griff hinüber und schaltete das Radio an, nur um eine Geräuschkulisse zu erzeugen. Die Stimme eines männlichen Sprechers füllte sofort den Raum.

“Unsere heutige Schlagzeile ist weiterhin die sich entwickelnde Situation im Persischen Golf”, sagte der Moderator ernst. “Vor nur ein paar Stunden schoss ein iranisches Kriegsschiff Raketen auf die USS Constitution, einen amerikanischen Zerstörer, der mit der Fünften Flotte der Navy das Gebiet patrouilliert. Als Gegenmaßnahme erwiderte die Constitution das Feuer, zerstörte dabei das iranische Schiff und damit die Leben aller sechsundsiebzig Mitglieder der Mannschaft an Bord.”

Die gehen schnell voran. Ein Knoten formte sich in Nulls Magen. Er hatte nicht erwartet, dass sich dies so schnell entwickelte. Das bedeutet nur, dass ich schneller voran muss.

“Die iranische Regierung hat schon eine öffentliche Stellungnahme herausgegeben”, fuhr der Moderator fort, “in der sie ihre Empörung über die Zerstörung ihres Schiffes ausdrückte und bekanntgab, und hier zitiere ich, dass,dieses Ereignis ein klares und offenes Kriegshandeln darstellte.’ Obwohl es keine formelle Erklärung gab, scheint es, als ob der Iran vorhat, einen erneuten Konflikt mit den USA einzugehen. Die Pressesekretärin des Weißen Hauses, Christine Cleary, veröffentlichte eine sehr kurze Stellungnahme, in der sie nur bekanntgab, dass Präsident Pierson sich der Situation vollkommen bewusst sei und sein Kabinett schnell arbeitet, um die vereinigten Stabschefs zusammenzurufen. Man erwartet, dass er heute Abend der Nation eine Rede hält.”

Das war also ihr nächster Spielzug. Das Attentat der Brüderschaft würde das Volk zum Fremdenhass gegen die Iraner anschüren und der,Angriff’ auf die USS Constitution war eine zeitige Folgeaktion, um einen Krieg heraufzubeschwören. Der Präsident träfe seine Berater und die würden ihn dazu überreden, dass einer erneuter Konflikt im Nahen Osten die einzige Lösung wäre.

Außer, dachte er plötzlich, er hat einen neuen Berater.

Er zog eine Karte aus seiner Tasche und wählte die Nummer darauf.

“Sanders”, antwortete die weibliche Hilfskraft, die sich ihm auf dem Rasen des Weißen Hauses angenähert hatte.

“Hier spricht Agent Kent Steele”, antwortete er. “Wir haben uns heute morgen kennengelernt —”

“Ich erinnere mich”, erwiderte sie abrupt. Ihre Stimme klang angespannt, zweifellos aufgrund der neuen Ereignisse. “Was kann ich für Sie tun, Agent?”

“Ich muss mit Präsident Pierson sprechen.”

“Der ist leider bei einem Treffen”, sagte Sanders. “Sicherlich wissen Sie, was gerade geschieht —”

“Ja.” Diesmal unterbrach Null sie. “Deshalb rufe ich an. Es geht hier um die nationale Sicherheit, Ms. Sanders. Also können Sie mir einfach ein Treffen mit Präsident Pierson verschaffen, oder Sie können ihm später erklären, dass Sie zwischen ihm und allem, was geschehen wird, standen.”

Kapitel acht

Weniger als eine halbe Stunde später befand sich Null erneut im Weißen Haus und wurde durch einen Korridor zum Oval Office geführt. Er versuchte, die Falten aus seinem Hemd zu glätten, doch das machte unter den Umständen kaum etwas aus.

Man ließ ihn in das innere Heiligtum des Präsidenten, wo es ihn überraschte, Pierson allein anzutreffen. Null hatte hektische Betriebsamkeit, eine Menge Berater und Kabinettsmitglieder, die Anrufe tätigten, Laptop-Netzwerke erstellten und mit einem Dutzend verschiedener Agenturen und ausländischer Machtinhaber kommunizierten, erwartet.

Doch es gab nichts davon. Präsident Pierson stand hinter seinem Schreibtisch auf als Null eintrat und sah aus, als wäre er in den letzten paar Stunden um ein Jahrzehnt gealtert. Seine Krawatte hing lose um seinen Hals und die obersten zwei Knöpfe seines gebügelten, weißen Hemdes waren geöffnet.

“Agent Steele.” Pierson streckte ihm seine rechte Hand hin, rügte sich dann selbst und schüttelte Nulls linke. “Entschuldigung, ich habe das mit der Hand vergessen. Gott, was für ein Durcheinander.”

“Ich habe es gehört.” Null blickte sich im Büro um. “Ich muss zugeben, dass ich mehr Leute erwartet habe.”

“Die vereinigten Stabschefs versammeln sich gerade im Krisenraum.” Pierson seufzte und lehnte sich mit beiden Händen auf den Tisch. “Ich werde dort gleich erwartet. Ich bin zwar froh, dass Sie hier sind, Null, aber ich bedaure, dass dieses Treffen verschoben werden muss.”

“Mr. Präsident”, drängte Null, “ich habe Informationen.” Die Finger seiner linken Hand schwebten über seiner Hosentasche, in der sich der USB-Stick befand. “Bevor Sie zu dem Treffen mit den vereinigten Stabschef gehen, gibt es etwas, das ich Ihnen —”

“Sir.” Die Tür des Oval Offices öffnete sich nur ein paar Zentimeter und Emilia Sanders Gesicht lugte herein. Ihr Blick strich vom Präsidenten zu Null und wieder zurück. “Man erwartet Sie jetzt.”

“Danke, Emilia.” Pierson schnürte sich die Krawatte fest und strich mit den Händen über sein Hemd. “Es tut mir leid Null, doch meine Aufmerksamkeit wird jetzt woanders benötigt.”

“Sir.” Er trat einen Schritt voran und senkte seine Stimme. Er musste ein Risiko eingehen. Er konnte Pierson nicht uninformiert den Krisenraum betreten lassen. “Ich habe sehr starken Grund zur Annahme, dass sie den Menschen, die sie beraten, nicht vertrauen können.”

Der Präsident runzelte die Stirn. “Welchen Grund? Was wissen Sie?”

“Ich habe…” begann Null, doch dann warf er einen Blick über seine Schulter und sah, dass ein Geheimagent in der Tür zum Oval Office stand und darauf wartete, den Präsidenten in den Krisensaals zu eskortieren. “Ich kann das jetzt nicht erklären. Ich brauche nur fünf Minuten. Allein.”

Pierson rieb sich das Kinn. Er sah müde aus. “Kommen Sie mit mir.”

“Sir?”

“Begleiten Sie mich zum Treffen. Anschließend gebe ich Ihnen fünf Minuten.” Pierson ging auf die Tür zu und Null folgte ihm. Mehr konnte er nicht tun. Er konnte den Präsidenten nicht davon abbringen, einem Treffen bezüglich einer nationalen Sicherheitskrise beizuwohnen. Und wenn es bedeutete, dass er später fünf Minuten mit Pierson allein hätte, dann folgte er ihm in die Höhle des Löwen.

* * *

Der John. F. Kennedy Konferenzsaal, der im Keller des Westflügels lag und den die Meisten als Krisenraum kannten, war das Zentrum für das Management von Geheiminformationen des Weißen Hauses. Es handelte sich um mehr als hundertfünfzig Quadratmeter voll von Kommunikationsausrüstung, die es einigen der mächtigsten Menschen erlaubten, die Sicherheit von einem einzigen Ort aus zu wahren.

Und es schien, als hätte Null sich gerade einen Platz am Tisch verdient.

Präsident Pierson trat gefolgt von zwei Geheimdienstagenten in den Saal, die sich sofort auf beiden Seiten der Doppeltüren aufstellten, durch die sie hereinkamen. Null folgte ihm. Nun traf er auf die hektische Betriebsamkeit, die er bei seinem Ankommen erwartet hatte. Um den langen, rechteckigen Tisch, der sich durch den Raum zog, saßen vierzehn Personen, die alle aufstanden, als der Präsident eintrat.

Null blickte schnell um sich und sah sich die Gesichter an. Er erkannte fast alle von ihnen. Unter anderem waren der Berater für nationale Sicherheit anwesend, der Berater für innere Sicherheit, der Stabschef des Weißen Hauses, der Verteidigungssekretär Quentin Rigby, der Direktor der nationalen Nachrichtendienste John Hillis und die Pressesekretärin Christine Cleary. Er bemerkte sarkastisch, dass, abgesehen von ihm, Pierson und Cleary, alle anderen im Raum Männer über fünfundfünfzig waren.

Er war ein wenig erleichtert, als er sah, dass die CIA nicht anwesend war. Er hatte schon halbwegs erwartet, Direktor Mullen oder möglicherweise sogar Deputy Direktorin Riker dort stehen zu sehen. Doch dies war eine Angelegenheit für Staatschefs und die CIA wurde durch den Direktor der nationalen Nachrichtendienste Hillis vertreten, der jegliche Anweisungen an Mullen weiterleitete.

“Bitte nehmen Sie Platz.” Pierson setzte sich auf einen schwarzen Stuhl am Kopf des Tisches, der sich am nächsten der Türen befand. Er zeigte auf den leeren Stuhl zu seiner Rechten und Null setzte sich.

Mehrere Augenpaare sahen ihn an, doch nur der Verteidigungssekretär sprach. Der zur Ruhe gesetzte vier Sterne General Quentin Rigby hatte einen verspannten Hals und Schultern, in seinem Gesicht standen tiefe Sorgenfalten, die darauf hinwiesen, dass er die schlimmsten Seiten der Menschheit gesehen hatte und obwohl er sehr scharfsichtig war, scheute er sich nicht, seine Meinung von sich zu geben.

“Mr. Präsident.” Rigby blieb stehen, als er sich an Pierson wandte. “Ich glaube, ich muss sie nicht daran erinnern, dass wir gleich etwas sehr vertrauliches diskutieren werden —”

“Bemerkt, General Rigby, danke.” Pierson unterbrach den General, indem er mit der Hand abwinkte. “Agent Steele wohnt dem Treffen als ein Sicherheitsberater bei. Er wurde durch die CIA überprüft und hat seine Fähigkeit, Vertrauliches für sich zu behalten, immer wieder von Neuem unter Beweist gestellt. Um gar nicht zu erwähnen, das er der Einzige im Raum ist, der jüngste Erfahrungen mit der Art von Situation hat, um die es gerade geht.”

“Dennoch”, drängte Rigby, “ist dies höchst unorthodox, Sir.”

“Ich glaube, ich muss Sie nicht daran erinnern, General, dass ich die einzige Person bin, die entscheidet, wer im Raum ist.” Pierson starrte Rigby an, bis dieser den Blick abwendete.

Null grinste fast. Er hatte niemals Pierson dabei gehört, so mit jemandem zu reden. Normalerweise war er diplomatisch und charmant. Einerseits bemerkte Null, dass der Präsident durch die Geschehnisse mitgenommen war. Andererseits war es aber auch schön, zu sehen, wie er richtiges Rückgrat bewies.

Rigby nickte und setzte sich wieder auf seinen Platz. “Ja, Sir.”

“Mr. Holmes.” Präsident Pierson nickte seinem Stabschef zu. Er war ein kleiner Mann mit einer wachsenden Glatze und eulenhafter Brille. “Wenn Sie dann so nett wären.”

“Natürlich, Sir.” Peter Holmes stand auf und räusperte sich. “Um etwa siebzehn Uhr Ortszeit feuerte ein iranisches Kampfschiff zwei Raketen auf den Zerstörer USS Constitution während einer Routinepatrouille im Persischen Golf. Aufgrund einer kürzlichen Änderung der Einsatzregeln, mit der wir glaube ich alle bekannt sind, war die Constitution autorisiert, um —”

“Entschuldigung.” Null hob seinen Arm, als ob er in einem Klassenzimmer säße und unterbrach den Stabschef. “Welche Änderung der Einsatzregeln?”

“Aufgrund des neulichen Angriffs auf amerikanischem Boden”, erklärte Rigby, “unterschrieb der Präsident gerade heute morgen eine Vollzugsanordnung, die vorschreibt, dass jegliche fremde Macht, die in einem bestimmten Umfeld auf amerikanisches Militär schießt, als feindlich angesehen wird und mit extremem Vorurteil behandelt werden muss.”

Null zeigte äußerlich keine Reaktion, doch sein Gehirn arbeitete hart. Welch Zufall, dachte er. “Und wie groß ist dieses bestimmte Umfeld, General?”

“Wir sind nicht hier, um die Details einer Vollzugsanordnung zu erklären”, erwiderte Rigby. “Wir sind hier, um eine sehr dringliche und brisante Situation zu besprechen.”

Rigby ging Fragen aus dem Weg. “Auf welcher Bahn befanden sich die Raketen?” fragte Null.

“Wie bitte?” Holms schob sich die Brille auf der Nase hoch.

“Die Flugbahn”, wiederholte Null. “Steigungs- und Fallwinkel, Art von Rakete, Nähe, etc. Wie stark, war die Bedrohung, die dieses Schiff gegenüber der Constitution darstellte?”

“Die Bedrohung war ausreichend stark, damit ein Kapitän der US Navy ein Urteil fällen musste”, erwiderte Rigby nachdrücklich. “Bezweifeln Sie das Urteil des Kapitäns, Agent Steele?”

Ich bezweifle seine Motivationen, hätte er fast gesagt. Doch er biss sich auf die Lippe. Er konnte es sich nicht leisten, schon wieder ein Ass im Ärmel zu zeigen, so wie er es schon zweimal getan hatte. “Überhaupt nicht. Ich möchte nur vorschlagen, dass es drei Seiten zu dieser Geschichte gibt. Die des Kapitäns, die der Iraner und die Wahrheit. Wie sieht es denn mit Kameras aus?”

“Kameras”, wiederholte Rigby. Er grinste herablassend. “Was wissen Sie eigentlich über Schiffe der Zerstörerklasse, Agent?”

“Ich kann nicht behaupten, dass ich viel Erfahrung damit habe,” grinste Null zurück. “Ich weiß nur, dass die USS Constitution ein Arleigh-Burke-Klassen-Zerstörer ist, der 1988 gebaut wurde und 1991 zuerst in Einsatz ging. Dies war die einzige Zerstörerklasse der USA, die von 2005 bis 2016 verwendet wurde, bis die Zumwalt-Klasse in Auftrag gegeben wurde. Die Constitution hat also ein Aegis integriertes Waffensystem, Anti-U-Boot-Raketen, ein passives, elektronisches Scan-Radarsystem und Tomahawk-Fernlenkgeschosse – mit denen vermutlich das iranische Schiff versenkt und sechsundsiebzig Menschenleben ausgelöscht wurden. Wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um eine der technologisch am fortgeschrittensten Maschinen handelt, die ausreichend Feuerkraft an Bord hat, um jegliche Zahl von Bananenrepubliken zu erobern, nehme ich an, dass Kameras nicht außer Frage stehen.”

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