Tötet - Блейк Пирс 2 стр.


Deshalb war Crivaros Aussage so ausschlaggebend. Wenn jemand die Jury davon überzeugen konnte, dass Mullins nicht die missverstandene Person war, die er spielte, dann war es Crivaro.

Aber als sie auf die Rückkehr des Richters und der Anwälte warteten, fragte sich Riley, ob Crivaro überhaupt noch zum Zug kommen würde.

Sie schauderte, als Mullins sich umdrehte und sie direkt ansah. Ein arrogantes Lächeln auf seinem babyhaften Gesicht. Dann beobachtete sie, wie er Crivaro mit demselben Gesichtsausdruck ansah. Crivaros Lippen zuckten scharf und kurz fürchtete Riley, ihr Partner könne durch den Gerichtssaal hechten und auf Mullins zuspringen.

Tu es nicht, dachte sie.

Sie konnte sehen, dass Crivaro sich abwandte und wusste, dass er darum kämpfte, seine Wut zu kontrollieren.

Riley hoffte nur, ihre eigene Wut über diesen selbstzufriedenen Gesichtsausdruck kontrollieren zu können.

Wenigstens ein paar Leute im Gerichtssaal kannten die praktische Tatsache, dass Larry Mullins durch und durch ein Monster war. Riley und Crivaro gehörten dazu. Dann waren da die Eltern der beiden Opfer, die zusammensaßen und sehr unruhig wirkten. Ihre Hoffnung war es, dass Mullins wenigstens für den Rest seines Lebens ohne Bewährung eingesperrt werden oder vielleicht sogar die Todesstrafe erhalten würde.

Sie redete sich ein, dass der Fall doch sicher undurchlässig genug war, um ihn zu verurteilen. Gedanklich ging sie die Fakten noch einmal durch.

Larry Mullins hatte als Nanny – oder als ‚Manny‘, wie er sich selbst gerne nannte – gearbeitet, als er für den Mord an Ian Harter, einem kleinen Jungen in seiner Obhut, verhaftet wurde. Als Riley und Crivaro dazu geholt wurden, um Ians Tod zu untersuchen, entdeckten sie bald, dass ein weiteres Kind, Nathan Betts, unter identischen Umständen ums Leben gekommen war. Auch unter Mullins Obhut, allerdings in einer anderen Stadt. Beide Jungen waren erstickt und demnach offensichtlich ermordet worden.

Mullins hatte in beiden Mordanklagen auf unschuldig plädiert und lediglich zugegeben, die beiden Jungen unbeaufsichtigt gelassen zu haben, als sie starben. Er hatte aufgrund seiner Nachlässigkeit eine oberflächliche Show der Reue aufgeführt.

Riley hatte nie auch nur einen Moment lang geglaubt, dass die Todesfälle unter Mullins‘ Obhut zufällig gewesen waren und schon gar nicht, dass ein unbekannter Täter noch immer auf freiem Fuß war. Aber Mullins Schuld zweifelsfrei zu beweisen, war eine ganz andere Sache gewesen.

Bereits zu Beginn der Verhandlung hatte der Staatsanwalt Paxton Murawski Riley und Crivaro davor gewarnt, dass es sich einen harten Fall handeln würde. Trotz ihrer besten Bemühungen hatten weder die Agenten noch die Polizei Beweise gefunden, dass Mullins der einzige gewesen war, der zum Zeitpunkt ihres Todes Zugang zu den Kindern gehabt hatte.

Wir müssen vorsichtig sein, sonst kommt der Mistkerl davon“, hatte Murawaski ihnen eingebläut.

Weder Riley noch Crivaro hatten genau gewusst, was Murawski mit ‚vorsichtig‘ gemeint hatte. Aber sie wusste, dass zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Hintergrund eine versuchte Deal-Verhandlung stattgefunden hatte. Und jetzt vermutete sie, dass der gesamte Gerichtssaal die Ergebnisse dieser Verhandlung erfahren würde.

Wird er schließlich doch noch auf freien Fuß kommen, fragte sie sich.

Die Möglichkeit ließ sie schaudern, genau wie der Moment, als sie Mullins gemeinsam mit Crivaro verhaftet hatte.

Als Riley ihm die Handschellen angelegt und seine Rechte vorgelesen hatte, hatte er sich zu ihr umgedreht und sie verschmitzt angegrinst. Mit einem hämischen Gesichtsausdruck, der quasi seine Schuld bestätigte.

„Viel Glück“, hatte er gesagt – offensichtlich überzeugt davon, dass es schwierig sein würde, ihn zu verurteilen.

Riley knirschte mit den Zähnen, als die Worte in ihrem Kopf widerhallten.

Viel Glück!

Sie hatte nicht geglaubt, jemals zuvor so wütend gewesen zu sein. Am liebsten hätte sie Mullins auf der Stelle getötet. Sie hatte sogar nach ihrer Waffe gegriffen. Aber Crivaro hatte ihre Schulter berührt, ihr einen warnenden Blick zugeworfen und sie hatte die Verhaftung anständig zu Ende gebracht.

Und nun fragte sich Riley: Wäre Crivaro damals nicht gewesen, wäre Larry Mullins dann heute noch am Leben? Natürlich hätte man stattdessen sie wegen Mordes auf die Anklagebank gesetzt und sie möglicherweise lebenslänglich ins Gefängnis gesteckt. Aber hätte sich das gelohnt, um eine so abscheuliche Version eines menschlichen Wesens loszuwerden?

Riley wünschte sich ein bisschen, ihm damals eine Kugel in den Kopf gejagt zu haben.

Und Crivaros wütendem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, vermutete sie, dass es ihm genauso ging.

Der Gerichtsdiener kam zurück und bat Mullins, sich zu den Anwälten in der Richterkammer zu gesellen. Immer noch von Wachmännern flankiert stand der Mann, dem hier der Prozess gemacht werden sollte, auf und folgte dem Gerichtsdiener aus dem Saal heraus.

Rileys Herz sank.

Das sieht nicht gut aus, dachte sie.

Mehrere lange Minuten gingen vorbei, bevor der Gerichtsdiener zurückkehrte und jeden im Saal darum bat, erneut aufzustehen. Richter Redstone kam zurück, gefolgt von den Anwälten und Mullins selbst.

Richter Redstone kündigte an: „Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben ein Überabkommen erreicht. Wenn der Angeklagte zustimmt, sich in zwei Fällen des Mordes mit bedingtem Vorsatz schuldig zu erklären, ist die Verhandlung nicht länger notwendig und der Angeklagte wird entsprechend verurteilt.“

Riley keuchte lauf auf – genau wie viele anderen im Raum auch.

Bedingter Vorsatz?

Diese Vorstellung machte ihrer Meinung nach keinen Sinn.

Der Richter blickte finster in Mullins‘ Richtung. „Larry Mullins, plädieren Sie schuldig?“

„Ja, Euer Ehren“, sagte Mullins.

„Sehr gut“, sagte Richter Redstone. „Larry Mullins, Sie werden hiermit auf zwei Mal dreißig Jahre verurteilt, die gleichzeitig abgesessen werden können. Es gibt die Möglichkeit auf Bewährung nach fünfzehn Jahren.“

Gleichzeitig? Mögliche Bewährung?

Riley kämpfte darum, ihren Impuls zu kontrollieren, aufzustehen und zu schreien: Nein, das ist nicht richtig.

Sie wusste, dass es nichts bringen würde, also schluckte sie die Worte herunter und blieb sitzen. Aber sie konnte ihre Gedanken nicht davon abhalten, sich wild im Kreis zu drehen.

Der Mann hat zwei Kinder getötet.

Warum verstanden sie das nicht?

Der Richter dankte der Jury für Zeit und Engagement und beendete die Verhandlung mit einem Knall seines Hammers. Der ganze Saal war in Aufruhr, als Mullins zurück in seine Zelle geführt wurde. Als Riley schließlich aufstand, befand sie sich mitten in einer wütenden und verwirrten Menschenmenge wieder.

Sie wollte mit Agent Crivaro sprechen und ihn fragen, was seiner Meinung nach geschehen war und ob es etwas gab, das sie tun konnte. Aber sie erhaschte nur einen kurzen Blick auf ihren Partner, als dieser mit vor Wut rotem Gesicht auf dem Ausgang des Gerichtsgebäudes zustürmte.

Wo geht er hin, fragte sie sich.

Sie konnte ihm nicht folgen, schaffte es aber stattdessen, sich einen Weg zum Tisch der Staatsanwaltschaft zu bahnen, wo Paxton Murawski seine Sachen einpackte.

„Was zum Teufel ist passiert?“, rief sie verbittert.

Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf.

„Es war die beste Lösung“, sagte er.

„Aber es macht keinen Sinn“, sagte Riley. „Die ganze Zeit über hat Mullins auf unschuldig plädiert. Er hat lediglich seine Aufsichtspflicht verletzt, meinte er. Und jetzt plädiert er schuldig auf Mord mit bedingtem Vorsatz – für beide. Wie konnte er lediglich unachtsam sein und sie gleichzeitig umbringen? Wie funktioniert beides?“

Murawski sah Riley scharf an.

„Agent Sweeney, Sie sind neu in dem ganzen Geschehen“, sagte er. „Manchmal muss man Kompromisse finden – und manchmal ergeben die Konsequenzen keinen Sinn. Wirklich, es hat besser funktioniert, als erwartet. Wir hätten unmöglich eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes bekommen, schon gar nicht in zwei Fällen. Das wäre einfach nicht passiert. Aber die Verteidigung wusste, dass Mullins auch nicht ungeschoren davonkommen würde. Deshalb hat man uns den Deal vorgeschlagen. Und wir haben ihn angenommen. Ende der Geschichte.“

„Ende der Geschichte?“, echote Riley. „Das ist nicht das Ende und das wissen Sie. In fünfzehn Jahren wird Mullins vermutlich auf Bewährung freikommen. Er wird derselbe teuflische Mistkerl sein, der er heute ist. Aber er wird lediglich seinen niedlichen Unschuldsakt vor dem Bewährungskomitee abziehen müssen, die werden auf ihn reinfallen und er kommt wieder auf freien Fuß.“

Murawski schloss seine Tasche. „Nun – dann lassen Sie das nicht geschehen.“

Riley konnte kaum glauben, was sie da hörte.

„Aber das ist erst in fünfzehn Jahren“, sagte sie.

Murawski zuckte mit den Schultern und fügte hinzu: „Wie gesagt, lassen Sie es nicht geschehen. Vertrauen Sie mir, bis dahin wird er bleiben, wo er ist.“

KAPITEL ZWEI

Julian Banfield hatte das Gefühl, aus einem furchtbaren Traum aufzuwachen.

Oder überhaupt nicht aufzuwachen, dachte er.

Er war noch immer benommen und kaum bei Bewusstsein. Außerdem hatte er unglaubliche Kopfschmerzen.

Er öffnete die Augen – oder zumindest glaubte er das – und fand sich von völliger Dunkelheit umhüllt. Als er versuchte, sich zu bewegen, begriff er, dass er es nicht konnte. Er wusste, dass diese Art von Immobilisierung ein typisches Symptom seiner sporadischen Albträume war – vermutlich verursacht durch die einengenden Decken, unter denen er lag.

Aber das hier fühlt sich anders an, realisierte er.

Obwohl seine Gliedmaßen außer Fecht gesetzt waren, lag er nicht.

Atme, wies Julian sich selbst an, wie er es schon oft seinen Patienten erklärt hatte. Langsam atmen, ein und aus.

Aber seine Stimmung sank, als ihm die Wirklichkeit der Situation dämmerte. Er saß gefesselt in absoluter Dunkelheit. Selbst nach mehreren tiefen Atemzügen schaffte er es nicht, sich zu beruhigen.

Denk nach, meinte er zu sich selbst. Was ist das letzte, an das du dich erinnerst?

Dann kam alles zurück. Er hatte im Arbeitszimmer nach Sheila gesucht, als jemand ihn von hinten gepackt und dazu gezwungen hatte, durch einen Stofffetzen zu atmen, der mit einer süßen, dicklichen Flüssigkeit durchtränkt worden war.

Chloroform, erinnerte er sich und seine Gedanken rutschten wild in Richtung einer Panikattacke.

Dann hörte Julian eine leise und sanfte Stimme in der Dunkelheit.

„Hallo Dr. Banfield.“

„Wer ist da?“, keuchte Julian.

„Sie erkennen meine Stimme nicht?“, sagte die Stimme. „Nun, ich nehme an, das ist nicht allzu überraschend. Es ist lange her. Ich war noch viel jünger und meine Stimme ganz anders.“

Plötzlich erstrahlte ein Licht und Julian war kurz wie geblendet.

„So“, sagte die Stimme. „Ist das besser?“

Julian kniff die Augen zusammen, um sich an das Licht zu gewöhnen. Ein Gesicht erschien vor ihm – ein lächelnder Mann mit einem langen, schmalen Gesicht.

„Sicherlich erkennen Sie mich jetzt“, sagte er.

Julian starrte ihn lediglich an. Er glaubte, dass die Form des Kinns ihm vage bekannt vorkam, konnte es aber nicht einordnen. Er erkannte ihn nicht und um die Wahrheit zu sagen, war ihm das in dem Moment auch egal. Er begann, die Situation zu verstehen – und es sah sehr, sehr schlecht aus.

Er und der fremde Mann befanden sich in Julians Weinkeller, umgeben von Regalen mit hunderten von Weinflaschen. Julian war irgendwie an einen der schweren und eleganten Holzstühle gebunden worden, die Teil des Weinkellerdekors waren.

Ein Fremder saß auf einem anderen Stuhl, starrte ihn an und lächelte noch immer.

Er hielt ein Glas in der einen und eine frisch geöffnete Flasche Wein in der anderen Hand.

Er schenkte sich ein und sagte dann: „Ich hoffe, es stört Sie nicht – ich habe mir die Freiheit genommen, eine Flasche Le Vieux Donjon Châteauneuf-du-Pape von vor ein paar Jahren zu öffnen. Ich nehme an, das war ziemlich dreist von mir. Vielleicht haben Sie den Tropfen ja für einen besonderen Moment aufbewahrt. Ich habe gehört, der Vintage soll sehr angenehm reifen.“

Er hielt das Glas vors Licht und betrachtete den Wein mit Kennermiene.

Er sagte: „Ich war versucht, einen 1987 Opus One zu öffnen, aber das wäre natürlich absolut unangemessen gewesen. Außerdem macht mich dieser Vintage sehr neugierig.“

Der Fremde nahm einen Schluck und bewegte die Flüssigkeit im Mund herum.

„Er wird seinem Ruf definitiv gerecht“, sagte er. „Spuren von zerstoßener Wacholderbeere, Brombeere, Rosine, gerösteten Maronen. Ein mutiger, reicher Geschmack. Ich bin zwar kein Experte, aber ich würde sagen, dass das eine gute Investition war.“

Julian fühlte sich noch immer konfus und verwirrt.

Nicht schreien, warnte er sich selbst. Niemand würde ihn hören können und es würden den Mann nur aufhetzen. Stattdessen sollte er vermutlich seine Fähigkeiten als Therapeut nutzen. Vor allem war es wichtig, ruhig zu bleiben – oder zumindest, ruhig zu erscheinen.

„Nun“, sagte er. „Jetzt, wo wir hier sind, möchten Sie mir vielleicht ein bisschen über sich selbst erzählen.“

Der Fremde kicherte. „Was würden Sie gerne wissen, Doktor?“, fragte er.

„Sicherlich möchten Sie mir etwas darüber erzählen, warum … ähm, was uns in diese besondere Situation gebracht hat“, antwortete Julian.

Der Fremde machte ein kratzendes Geräusch, was nicht wirklich als Lachen zu interpretieren war. „Ich fürchte, dass ist eine eher lange und komplizierte Geschichte“, sagte er. Dann stand er plötzlich auf und warf das delikate Weinglas gegen die Wand, wo es zerbrach. Die Weinflasche stellte er auf einen kleinen, dekorativen Tisch.

Julian begriff, dass seine professionellen Taktiken ihm hier nicht weiterhelfen würden. Also versuchte er sich an einer anderen Herangehensweise.

„Meine Frau wird bald zu Hause sein“, platzte er heraus.

Der Fremde klang unbeeindruckt.

„Wird sie das? Nun, dann sollten wir wohl zum Geschäftlichen kommen.“

„Wer zum Teufel sind Sie?“, forderte Julian.

Ein verletzter Blick überrollte das Gesicht des Fremden.

„Ach du meine Güte. Ich hatte gehofft, mittlerweile erkannt worden zu sein. Nun, da habe ich wohl zu viel erwartet. Aber ich bin mir sicher, dass Sie mich bald erkennen werden. Ich kenne eine todsichere Methode, Ihr Gehirn zu stimulieren.“

Wieder glaubte Julian, etwas Vertrautes am Kinn des Mannes wahrzunehmen. Aber er erkannte ihn definitiv nicht. Die einzige Wirklichkeit, auf die er sich konzentrieren konnte, war die Tatsache, dass er Gefangener in seinem eignen Weinkeller war – einem Mann ausgeliefert, der ziemlich verrückt zu sein schien.

Er wusste nur nicht, wie er an dem Stuhl festgemacht worden war, aber es fühlte sich mehr als unangenehm an. Etwas Enges drückte gegen seine Brust, was das Atmen erschwerte. Nun begriff er auch, dass seine Füße nackt, kalt und feucht waren.

Er sah zu Boden. Obwohl seine Knie zusammengebunden waren, konnte er einen seiner großen Silberteller auf dem Boden sehen. Als er seine Füße ein wenig bewegte, merkte er, in seichtem Wasser zu stehen.

„Ja“, kommentierte der Fremde. „Ich habe einen Silberteller aus Ihrem reizenden Geschirrschrank mitgebracht. Perfekt für die bevorstehende Tätigkeit. Darin befindet sich etwa ein halber Zentimeter Wasser und sowohl Wasser als auch Silber sind exzellente Leiter.“

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