Der Kandidat - Джек Марс 8 стр.


Ein Raunen ging durch die Menge, wie eine Welle, die auf den Strand aufschlägt.

„Patrick hat mich ein paar Tage bevor er gestorben ist angerufen und sagte, ‚Jeff, ich habe, wonach du gesucht hast. Ich muss nur ein paar letzte Spuren untersuchen. Aber diese Sache – die Dinge, die sie getan hat – wird die Wahl zu deinen Gunsten entscheiden.‘“

Eine Lüge, die sich auf eine weitere Lüge gestützt hatte. Norman hatte ihn nie angerufen. Er nannte ihn niemals Jeff – wie gesagt, er hatte nie auch nur mit ihm gesprochen. Er hatte keinen Dreck gefunden, wenn es um Susan Hopkins ging, nicht einmal nach einem ganzen Jahr Arbeit. Er war zu dem Schluss gekommen, dass sie lupenrein gewesen war und wenn nicht, dann war der Dreck so tief vergraben, dass ihn niemals jemand finden würde.

„Was Patrick mir gegenüber andeutete war, dass Hopkins und ihr Ehemann Schmiergelder von anderen Staatspräsidenten angenommen hatten, einschließlich von Diktatoren aus der Dritten Welt, im Gegenzug für Gefallen von unserer Regierung. Außerdem hat er angedeutet, dass es für Pierre Michauds gestellte gemeinnützige Organisationen quid pro quos gab. Wenn die Diktatoren zuließen, dass Michaud seine Wasserreinigungssysteme – Systeme, die nicht einmal funktionieren! – bauen durfte, würden die USA Waffen an sie verkaufen. Das ist unglaublich. Und liebe Leute, das war das Letzte, was ich jemals von Patrick Norman gehört habe. Er hatte alles herausgefunden, wenn es um Susan Hopkins ging. Und dann ist er ums Leben gekommen, angeblich durch sein eigenes Tun.“

Jetzt machten sich laute Buh-Rufe in der Menge breit.

„Aber er hat es nicht selbst getan! Gestern Nachmittag hat das Büro des Gerichtsmediziners von Washington, D.C. seine Ergebnisse veröffentlicht. Patrick Norman hat die Waffe, die ihn getötet hat, nicht selbst abgefeuert. Außerdem fanden sich Anzeichen eines Kampfes. Alle Hinweise besagen, dass er umgebracht wurde und der Täter versucht hat, den Mord als Selbstmord darzustellen.“

Er hielt einen Moment inne und holte Luft. Dies waren echte Fakten, die er gerade dargelegt hatte und sie sprachen Bände.

„Nur fünf Tage vor der Wahl. Patrick Norman, der Mann, der sämtliche Beweise für Susan Hopkins‘ dreckige Spielchen in der Hand hatte, wurde nur fünf Tage vor der Wahl ermordet.“

Die Menge explodierte in Ekstase. Das war es, was sie hören wollten, alles, was sie jemals gewollt hatten – etwas, das zu bestätigen schien, was sie schon immer über Susan Hopkins gewusst hatten. Sie war korrupt und sie schreckte nicht einmal davor zurück, jemanden umzubringen, um diese Tatsache zu verstecken.

Während die Menge jubelte, machte sich ein weiterer Sprechchor bemerkbar. Ein Slogan, der erst kürzlich geboren worden war. Der gefährlichste Spruch von allen, ein Spruch, den Gerry der Hai selbst über seine Gathering Storm-Anhänger hatte verbreiten lassen.

„SCHMEISST… SIE… RAUS! SCHMEISST… SIE… RAUS!“

Und dann passierte etwas Merkwürdiges und Wunderbares.

Während seine Anhänger nach Gewalt lechzten, flog eine weiße Taube vom Himmel hinab, schwebte kurz über Jefferson Monroe, und setzte sich dann auf seine rechte Schulter. Sie schlug ein paar Mal mit ihren Flügeln, beruhigte sich aber schnell und saß nun still da. Er hatte tatsächlich eine weiße Taube auf seiner Schulter. Die Menge konnte sich nicht mehr halten.

Es war wie Magie. Mehr noch, es war ein Zeichen. Ein Zeichen von Gott selbst.

Er bewegte sich vorsichtig, um die Taube nicht aufzuschrecken.

Denkt an den Vogel. Das hatte Gerry der Hai in sein Handy geschrien.

Monroe hob seinen linken Arm und versuchte, die Menge zu beruhigen. Es gelang, zumindest ein wenig.

„Das ist eine Friedenstaube“, sagte er. „Und so werden wir es anstellen, meine Lieben. Friedlich und mit Hilfe des Gesetzes. Wir werden die Gesetze der Vereinigten Staaten durchsetzen. Wir werden dafür sorgen, dass die Macht friedlich weitergegeben wird, so wie es seit den frühesten Tagen unserer Republik Tradition ist.

„Denn wir sind eine Nation, die auf Gesetzen gegründet ist. Susan Hopkins muss noch heute das Amt des Präsidenten abtreten und das Weiße Haus verlassen. Die Polizei von Washington, D.C., sowie der Gerichtsmediziner haben ihre Arbeit geleistet – sie haben festgestellt, dass Patrick Norman keinen Selbstmord begangen hat. Und jetzt ersuche ich das Justizministerium und das FBI, ihre Arbeit zu leisten – und eine Morduntersuchung gegen die Präsidentin einzuleiten.“

KAPITEL ZWÖLF

11:45 Uhr Eastern Daylight Time

Das Lagezentrum

Das Weiße Haus, Washington, D.C.


„Ein Haftbefehl?“, fragte Susan Hopkins. „Ist es das, was sie ausgestellt haben?“

Kurt Kimball drehte die Lautstärke herunter. Sie hatten gerade Jefferson Monroes Rede zum wiederholten Male angeschaut – Luke hatte sie jetzt schon drei Mal gehört.

Auch wenn seine Veranstaltung danach noch weitergegangen war, war der interessante Teil nach der Rede vorbei gewesen. Ein unbekannter Countrymusiker war auf die Bühne gekommen und hatte versucht, die Menge mit einem patriotischen Lied zu unterhalten, aber das Publikum hatte sich bereits nach wenigen Minuten verteilt.

Sie waren nicht für ein Konzert hergekommen – sie waren gekommen, um einer öffentlichen Hinrichtung beizuwohnen und man konnte fast behaupten, dass sie genau das bekommen hatten.

Jetzt schaute sich Luke im Lagezentrum um, um die verschiedenen Reaktionen zu beobachten. Der Raum war voll mit Menschen. Mitarbeiter der Wahlkampagne, der Geheimdienst, Susans eigene Leute, Angestellte der Vizepräsidentin, einige Politiker der Demokraten. Luke konnte nicht viel Kampfeswillen in ihren Augen entdecken. Manche von ihnen überlegten offensichtlich, wann der beste Zeitpunkt wäre, das Schiff zu verlassen, bevor es endgültig am Grund des Ozeans angelangt war.

Diese Art von Umgebung war Luke nicht gewohnt. Er fühlte sich fehl am Platze. Ihm war klar, dass es wichtige Entscheidungen gab, die die Leute hier treffen mussten, aber er hatte nicht die Geduld für diese Art von Arbeit. Sein typischer Prozess war so schnell wie möglich eine praktische Lösung zu finden und dann zu agieren. Kurt Kimball sah verwirrt aus. Kat Lopez wirkte ungläubig. Nur Susan wirkte ruhig.

Luke beobachtete Susan genau und fragte sich, wann sie wohl zusammenbrechen würde. Das war eine alte Gewohnheit, die er in Kriegsgebieten entwickelt hatte, insbesondere in Momenten, in denen sich seine Truppe sammeln musste – er hatte stets genau untersucht, wie viel seine Leute noch aushalten konnten. Stress war nicht zu unterschätzen, und viele Menschen brachen unter ihm zusammen. Manchmal passierte es nur langsam und schleichend, aber manchmal auch von einem Moment auf den nächsten. Egal wie, irgendwann hatte jeder genug, auch der stärkste und erfahrenste Krieger. Irgendwann schaltete jeder ab.

Aber Susan schien diesen Punkt noch nicht erreicht zu haben. Ihre Stimme war ruhig. Ihre Augen waren hart und unnachgiebig. Sie war nicht in der besten Verfassung, aber sie konnte noch kämpfen. Luke war froh darüber. Das würde es einfacher machen, an ihrer Seite zu stehen.

Kurt stand am Ende des Raumes, nahe der großen Leinwand, und schüttelte seinen aalglatten Kopf.

„Nein. Sie sind eine Person von Interesse in diesem Fall, aber keine Verdächtige. Die Polizei von Washington, D.C., genauer gesagt die Mordabteilung, haben lediglich ein Verhör angefragt. Sie hätten gerne, dass Sie in ihrem Hauptquartier erscheinen. Ihre Anwälte wären bei Ihnen. Trotz allem kann es natürlich sein, dass Sie während des Verhörs zu einer Verdächtigen werden. Und an diesem Punkt könnte man Sie verhaften.“

Kurt blickte zu einem der Anwälte des Weißen Hauses, ein adretter Herr in einem dreiteiligen Anzug und sandigem, wüsten Haar. Neben ihm standen zwei Assistenten.

„Stimmt das ungefähr so, Howard?“, fragte Kurt.

Howard nickte. „Ich würde ihnen im Moment kein Verhör gewähren und erst recht keines, bei dem Sie persönlich anwesend sind. Nicht hier und unter keinen Umständen in ihrem Hauptquartier. Wenn Sie auch nur einen Fuß da reinsetzen, werden Sie nur schwer wieder rauskommen, insbesondere so, wie die Dinge momentan stehen. Wenn sie ein Verhör wollen, können sie uns anrufen oder vielleicht eine Videokonferenz machen. Sie haben Besseres zu tun, Susan. Sie sind die Präsidentin der Vereinigten Staaten. Sie haben eine Verantwortung in diesem Fall, aber Sie haben auch jede Menge andere Dinge zu erledigen.“

„Verstärkt das nicht nur den Verdacht?“, fragte ein junger Mann in einem blauen Anzug und kurz geschorenen Haaren. Er saß direkt gegenüber von Luke. Er sah aus, als wäre er gerade mal 19 – und 19-jährige sahen für Luke heutzutage aus wie zwölf. „Ich meine, wir haben doch nichts zu verstecken. Da bin ich mir jedenfalls ziemlich sicher.“

„Agent Stone“, sagte Susan. „Kennen Sie meinen Wahlkampfleiter, Tim Rutledge?“

Luke schüttelte seinen Kopf. „Wir hatten noch nicht das Vergnügen.“

Sie reichten sich über den Tisch hinweg die Hände. Rutledge hatte einen starken Händedruck, vielleicht sogar zu stark, als hätte er in einem Buch gelesen, dass ein starker Händedruck einen guten Eindruck machen würde.

Rutledge sah Luke an. „Und was ist Ihre Rolle hier, Agent Stone?“

Luke blickte ihn ausdruckslos an. Er vermutete, dass es das Beste wäre, ehrlich zu sein.

„Das weiß ich auch nicht so genau.“

„Agent Stone ist Spezialagent. Er hat mein Leben schon mehr als ein Mal gerettet, und das Leben meiner Tochter. Ich würde sagen, er hat das Leben aller Anwesenden schon mal gerettet.“

„Für wen arbeiten Sie?“, fragte Rutledge.

Luke zuckte mit den Achseln. „Ich arbeite für die Präsidentin.“ Er hielt es nicht für nötig, seine Vergangenheit im Special Response Team, bei der Delta Force oder irgendetwas anderes zu erwähnen. Wenn dieser Junge etwas davon wissen wollte, würde er es schon herausfinden. Um ehrlich zu sein fühlte Luke sich seltsam distanziert von der Person, die er einst gewesen war. Er war sich nicht sicher, was er hier überhaupt machte.

„Nun, ich arbeite ebenfalls für die Präsidentin“, sagte Rutledge. „Und ich kann Ihnen sagen, dass diese Anschuldigungen, oder was auch immer das sein soll, nicht wahr sind. Nicht ein Wort. Susan hatte nichts mit dem Mord an diesem Mann zu tun. Die Kampagne und Pierre eben so wenig. Es gibt keine Korruption. Pierres gemeinnützige Organisationen sind lupenrein. Das weiß ich, weil wir von der Kampagne selbst versucht haben herauszufinden, wo unsere potenziellen Schwächen liegen. Finanziell gesehen gibt es quasi keine. Ich weiß, dass es ein paar persönliche Dinge gibt, die uns angreifbar machen, aber auf professioneller Ebene ist Pierres Weste so weiß wie sie nur sein kann.“

„Kannten Sie das Opfer?“, fragte Kurt.

Rutledge zuckte mit den Schultern. „Ob ich ihn kannte? Nein. Ich habe von ihm gehört, aber ich habe ihn nie getroffen oder mit ihm gesprochen. Pierres Sicherheitsdirektor hat unsere Kampagne vor knapp neun Monaten vor ihm gewarnt. Es hatte mehrere Hackversuche auf Datenbanken der Firma gegeben, die sich allesamt zu Normans Detektei haben zurückverfolgen lassen. Ziemlich stümperhaft. Ab dem Zeitpunkt haben Pierres Leute vermutet, dass Norman für Monroe arbeitet, aber niemand hat sich ernsthafte Sorgen darüber gemacht. Und wir wollten ihn garantiert nicht umbringen. Wie ich schon gesagt habe, es gab einfach nichts, was er hätte finden können. Bedenken Sie, dass das alles im Kontext des letzten Sommers stattfand. Niemand hat zu dem Zeitpunkt ernsthaft daran geglaubt, dass ein Verrückter wie Jefferson Monroe tatsächlich Präsident der Vereinigten Staaten werden könnte.“

Drei Sitze von Rutledge entfernt hob jemand die Hand. Er war ein schwächlich wirkender Mann mittleren Alters mit lichtem Haar. Er hatte eine lange Nase und kein nennenswertes Kinn. Er war dünn und Muskeln suchte man an ihm vergeblich. Er trug einen schlechtsitzenden grauen Anzug, in dem er nahezu unterzugehen schien. Aber er hatte harte, funkelnde Augen. Er war eine der anwesenden Personen, die auf jeden Fall keine Angst hatte.

Komischerweise trug er einen Hallo, mein Name ist Sticker vorne an seinem Anzug. Auf ihm stand in dicken krakeligen Buchstaben Brent Staples.

Luke kannte den Namen. Er war ein Wahlkampfstratege vom alten Schlag, ein Öffentlichkeitsarbeitsexperte. Luke meinte sich zu erinnern, dass er und Susan sich einmal zerstritten hatten, aber scheinbar hatten sie sich für den Wahlkampf wieder vertragen. Nicht, dass es Susan geholfen hätte.

„Ich hasse es, das zuzugeben“, sagte er und Luke konnte ihm ansehen, dass eigentlich genau das Gegenteil der Fall war. „Aber Jefferson Monroe sieht immer weniger verrückt aus, während wir Anwesenden hier zu den Verrückten werden.“

„Was wollen Sie damit sagen, Brent?“, fragte Susan.

„Ich möchte damit sagen, dass Sie sich ziemlich weit aus dem Fenster lehnen, Susan. Sie sind ganz allein und befinden sich in einer schwierigen Situation. Ich möchte sagen, dass Sie sich vom amerikanischen Volk abschotten. Aus der Sicht des Durchschnittsbürgers haben Sie die Wahl verloren, auch wenn es weh tut. Vielleicht hat Ihr Wahlkampfgegner mit gezinkten Karten gespielt. Aber noch weiß niemand, ob das wirklich der Wahrheit entspricht und wenn ja, welchen Einfluss es tatsächlich hatte. In der Zwischenzeit sagen Sie, dass Sie Ihr Amt nicht abtreten werden. Außerdem ist ein Mann ermordet worden, der Sie untersucht hat. Und es scheint, als wollten Sie der Polizei ein Verhör verweigern. Meine Frage an Sie lautet wie folgt: Wer sieht momentan wie der Verbrecher aus? Wer fängt an, wie ein Verrückter auszusehen?“

Kat Lopez stand in der Ecke des Raums. Sie schüttelte ihren Kopf und starrte Brent Staples an. „Brent, Sie gehen zu weit. Sie wissen, dass Susan niemanden ermordet hat. Sie wissen, dass das nur eine Show von Monroe und seinem Attentäter Gerry O’Brien ist.“

„Ich sage Ihnen nur, wie die Dinge wirken“, sagte Staples. „Nicht wie sie tatsächlich sind. Ich kenne die Wahrheit nicht und um ehrlich zu sein, spielt sie auch gar keine große Rolle. Es spielt nur eine Rolle, wie es aussieht.“

Er blickte sich im Raum um und schien jemanden zu suchen, der es wagen würde, ihm zu widersprechen.

Der junge Tim Rutledge nahm die Herausforderung an. „Für mich sieht es so aus, als hätten sie ihren eigenen Detektiv ermordet, um Susan die Sache anzuhängen“, sagte er. „Für mich sieht es so aus, als hätten sie die Wahl durch Stimmenunterdrückung und Betrug gestohlen. So wirkt die ganze Sache auf mich.“

Luke entschied sich endlich, auch etwas dazu zu sagen. Er hatte erkannt, was an dieser Besprechung falsch lief. Vielleicht würde es helfen, wenn er sie darauf hinwies.

„Für mich scheint es“, sagte er langsam, „als müssten Sie die Initiative wiedergewinnen.“

Alle Augen richteten sich langsam auf ihn.

„Denken Sie von der Situation wie von einem Kampf, einer Schlacht. Sie sind auf der Flucht. Sie sind durcheinander. Ihr Feind agiert und Sie reagieren. Bis Sie reagiert haben, macht Ihr Feind bereits etwas anderes. Er ist am Zug und Sie sind durcheinander und rennen wie wild davon. Sie müssen sich einen Gegenangriff überlegen, Ihren Feind auf dem Hinterfuß erwischen und die Initiative zurückgewinnen.“

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