Köder Null - Джек Марс 6 стр.


„Warum ist das komisch?“, wehrte sich Null.

„In dieser Familie?“ Sara schnaubte. „Das ist komisch.“

„Aua.“ Null hielt sich eine Hand über sein Herz und spielte einen Herzinfarkt vor. „Tut mir so leid, dass ich versuche, das Leben jener zu bereichern, die ich liebe.“

„Ich traue dem Ganzen nicht“, flüsterte Sara ihrer Schwester zu.

„Wo warst du letzte Woche?“

Die Frage kam so plötzlich, dass es Null fast aus den Socken riss. Seine Älteste starrte ihn mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue an und wartete.

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich in Kalifornien war…“

„Klar“, erwiderte Maya, „du hattest einen Termin mit einem Spezialisten für deine Hand.”

„Genau.“

„Ich habe unsere Krankenversicherung angerufen und die sagten mir, dass keine Papiere eingereicht wurden“, sagte Maya gelassen. „Es wurde keine Selbstbeteiligung bezahlt. Also … wo warst du letzte Woche?“

Ich ortete einen desertierten CIA-Ingenieur, um herauszufinden, ob er mir sagen könnte, warum mein eigenes Gehirn versucht, mich umzubringen. Das war die Wahrheit, doch er würde sie ihnen nicht sagen - schließlich wusste man nie, ob seine Wohnung verwanzt war. Allerdings hatten die Mädchen auch keine Ahnung von seinen verlorenen Erinnerungen, den Problemen, die ihn kürzlich heimsuchten, oder der finsteren Warnung, die Guyer ausgesprochen hatte.

Stattdessen zwang er sich zu einem schüchternen Lächeln und entgegnete: „Vielleicht geht dich das gar nichts an.“

Maya imitierte sein falsches Lächeln perfekt. „Vielleicht solltest du deine Töchter nicht anlügen.“

„Vielleicht versuche ich so, auf sie aufzupassen.“

„Vielleicht brauchen sie das gar nicht.“

„Vielleicht -“

Ein lautes Klopfen an der Tür unterbrach ihn. Zu Nulls Leidwesen griff er immer noch sofort instinktiv zur Glock, die in der Besteckschublade versteckt war. Trotz der vielen Male, die man schon in sein Zuhause eingebrochen hatte, musste er sich immer wieder daran erinnern, dass Terroristen nicht anklopften. Er zwang seine Muskeln dazu, sich zu entspannen, und erholte sich von dem Schreck, während Maya rief: „Es ist offen!“

Die Wohnungstür ging auf und eine Frau trat ein. Sie war zwei Jahre jünger als Null, noch nicht vierzig, doch man könnte sie auch leicht zehn Jahre jünger schätzen. Wenn sie nicht auf einem Einsatz waren, trug sie ihr volles, blondes Haar offen. Die Art, wie es ihr um die Schultern fiel, umrahmte perfekt ihr Gesicht und ihre schiefergrauen Augen. Sie trug enge Jeans, schwarze Stiefel und einen schwarzen Daunenmantel. Null hatte sie in ihren schönsten Momenten in Abendkleidung und Kleidern gesehen, aber auch in den schlimmsten, als ihr Gesicht blutverschmiert war und sie eine Waffe in der Hand hielt. Trotzdem schlug sein Herz jedes Mal, wenn er sie sah, etwas höher.

Maria ging zur Küche, küsste Null auf die Wange und legte eine weiße Schachtel auf die Theke. „Guten Morgen zusammen! Ich habe Croissants mitgebracht.“

„Genial.“ Maya nahm eins und biss hinein. „Ich kann vor dem Joggen Kohlenhydrate gut gebrauchen.“

„Aber die Frittata“, murmelte Null.

„Maria, sag du doch mal“, meldete sich Sara zu Wort. „Ist Dad in letzter Zeit komisch?“

Maria runzelte die Stirn. „Komisch? Ich weiß nicht, ob ich es komisch nennen würde. Aber schon anders. Vielleicht glücklicher?“

„Sag ich doch.“ Sara nahm ein Croissant.

„Bleibst du?“, fragte Null sie, während er sein unbeliebtes Omelette-ähnliches Gericht auf einen Teller schob.

„Wollte nur kurz auf dem Weg vorbeischauen“, erwiderte Maria. „Ich muss nach Langley.“

„An einem Samstag?“ Null hob eine Augenbraue an.

Sie zuckte mit einer Schulter. „Papierkram.“

„Papierkram“, wiederholte er. Er wusste ganz genau, dass es keinen Papierkram gab. „Papierkram“ war die Ausrede, die sie einander erzählten, wenn sie nicht die Wahrheit sagen konnten, doch nicht lügen wollten - natürlich war es ironisch, dass „Papierkram“ eine komplette Lüge war.

„Und wo warst du letzte Woche?“, fragte Maria mit einer gefälschten Unschuld.

Null grinste. „Papierkram.“

„Touché.“

Maria wusste nicht, dass Null Bixby ausfindig gemacht hatte, und er wollte, dass dies so blieb.

Er wechselte schnell das Thema. „Sehen wir uns heute Abend?“

„Ganz bestimmt.“ Sie lächelte und nahm ein Croissant aus der Schachtel. „Jetzt muss ich aber los. Ich nehme eins mit. Wir sprechen uns später.“

„Ich muss auch los“, fügte Maya hinzu.

„Ich gehe duschen“, verkündete Sara.

„Heee, wartet!“, rief Null, als sie versuchten, alle gleichzeitig aus der Küche zu stürmen. „Wartet doch mal einen Moment.“ Drei erwartungsvolle Gesichter wandten sich zu ihm um. „Äh, ich meine … in ein paar Tagen ist Valentinstag. Also macht da bitte noch keine Pläne.“

Sie blickten einander an. „Wer?“, wollte Maya wissen.

„Ihr alle. Jeder von euch. Ich möchte ihn mit allen drei Frauen in meinem Leben verbringen.“

„Na … in Ordnung. Klar.“ Maya nickte.

„Klingt toll“, stimmte Maria zu.

„Wie ich schon sagte“, murmelte Sara. „Komisch.“

Und dann waren sie weg, die Haus- und Badezimmertüren schlossen sich fast gleichzeitig hinter ihnen.

Null sah seine Frittata an und seufzte. „Jetzt sind wir nur noch zu zweit, meine Liebe.“ Er nahm den Teller und setzte sich an die kleine Küchentheke.

Nach außen schien alles wunderbar in seinem Leben. Er und Maria waren offiziell wieder zusammen und während der letzten zwei Monate fühlte es sich so an, als ob ihre Beziehung wieder ganz von vorne begänne. Er behielt die Wohnung in Bethesda und sie lebte immer noch in dem kleinen Bungalow, den sie einst gemeinsam bewohnt hatten. Aber wer konnte es schon sagen? Vielleicht würden sie bald wieder zusammenleben. Beide seiner Mädchen wohnten bei ihm, was ihm gefiel. Er gab sich große Mühe, ihnen Freiraum zu gewähren und sie ihre eigenen Entscheidungen treffen zu lassen - schließlich war eine jetzt erwachsen und die andere technisch gesehen emanzipiert. Egal wie komisch sie ihn fanden, sie hatten ganz bestimmt die positive Veränderung in seinem Verhalten bemerkt.

Er hatte sich auch wirklich verändert. Null bemühte sich ernsthaft darum, sich zu bessern. Dazu gehörten seine Kochkünste, mehr Zeit mit den Mädchen zu verbringen, lustige Familienaktivitäten zu organisieren und Maria so viel wie möglich miteinzubeziehen. Er wollte das Leben voll auskosten … weil er keine Ahnung hatte, wie lange er noch leben würde.

Guyer wusste es nicht. Bixby auch nicht. Und wenn die zwei schlausten Köpfe, die er jemals getroffen hatte, ihm keine Antworten geben konnte, dann bezweifelte er, dass es sonst jemand auf dem Planeten könnte. Er würde weiter Erinnerungen vergessen. Neue kämen hin und wieder herauf, wie die Erinnerungen an die Attentate, die er während seiner ersten Jahre als inoffizieller Agent der CIA ausübte. Doch er hatte sich dazu entschieden, nach vorn zu blicken, nicht zurück. Seine Vergangenheit lag hinter ihm, seine Zukunft war fraglich.

Er wusste, was er tun musste: Er musste den Agenten finden, von dem ihm Bixby erzählt hatte. Dieser Mann namens Connor, dem der Gedächtnishemmer implantiert worden war. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Mann noch lebte, war gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass Null ihn finden würde, noch viel geringer.

Er musste es trotzdem versuchen. Und gleichzeitig musste er weiter versuchen, das meiste aus der Zeit zu machen, die ihm noch blieb. Er wollte einen positiven Einfluss auf die Leben seiner geliebten Menschen haben. Er musste wissen, dass sie sich nach seinem Tod an diese Zeit erinnern würden. Dies war die Version von ihm, an die sie sich gerne erinnern würden.

Denn letztendlich würde sein Gehirn ihn umbringen - falls es der Schmerz, so viele Geheimnisse für sich zu behalten, wo er doch Aufrichtigkeit versprochen hatte, das nicht zuerst schaffte.

KAPITEL VIER

Maria Johansson zog ihre Schlüsselkarte durch den vertikalen Schlitz in der Wand eines weißen Gangs aus Betonstein in einem Untergeschoss des CIA-Hauptquartiers in Langley. Man hörte ein lautes Summen, dann schob sich ein schwerer, elektronischer Bolzen zurück und schließlich entriegelte sich die Stahltür mit einem schweren Klonk.

Dies war nur eines der vier Untergeschosse unter dem George-Bush-Center für Geheimdienst - vier von denen sie wusste, es gab wahrscheinlich andere, die sie nicht kannte. Selbst als eine ehemalige stellvertretende Direktorin wurde sie nicht in alle Geheimnisse der Agentur eingeweiht. Sie war auch nicht naiv genug, um zu glauben, dass das jemals geschähe.

Trotzdem grenzte es an ein kleines Wunder, dass ihre Schlüsselkarte noch funktionierte. Nachdem sie letzten November die chinesische Rebellengruppe und ihre Ultraschallwaffe aufgehalten hatte, war sie von ihrem Posten zurückgetreten und hatte wieder ihr Leben als Geheimagentin aufgenommen. Sie hatten aber noch nicht den Zugang auf Geheiminformationen widerrufen, den sie in ihrer damaligen Stellung gehabt hatte.

Und sie war sich ziemlich sicher, dass sie den Grund dafür kannte.

Maria drückte die Tür hinter sich zu und nickte dem Sicherheitswärter im grauen Anzug zu, der hinter einem beigen Schreibtisch saß und eine Sportzeitschrift las. „Guten Morgen, Ben.“

„Ms. Johansson.“ Der ehemalige Agent machte keine Anstalten, sich zu bewegen, geschweige denn ihren Ausweis zu überprüfen und ihre Schlüsselkarte zu scannen.

„Sollte ich mich anmelden…?“, fragte sie nach einem Moment peinlicher Stille.

Ben grinste. „Ich glaube, ich kann mich seit letztem Donnerstag noch daran erinnern, wie Sie aussehen.“ Er zeigte mit dem Kinn in Richtung Gang. „Gehen Sie einfach nach hinten.“

„Danke.“

Die Absätze ihrer Stiefel klackten gegen den gekachelten Boden und hallten aus leeren Zellen wider, während sie auf die letzte links in dem Gang zulief. Es gab keine anderen Gefangenen in diesem Untergeschoss, es sollte eigentlich ein vorübergehender Haftraum sein, in dem man normalerweise einheimische Terroristen, Kriegsverbrecher, Deserteure und den gelegentlichen verräterischen Spion verwahrte. Es war ein kurzer Halt auf dem Weg zu viel schlimmeren Orten, wie Hölle Sechs in Marokko - oder ein einfaches Loch in der Erde.

Sie hasste es, Null anzulügen. So nannte sie ihn dieser Tage, Null. Er hatte sie letzten Monat darum gebeten, ihn nicht mehr Kent zu nennen. Es nannte ihn sowieso niemand bei seinem ehemaligen CIA-Alias, er war einfach nicht mehr Kent Steele. Und fast niemand, mit dem er regelmäßig zu tun hatte, nannte ihn bei seinem wirklichen Namen, Reid Lawson. Er war einfach Agent Null. Verdammt, selbst der Präsident nannte ihn Null. Also tat Maria es auch.

Obwohl „Papierkram“ technisch gesehen keine Lüge ist, dachte sie still bei sich. Es war ihr Codewort für „es ist ein Geheimnis und ich würde es bevorzugen, wenn du mich nicht danach fragst.“ Gerade letzte Woche hatte er selbst den Mädchen erzählt, dass er nach Kalifornien ginge. Ihr hatte er gesagt, dass er sich um etwas „Papierkram“ kümmern müsste.

Also stellte sie keine Fragen. Nun ja, sie hatte ihn an diesem Morgen ganz schön gedrängt, doch es war nicht ernst gemeint. Außerdem: was sonst hätte sie ihm sagen sollen? Seit ein paar Monaten besuche ich einen CIA-Gefangenen und Mörder und es ist mir peinlich, es zuzugeben.

Natürlich nicht. Das klang fürchterlich.

Die Zelle war dreieinhalb auf dreieinhalb Meter groß. Der Boden und die Decke waren aus Zement und die Wände waren nicht vergittert, sondern bestanden aus vier Zentimeter dickem Sicherheitsglas. Ein Bereich mit Löchern mit einem Zentimeter Durchmesser an der Seite des Ganges ermöglichte das Gespräch mit dem Gefangenen darin. Es gab keine Fenster, doch noch viel schlimmer war es, dass man keine Tür erkennen konnte. Maria war sich nicht einmal sicher, wie man in die Zelle kam. Eine versteckte Platte in einer der Glaswände wahrscheinlich, doch es war absolut nicht erkennbar. Das war ein psychologischer Trick, um dem Gefangenen zu zeigen, dass es wirklich keine Flucht gab.

Marias Herz brach jedes Mal ein wenig, wenn sie diese Glaswand sah. Obwohl außer Ben, dem Wächter, sonst niemand da war - wahrscheinlich im ganzen Untergeschoss nicht - hatte man so keine Privatsphäre. In der Zelle stand eine kleine Pritsche mit Decke und Kopfkissen, ein winziger WC-Bereich mit einem Waschbecken, einer Toilette und einem Duschkopf - alles stand offen da - und ein einzelner Stahlstuhl, der in den Boden verschraubt war.

Doch heute saß die Bewohnerin der Zelle im Schneidersitz auf dem kalten Zementboden in der Mitte der Zelle. Dies war der offenste Teil ihres winzigen Lebensraumes. Maria nahm an, dass sie sich so ein Gefühl von Freiraum verschaffte.

„Guten Morgen“, sagte Maria. Sie musste ein wenig lauter als normal sprechen, damit das Mädchen sie durch die Löcher in der Glaswand hören könnte.

„Hallo.“ Zu Beginn drehte sich Mischa nicht, um sie anzusehen. Doch so war sie, so hatte sie sich benommen, seit Maria anfing, sie zu besuchen. Sie spielte die Unnahbare, zumindest für eine kleine Weile. Vielleicht stimmte das auch nicht, sondern sie gewöhnte sich an Maria.

Das Mädchen war zwölf, blond und hatte grüne Augen. Maria fand sie hübsch, doch die ausdruckslose Fassade, die sie für gewöhnlich trug, ließ ihre Gesichtszüge flach wirken. Sie trug einen einfachen blauen Polyester/Baumwoll-Krankenhauskittel, wie eine Schwester in der Notaufnahme. Er hatte keine Taschen oder Reißverschlüsse, nichts aus Metall.

Sie war barfuß. Normalerweise war ihre Laune missmutig, sie sprach wenig und konnte einen Mann, der drei Mal so groß wie sie war, ohne großen Aufwand töten. Das letzte Mal, als Maria sie ohne eine vier Zentimeter dicke Glaswand zwischen ihnen gesehen hatte, hatte sie tatsächlich versucht, sie und Null umzubringen.

„Ich habe dir was mitgebracht”, sagte Maria auf Russisch. Sie war sich nicht sicher, woher das Mädchen ursprünglich kam, doch sie sprach Englisch perfekt akzentfrei. Während vieler Besuche hatte Maria entdeckt, dass sie ebenso gut in Russisch, Ukrainisch und Chinesisch war.

Auf der Höhe von Marias Ellenbogen befand sich eine rechteckige Klappe in der Glaswand mit einer Schlinge als Griff. Sie zog sie auf und legte das Croissant hinein, das sie zuvor aus Nulls Wohnung mitgenommen hatte. Die Klappe auf der anderen Seite - auf Mischas Seite - war so eingestellt, dass sie nicht zur gleichen Zeit geöffnet werden konnte. Nicht, dass das etwas ausmachte. Das Mädchen nahm niemals etwas von dem Essen an, das sie mitbrachte, bis Maria wieder weg war.

„Das sollte noch warm sein“, fügte sie hinzu.

Spasiba,“ sagte Mischa, fast unmerklich. Danke.

„Bekommst du genug zu essen?“

Das Mädchen zuckte nur mit einer Schulter.

Maria schloss ihre Augen für einen Moment, um die Tränen herunterzuschlucken, die plötzlich aus ihr strömen wollten. Sie wusste nicht, warum sie bei jedem Besuch so rührselig wurde. Mindestens ein Mal bei jedem Besuch überkam sie eine Welle tiefster Traurigkeit darüber, dass ein so junges Mädchen in einer Haftzelle im Untergeschoss saß.

Mischa hatte der chinesischen Gruppe mit der Ultraschallwaffe angehört. Ihr Vormund war eine rothaarige Russin gewesen, eine ehemalige Geheimagentin namens Samara, die zu den Chinesen übergelaufen war, um einen Terroranschlag auf amerikanischem Boden zu planen, der wie ein Angriff der Russen aussehen sollte. Samara und ihre Kollegen waren jetzt tot. Nur Mischa hatte überlebt. Allerdings hatte sich kein Land der Welt wegen ihr gemeldet. Die ganze Welt stritt jede Kenntnis von ihr ab.

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