Эликсиры Сатаны. Уровень 2 / Die Elixiere des Teufels - Гофман Эрнст Теодор Амадей 2 стр.


Einst hat der Prior viel Merkwürdiges mit mir gesprochen über das profane Leben. Ich fühlte mich erglühen. Der Konzertmeister hatte eine Schwester, nicht schön, aber doch, in der höchsten Blüte stand. Es war ein reizendes Mädchen. Sie hatte die schönsten Arme, den schönsten Busen in Form und Kolorit.

Eines Morgens, als ich zum Konzertmeister gehen wollte, überraschte ich die Schwester im leichten Morgenanzug, mit beinahe ganz entblößter Brust. Schnell warf sie zwar das Tuch über, aber doch schon zu viel hatten meine gierigen Blicke erhascht. Ich konnte kein Wort sprechen. Meine Brust war krampfhaft zusammengepresst und wollte zerspringen. Jetzt bei der verfänglichen Frage des Priors sah ich des Konzertmeisters Schwester mit entblößtem Busen vor mir stehen. Ich fühlte den warmen Hauch ihres Atems, den Druck ihrer Hand meine innere Angst stieg mit jedem Moment. Leonardus sah mich mit einem gewissen ironischen Lächeln an, vor dem ich erbebte. Ich konnte seinen Blick nicht ertragen, ich schlug die Augen nieder, da klopfte mich der Prior auf die glühenden Wangen und sprach:

»Ich sehe, mein Sohn, dass Sie mich gefasst haben und dass es noch gut mit Ihnen steht. Der Herr bewahrt Sie vor der Verführung der Welt. Die Genüsse sind von kurzer Dauer.«

Ein Abend sollte diesen zweifelhaften Zustand entscheiden. Der Konzertmeister hat mich zu einer musikalischen Unterhaltung eingeladen. Außer seiner Schwester waren noch mehrere Frauenzimmer, und dieses steigerte die Befangenheit, die mir schon bei der Schwester allein den Atem versetzte. Sie war sehr reizend gekleidet, sie kam mir schöner als je vor. Das sah eins von den Frauenzimmern, die ging zu des Konzertmeisters Schwester und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Nun schauten sie beide auf mich und lachten höhnisch! Ich war wie vernichtet, ein Eisstrom goß sich durch mein Inneres. Ich war im Begriff, mich durch das Fenster zu stürzen. Zum Glück verhinderten mich die Eisenstäbe daran, mein Zustand war in der Tat entsetzlich.

Eine innere Scham, die ich nicht überwinden konnte, hielt mich zurück, ihm die Wahrheit zu sagen. Dagegen erzählte ich ihm mit dem Feuer die wunderbaren Begebenheiten meiner Kinderjahre. Leonardus hörte mich ruhig an, und ohne gerade gegen meine Visionen Zweifel vorzubringen, schien er doch sie nicht sonderlich zu beachten. Leonardus sprach sanft lächelnd:

»Mein Sohn, der Unglaube ist der ärgste Aberglaube«, und fing ein anderes Gespräch von fremden, gleichgültigen Dingen an.

Meine Mutter schrieb mir, dass der weltgeistliche Stand mir nicht genügen, sondern dass ich das Klosterleben erwählen werde. Auch die Fürstin war mit meinem Vorhaben ganz einverstanden. Beide sah ich noch einmal vor meiner Einkleidung und sehr bald erfolgte. Ich nahm auf Veranlassung der Vision meiner Mutter den Klosternamen Medardus an.

»Worüber erfreuest du dich so, mein Bruder?« fragte Cyrillus.

»Soll ich denn nicht froh sein, wenn ich der Welt und ihrem Tand entsage?« antwortete ich.

Doch dies war die letzte Anwandlung irdischer Selbstsucht.

Schon fünf Jahre war ich im Kloster, als nach der Verordnung des Priors mir der Bruder Cyrillus die Aufsicht über die reiche Reliquienkammer des Klosters übergeben sollte. Der Bruder Cyrillus machte mich mit jedem Stück sowie mit den Dokumenten bekannt. Er stand rücksichts der geistigen Ausbildung unserm Prior an der Seite.

»Sollten denn, lieber Bruder Cyrillus«, sagte ich, »alle diese Dinge wahrhaftig das sein, wofür man sie ausgibt? Sollte auch hier nicht die betrügerische Habsucht manches untergeschoben haben, was nun als wahre Reliquie dieses oder jenes Heiligen gilt?[6]«

Dem Bruder Cyrillus entging diese Wirkung seiner Rede nicht. Er fuhr nun fort, mit größerem Eifer und mit sprechender Innigkeit mir die Sammlung Stück vor Stück zu erklären. Endlich nahm er aus einem wohlverschlossenen Schranke ein Kistchen heraus und sagte:

»Hierinnen, lieber Bruder Medardus! ist die geheimnisvollste, wunderbarste Reliquie enthalten, die unser Kloster besitzt. Solange ich im Kloster bin, hat dieses Kistchen niemand in der Hand gehabt als der Prior und ich. Ich kann die Kiste nicht ohne inneren Schauer anrühren. Das, was darinnen enthalten, stammt unmittelbar von dem Widersacher her, aus jener Zeit, als er noch sichtlich gegen das Heil der Menschen kämpfen konnte.«

Dir ist das Leben des heiligen Antonius zur Genüge bekannt. Du weißt, dass er in die Wüste zog, um sich von allem Irdischen zu entfernen, um seine Seele ganz dem Göttlichen zuzuwenden. Der Widersacher verfolgte ihn und trat ihm oft sichtlich in den Weg, um ihn in seinen frommen Betrachtungen zu stören. So kam es denn, dass der heilige Antonius einmal in der Abenddämmerung eine finstere Gestalt wahrnahm, die auf ihn zuschritt. In der Nähe erblickte er zu seinem Erstaunen, dass aus den Löchern des zerrissenen Mantels Flaschenhälse hervorguckten. Es war der Widersacher, der in diesem seltsamen Aufzug ihn höhnisch anlächelte. Er fragte, ob er nicht von den Elixieren kosten konnte. Der heilige Antonius war nicht mehr imstande, sich auf irgendeinen Kampf einzulassen. Er fragte ihn, warum er denn so viele Flaschen und auf solche besondere Weise bei sich trug. Da antwortete der Widersacher:

»Siehe, wenn mir ein Mensch begegnet, so schaut er mich verwundert an. Unter so vielen Elixieren findet er ja wohl eins, was ihm recht mundet, und er säuft die ganze Flasche aus und wird trunken und ergibt sich mir[7].

So weit steht das in allen Legenden. In diesem Kistchen befindet sich nun aus dem Nachlass des heiligen Antonius eine solche Flasche mit einem Teufelselixier. Die Dokumente sind so authentisch und genau, dass wenigstens daran, dass die Flasche wirklich nach dem Tod des heiligen Antonius unter seinen Sachen gefunden wurde, kaum zu zweifeln ist. Übrigens kann ich versichern, lieber Bruder Medardus! dass, so oft ich die Flasche berühre, mich ein unerklärliches inneres Grauen anwandelt. Ich spüre ganz seltsamen Duft, der mich betäubt und zugleich eine innere Unruhe des Geistes. Dir, lieber Bruder Medardus, der du noch so jung bist, der du noch alles in glänzenderen, lebhafteren Farben erblickst, der du noch wie ein tapferer, aber unerfahrner Krieger zwar rüstig im Kampf, aber vielleicht zu kühn, deiner Stärke zu sehr vertraust, rate ich, das Kistchen öffnete man niemals oder wenigstens erst nach Jahren.«

Der Bruder Cyrillus verschloß die geheimnisvolle Kiste wieder in den Schrank und übergab mir den Schlüsselbund. Als Cyrillus mich verlassen hat, übersah ich noch einmal die mir anvertrauten Heiligtümer, dann löste ich aber das Schlüsselchen ab und versteckte es tief unter meinen Skripturen im Schreibpulte.

Der Heiligentag kam heran, die Kirche war besetzter als gewöhnlich. Am Anfang blieb ich meiner Handschrift getreu. Leonardus sagte mir nachher, dass ich mit zitternder Stimme gesprochen habe. Bald aber war es, als strahle der glühende Funke himmlischer Begeisterung durch mein Inneres. Ein religiöser Wahn hat die Stadt ergriffen, alles strömte bei irgendeinem Anlass, auch an gewöhnlichen Wochentagen, nach dem Kloster, um den Bruder Medardus zu sehen, zu sprechen.

Da keimte in mir der Gedanke auf, ich bin ein besonders Erkorner des Himmels.

Es war mir nun gewiss, dass der alte Pilgram in der heiligen Linde der heilige Joseph, der wunderbare Knabe aber das Jesuskind selbst gewesen, das in mir den Heiligen begrüßt hat. Leonardus wurde sichtlich kälter gegen mich. Er vermied, mit mir ohne Zeugen zu sprechen, aber endlich brach er los:

»Nicht verhehlen kann ich es dir, lieber Bruder Medardus, dass du seit einiger Zeit durch dein ganzes Betragen mir Mißfallen erregst. Es ist etwas in deine Seele gekommen, das dich dem Leben in frommer Einfalt abwendig macht. In deinen Reden herrscht ein feindliches Dunkel. Lass mich offenherzig sein! Du trägst in diesem Augenblick die Schuld unseres sündigen Ursprungs! Der Beifall nach jeder Anreizung lüsterne Welt gezollt, hat dich geblendet. Du siehst dich selbst in einer Gestalt, die nicht dein eigen, sondern ein Trugbild ist, welches dich in den verderblichen Abgrund lockt. Gehe in dich, Medardus! entsage dem Wahn, der dich betört ich glaube ihn zu kennen! schon jetzt ist dir die Ruhe des Gemüts entflohen. Lass dich warnen, weiche aus dem Feinde, der dir nachstellt. Sei wieder der gutmütige Jüngling, den ich mit ganzer Seele liebte.«

Tränen quollen aus den Augen des Priors, als er dies sprach. Aber nur feindselig waren seine Worte in mein Innres gedrungen. Stumm blieb ich vom innern Groll ergriffen bei den Zusammenkünften der Mönche. Je mehr ich mich nun von Leonardus und den Brüdern entfernte, mit desto stärkeren Banden wusste ich die Menge an mich zu ziehen. Am Tage des heiligen Antonius war die Kirche so gedrängt voll, dass man die Türen weit öffnen musste. Nie habe ich kräftiger, feuriger, eindringender gesprochen. Da fiel in der Kirche mein umherschweifender Blick auf einen langen, hageren Mann, der sich an einen Eckpfeiler lehnte. Er hat auf seltsame, fremde Weise einen dunkelvioletten Mantel umgeworfen. Sein Gesicht war leichenblass, aber der Blick der großen, schwarzen, stieren Augen fuhr wie ein glühender Dolchstich durch meine Brust. Mich durchbebte ein unheimliches, grauenhaftes Gefühl. Die ganze Gestalt hatte etwas Furchtbares Entsetzliches! Ja! Es war der unbekannte Maler aus der heiligen Linde. Ich fühlte mich wie von eiskalten, grausigen Fäusten gepackt. Da schrie ich auf in der Höllenangst wahnsinniger Verzweiflung:

»Ha Verruchter! hebe dich weg! hebe dich weg denn ich bin es selbst! ich bin der heilige Antonius!«

Als ich aus dem bewußtlosen Zustand wieder erwachte, befand ich mich auf meinem Lager. Der Bruder Cyrillus saß neben mir. Das schreckliche Bild des Unbekannten stand mir noch lebhaft vor Augen. Aber je mehr der Bruder Cyrillus, dem ich alles erzählte. Er wollte mich überzeugen, dass es nur ein Gaukelbild meiner erhitzten Phantasie war. Ich fühlte bittre Reue und Scham über mein Betragen auf der Kanzel. Niemand erblickte übrigens den Mann im violetten Mantel. Der Prior Leonardus verbreitete nach seiner anerkannten Gutmütigkeit auf das eifrigste überall, wie es nur der Anfall einer hitzigen Krankheit war. Wirklich war ich auch noch krank, als ich nach mehreren Wochen wieder in das gewöhnliche klösterliche Leben eintrat. Dennoch unternahm ich es, wieder die Kanzel zu besteigen. Aber ich war von der entsetzlichen bleichen Gestalt verfolgt. Meine Predigten waren gewöhnlich steif zerstückelt.

Nach einiger Zeit begab es sich, dass ein junger Graf und seine Hofmeister unser Kloster besuchte und die vielfachen Merkwürdigkeiten sehen wollte. Ich musste die Reliquienkammer aufschließen. Wir traten hinein, als der Prior abgerufen wurde. Ich blieb mit den Fremden allein. Der Graf ergoss sich in allerlei witzigen Anmerkungen und Einfällen über den komischen Teufel.

»Haben Sie an leichtsinnigen Weltmenschen kein Ärgernis, ehrwürdiger Herr! Sein Sie überzeugt, dass wir beide, ich und mein Graf, die Heiligen als herrliche, von der Religion hoch begeisterte Menschen verehren.«

Unter diesen Worten hat der Hofmeister den Schieber des Kistchens schnell aufgeschoben und die schwarze, sonderbar geformte Flasche herausgenommen. Es verbreitete sich wirklich, wie der Bruder Cyrillus es mir gesagt, ein starker Duft.

»Ei«, rief der Graf, »ich wette, dass das Elixier des Teufels weiter nichts ist als herrlicher echter Syrakuser.«

»Ganz gewiss«, erwiderte der Hofmeister, »und stammt die Flasche wirklich aus dem Nachlass des heiligen Antonius, so geht es Ihnen, ehrwürdiger Herr!«

Stärker stieg der Duft aus der Flasche und wallte durch das Zimmer. Der Hofmeister kostete zuerst und rief begeistert:

»Herrlicher herrlicher Syrakuser! In der Tat, der Weinkeller des heiligen Antonius war nicht übel, und machte der Teufel seinen Kellermeister, so meinte er es mit dem heiligen Mann nicht so böse. Kosten Sie, Graf!«

Der Graf tat es. Ich verweigerte es standhaft und verschloß die Flasche wieder in ihr Behältnis.

Die Fremden verließen das Kloster. Aber als ich einsam in meiner Zelle saß, konnte ich mir selbst ein gewisses innres Wohlbehagen nicht ableugnen.

»Wie«, dachte ich, »wenn das wunderbare Getränk mit geistiger Kraft dein Inneres stärkte, ja die erloschene Flamme entzünden konnte?«

Ich stand vom Lager auf und schlich wie ein Gespenst mit der Lampe durch die Kirche nach der Reliquienkammer. Ich schloß den Schrank auf, ich ergriff das Kistchen, die Flasche, bald habe ich einen kräftigen Zug getan! Glut strömte durch meine Adern und erfüllte mich mit dem Gefühl unbeschreiblichen Wohlseins ich trank noch einmal, und die Lust eines neuen, herrlichen Lebens ging mir auf! Schnell verschloß ich das leere Kistchen in den Schrank, eilte rasch mit der wohltätigen Flasche nach meiner Zelle und stellte sie in mein Schreibepult.

Ich erbebte unwillkürlich. Ich hatte keine Ruhe bis der Morgen heiter anbrach. Leonardus, die Brüder bemerkten meine Veränderung. Statt dass ich sonst, in mich verschlossen, kein Wort sprach, war ich heiter und lebendig. Ich bestand darauf, am nächsten heiligen Tag wieder zu predigen, und es wurde mir vergönnt. Kurz vorher genoß ich von dem wunderbaren Wein. Nie habe ich darauf feuriger, salbungsreicher, eindringender gesprochen.

Meine Mutter schien einen heimlichen Gram in sich zu tragen. Sie gab mir ein kleines Billett von der Fürstin, das ich erst im Kloster öffnen sollte. Kaum war ich in meiner Zelle, als ich zu meinem Erstaunen folgendes las:

»Du hast mich, mein lieber Sohn (denn noch will ich Dich so nennen), durch die Rede, die Du in der Kirche unseres Klosters hieltest, in die tiefste Betrübnis gesetzt.«

Das Morgenlicht brach in farbechten Strahlen durch die bunten Fenster der Klosterkirche. Einsam und in tiefe Gedanken versunken, saß ich im Beichtstuhl. Da rauschte es in meiner Nähe, und ich erblickte ein großes, schlankes Frauenzimmer, auf fremdartige Weise gekleidet, einen Schleier über das Gesicht gehängt. Ich fühlte ihren glühenden Atem, noch ehe sie sprach! Jedes ihrer Worte griff in meine Brust. Diese Liebe war um so sündlicher, als den Geliebten heilige Bande auf ewig fesselten.

Ein Altar in unserer Kirche war der heiligen Rosalia geweiht und ihr herrliches Bild in dem Moment gemalt, als sie den Märtyrertod erleidet.

Ich beschloß, in die Stadt umzuziehen, bis ich sie gefunden habe. Ich dachte nicht daran, wie schwer, ja wie unmöglich dies vielleicht sein werde, ja, wie ich vielleicht nicht einen einzigen Tag außerhalb der Mauern leben kann. Der letzte Tag, den ich noch im Kloster zubringen wollte, war endlich herangekommen.

Schon war es Abend, als der Prior mich ganz unerwartet zu sich rief. Ich erbebte, denn nichts glaubte ich, als dass er von meinem heimlichen Anschlage etwas bemerkt hat. Leonardus empfing mich mit ungewöhnlichem Ernst, ja mit einer imponierenden Würde.

»Bruder Medardus«, fing er an, »dein unsinniges Betragen zerreißt unser ruhiges Beisammensein. Ja es wirkt zerstörend auf die Heiterkeit und Gemütlichkeit. Vielleicht ist aber auch irgendein feindliches Ereignis, das dich betroffen, daran schuld. Du kannst mich jetzt dein Geheimnis um einen Teil meiner Ruhe bringen, die ich im heitern Alter über alles schätze. Du hast oftmals, vorzüglich bei dem Altar der heiligen Rosalia, durch entsetzliche Reden, nicht nur den Brüdern, sondern auch Fremden, die sich zufällig in der Kirche befanden. Ich kann dich daher nach der Klosterzucht hart strafen, doch will ich dies nicht tun, da vielleicht irgendeine böse Macht der Widersacher selbst, dem du nicht genugsam widerstanden, an deiner Verirrung schuld ist. Ich schaue tief in deine Seele! Du willst ins Freie!«

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