Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander 8 стр.


Um diese Jahreszeit war Nebel so haufig wie eisige Winde. Beide brachten Gefahren, und beide wurden von den Seeleuten gleicherma?en gefurchtet.

Auch als die Fregatte Skagen gerundet und mit einer Halse auf sudlichen Kurs gedreht hatte, um nun an der Ostkuste Jutlands hinunter-zusegeln, konnte Neale melden, da? der erwartete Nebel nicht mehr war, als etwas dickerer Dunst. Die dickste Suppe hing unter Land und hatte sich offenbar in der Bucht gefangen, die sie gerade hinter sich gelassen hatten.

Herrick wurde damit leicht fertigwerden, doch wenn man ihm ein ernstgemeintes Kompliment dafur machte, hatte es ihm die Sprache verschlagen.

Sie sichteten nur wenige Fahrzeuge, und auch das waren nur kleine Kustensegler und Fischer, die sich dicht unter Land hielten und gewi? auf der Hut waren, als die schlanke Fregatte durch das Kattegatt gegen den engen Sund zwischen Danemark und Schweden vorstie?: den Eingang zur Ostsee, eine Zuflucht oder eine Falle, je nachdem, mit welchen Absichten man kam.

Sobald es dunkel war, bat Neale um Erlaubnis zum Ankern. Als die

Um ganz sicherzugehen, hatte Neale gesagt.

Pascoe tauchte aus der Dunkelheit auf und wartete auf einen gunstigen Augenblick, um etwas melden zu konnen.

Bolitho nickte ihm zu.»Komm, la? uns ein Weilchen auf- und abgehen. Wenn man langere Zeit stehenbleibt, fuhlt sich das Blut wie Gletscherwasser an.»

Sie gingen vorbei an den Mannern der Wache und einigen Offizieren, die sich in der kalten Luft ebenfalls etwas Bewegung machten.

«Unsere Leute sind untergebracht, Sir. «Pascoe warf Bolitho einen schnellen Blick zu.»Ich habe Midshipman Penels als Boten mitgenommen. Ich meinte, er sei dazu noch etwas jung, aber Mr. Wolfe sagte, irgendwann musse er mal anfangen. «Er lachte in sich hinein.»Er hat recht, denke ich.»

«Morgen werden wir in Kopenhagen einlaufen, Adam. Dort soll ich einen hohen britischen Beamten treffen.»

Er blickte hinuber zu den schwachen Lichtern an Land. Die Nachricht mu?te schon weitergeleitet sein: ein britisches Kriegsschiff, eines von dem neuen Geschwader. Was bedeutete das? Warum kam es?

«Es gibt da einige Fragen, auf die ich zu meiner Beruhigung Antwort brauche.»

Pascoe drangte sich nicht in Bolithos Gedanken, auch wenn er sie laut aussprach. Er dache an Midshipman Penels und seinen Freund Babbage. Durch einen Zufall oder durch die Gleichgultigkeit eines Unteroffiziers war auch Babbage mit auf der

Kapitan Neale kam an Deck, und Pascoe verabschiedete sich.

Bolitho sagte:»Es scheint alles ruhig zu sein, Captain.»

«Das glaube ich auch. «Neale spahte durch die herunterhangenden Netze.»Aber ich bin vorsichtig. Kapitan Herrick wurde mich aufspie?en, wenn ich seinen Admiral auflaufen lie?e.»

Bolitho sagte ihm gute Nacht und ging in seine Kajute. Er hatte nicht gewu?t, wie bekannt Herricks Ergebenheit ihm gegenuber war.

«Lassen Sie das Gro?segel bergen, Mr. Pickthorn. «Kapitan Neale stand sehr ruhig mit verschrankten Armen da, als die Fregatte nur noch unter Marssegeln, Fock und Kluver vorwartsglitt.

Die kalte Luft, die eisigen Tropfen, die wie Regen von den Schlechtwettersegeln herunterfielen, waren vergessen, als die

Es war fast Mittag, und je naher die Fregatte der Einfahrt und den beiderseits drohenden Batterien gekommen war, desto mehr wurden sie sich der Aufregung bewu?t, die das Erscheinen der

Bolithos Blick schweifte uber die Oberdecks. Neale hatte alles gut vorbereitet, sein Schiff sah so tadellos aus wie moglich. Die Seesoldaten in ihren auffallenden roten Rocken standen in Korporalschaften auf der Schanz angetreten. Keiner von ihnen war in den Marsen, und auch keins der leichten Geschutze war dort oben aufgestellt. Seeleute versahen ruhig ihren Dienst, wahrend andere bereitstanden, um mehr Segel fur eine eventuelle Flucht zu setzen oder um die restlichen einzuholen und zu ankern.

Neale sah Bolitho fragend an.»Soll ich mit dem Salut anfangen?»

«Bitte sehr.»

Neale befahl energisch:»Mundungspfropfen entfernen! Stuckpforten offnen!»

Dabei dachte er wahrscheinlich daran, da? seine Geschutze ungeladen dastehen wurden, sobald der volle Landessalut erst abgeschossen war. Aber wenn er die Breitseite mit mehr Leuten bemannt hatte, als fur das Ritual unbedingt erforderlich, hatte das vielleicht wie ein kriegerischer Akt ausgesehen.

«Kanonen ausrennen!«Polternd und achzend steckten die Geschutze der

Bolitho bi? sich auf die Lippen. Noch immer kein Zeichen von Land. Er musterte die ausgedehnten Artillerieanlagen. Der Wind hatte erheblich nachgelassen. Wenn die Danen jetzt das Feuer eroffneten, wurde es fur die

Allday wischte sich den Mund mit dem Handrucken.»Puh, das hat Nerven gekostet!»

Bolitho sah, wie der Stuckmeister der

«Ein Wachboot kommt langsseit, Sir!»

«Nehmen Sie die Fock weg, Mr. Pickthorn und machen Sie alles klar zum Empfang unserer Besucher!»

Manner legten auf der Fockrah aus, schlugen fluchend auf das steife Segeltuch ein, wahrend sie sich bemuhten, es angesichts der Zuschauermenge an Land besonders fix aufzuholen und festzumachen.

Das Wachboot war ein interessantes Fahrzeug. Langer als ein normales Schiffsboot, wurde es mit den langsten Riemen gerudert, die Bolitho je — au?er bei einer Schebecke — gesehen hatte. An jedem Riemen sa?en zwei Mann, und direkt hinter dem gefahrlich aussehenden Vorsteven stand ein einzelnes schweres Geschutz. Dieses Miniatur-Kanonenboot konnte mit seinen Riemen jedes Fahrzeug, das gro?er als eine Fregatte war, ausmanovrieren und ihm von achtern schwere Kanonenkugeln ins ungeschutzte Heck jagen, ohne dabei selber in Gefahr zu geraten. Selbst eine Fregatte war gefahrdet, wenn plotzlich der Wind aussetzte.

Bolitho sah sich die Gestalten im reich verzierten Cockpit des Bootes an: zwei danische Seeoffiziere und zwei Zivilisten, einer davon — wenn nicht beide — offenbar Englander. Sie waren eher fur einen Spaziergang im Hydepark angezogen als fur eine Fahrt uber offenes Wasser im Oktober.

«Fallreepsgaste Achtung! Seesoldaten antreten»

Mr. Charles Inskip, der hohe Regierungsbeamte, den in jeder Weise zu unterstutzen Bolitho angewiesen worden war, sa? steif in einem von Kapitan Neales Stuhlen und prufte die erbeuteten franzosischen Papiere. Er hielt sie auf Armeslange von sich ab, und Bolitho schlo? daraus, da? seine Augen nicht mehr so gut waren, wie sie sein sollten. Sein Begleiter, Mr. Alfred Green, offenbar weniger wichtig, stand neben dem Stuhl und las mit, bei jeder gewendeten Seite den Mund spitzend.

Bolitho horte die danischen Seeoffiziere hinter dem Schott lachend erzahlen und nahm an, da? sie — wie es Tradition war — von Neale und einigen seiner Offiziere gastlich bewi rtet wurden. Regierungen konnten aus fast jeder Situation Kriege machen, aber Seeleute, die einander in vertrauter Umgebung trafen, zerstritten sich selten.

Browne blinzelte Bolitho zu, als Inskip den Brief mit dem aufgebrochenen Siegel noch einmal las.

Bolitho fiel auf, da? Inskip nicht mit der Wimper zuckte, wenn uber ihnen Seeleute trampelten, ein schwerer Block oder eine Talje auf die Decksplanken fiel. Er war offenbar ein vielgereister Mann und an Schiffe aller Art gewohnt.

Inskip mu?te etwa funfzig sein, schatzte er. Er war elegant, aber nicht auffallend, in einen grunen Rock mit gleichfarbiger Kniehose gekleidet. Sein Kopf war fast kahl, sein restliches Haar und der unmoderne Zopf hingen wie ein ausgefranstes Tauende uber den Kragen.

Er blickte plotzlich auf.»Das sind schlimme Neuigkeiten, Admi-ral. «Seine Stimme war scharf, ahnlich der von Beauchamp.»Ich danke Gott, da? Sie es fertiggebracht haben, sie abzufangen.»

«Pures Gluck, Sir.»

Ein fluchtiges Lacheln lie? die Zuge des Mannes junger erscheinen.»Wo waren wir ohne dem?»

Der Begleiter sagte:»Sie hatten einen hei?eren Empfang gehabt, Admiral, wenn die Brigg

Bolitho fragte:»Wunschen Sie, da? ich an Land komme?»

«Ja. Ich werde Ihnen Nachricht geben. Das Wachboot wird Sie zum vorgesehenen Ankerplatz lotsen. «Er warf einen schnellen Blick zur Tur.»Es liegt schon eine franzosische Fregatte im Hafen. Weisen Sie Ihre Leute an, jeden Kontakt mit ihr zu vermeiden.»

Bolitho sah Browne an. Eine weitere Komplikation, und sie hatten noch kaum begonnen.

Inskip tippte auf den Brief.»Jetzt, da ich dies hier gelesen habe, glaube ich den Grund ihrer Anwesenheit zu verstehen. Ich wurde von Seiner Majestat Regierung hergeschickt, um zu verhindern, da? die Danen in die Sache verwickelt werden. Und die Franzosen sind sicher hier, um das Gegenteil zu bewirken. Aber unser kleines Geschwader kann — wenn das Schlimmste eintritt — die Flut nicht aufhalten, bis wir eine ganze Flotte versammelt haben. Und selbst dann: Die Russen und Schweden sollen zusammen sechzig Linienschiffe besitzen, und die Danen haben weitere drei?ig in Bereitschaft.»

Bolitho erwarmte sich allmahlich fur diesen seltsamen Mann. Er wu?te offenbar alles, selbst die Gro?e seines Geschwaders. Die Tatsache, da? er Inskip einige Informationen geliefert hatte, lie? ihn eher bescheiden als uberlegen auftreten.

Inskip stand auf, wobei er Ozzard, der mit einem vollen Tablett kam, abwinkte.»Nicht jetzt, danke. Wir brauchen klare Kopfe. «Er lachelte.»Zum Beispiel schlage ich vor, da? Sie Ihrem Kapitan befehlen, den Ankerplatz aufzusuchen. Sie haben schon genug Neugier und Ratselraten ausgelost. Wenn man Sie nun tatsachlich an Land gehen sieht, wurde das dem Klatsch bestimmt neue Nahrung liefern, nicht wahr?«Er ergriff seinen Hut und fugte hinzu:»Tut mir leid, da? Sie ein Zusammentreffen mit einem anderen Reisenden aus England verpa?t haben.»

Bolitho erlaubte Allday, ihm fur diesen offiziellen Anla? seinen glitzernden Ehrensabel anzuschnallen, bemerkte aber den Widerwillen in seinem Blick.

«Oh, wer war das?»

«Rupert Seton. Soviel ich wei?, ist er der Bruder Ihrer verstorbenen Frau.»

Bolitho starrte Allday an, innerlich plotzlich wie erstarrt. Seton — er sah ihn wieder als jungen Midshipman vor sich, bei dem unglucklichen Versuch, Toulon fur die franzosischen Royalisten zuruckzuerobern. Ein schmachtiger Junge, der stotterte. Und er hatte eine Schwester gehabt, so schon, da? Bolitho ihr Bild standig vor Augen stand.

«Seton hat mir naturlich von der Tragodie erzahlt. «Inskip bemerkte den Sturm nicht, den er in Bolithos Seele ausgelost hatte.»Ein vortrefflicher und intelligenter junger Mann. Er hat einen guten Posten bei der Ostindischen Handelsgesellschaft — wo auch ich ware, wenn ich ein bi?chen Verstand besa?e. Bei der Regierung Pitts bekommt man mehr Fu?tritte als Geld.»

Bolitho fragte ruhig:»Sie haben ihn hier gesehen?»

«Ja. Er war auf der Durchreise nach England. Ich riet ihm zur Eile, sonst ware er noch hier. Aber der Krieg kann sich jeden Tag ausweiten, und ich wollte nicht, da? ein Vertreter der Handelsgesellschaft hier interniert wurde.»

Bolitho sagte:»Geleiten Sie bitte die Herren zu Kapitan Neale, Mr. Browne. Meine Empfehlung an den Kommandanten, und sagen Sie ihm, unsere Besprechung sei zu Ende; wir konnten weitersegeln. «Er sah die beiden Herren unbewegt an.»Ich bin sicher, Sie wollen gern noch vor mir an Land.»

Inskip schuttelte ihm herzlich die Hand.»Wir werden uns wiedersehen. «Er senkte seine Stimme.»Tut mir leid, da? ich schmerzliche Erinnerungen wachrief. Ich hatte es gut gemeint.»

Als die Tur sich hinter Browne und den anderen geschlossen hatte, rief Allday verzweifelt aus:»Verdammt noch mal, Sir! Und das nach so langer Zeit. Das ist nicht richtig!«Er zugelte seinen Ausbruch und fugte hinzu:»Soll ich Mr. Pascoe holen, Sir?»

Bolitho setzte sich hin und nahm seinen Sabel ab.»Nein, aber ich wurde es gern sehen, wenn Sie hierblieben. «Er schaute hoch, seine Augen flehten: Wird es denn niemals nachlassen? Ich habe toricht gehandelt, habe sogar Freunde beschamt, immer in der Hoffnung, Frieden zu finden.

Allday ging zum Tisch hinuber und ri? Ozzard fast den Becher aus der Hand.»Hier, Sir, trinken Sie das. Und Tod und Verdammnis dem Krieg und allen, die ihn schuren!»

Bolitho kippte den Brandy hinunter und ware fast erstickt, so brannte er ihm in der Kehle.

Er sah sie wieder, von der Kirchentur umrahmt, eine Hand auf dem

Arm ihres Bruders, gerade so wie Herricks Braut, als sie zum Altar gefuhrt wurde.

Fast zu sich selber sagte er:»Vielleicht war es sogar gut, da? wir einander nicht getroffen haben. Vielleicht gibt Rupert mir die Schuld an Cheneys Tod. Sie war allein, als sie mich brauchte. Seeleute sollten nie heiraten, Allday. Es ist grausam denen gegenuber, die sie zurucklassen.»

Allday machte eine heftige Kopfbewegung zu Ozzard hin, der die Kajute wie hypnotisiert verlie?.»Fur einige mag das richtig sein, Sir. Aber nicht fur die Besonderen.»

Bolitho stand auf und befestigte den Sabel wieder an seiner Hufte.»Und sie war etwas Besonderes!«Er nickte Allday kurz zu.»Vielen Dank. Jetzt bin ich soweit.»

Allday sah ihn sich straffen und dann automatisch bucken, um nicht an den Decksbalken zu sto?en, als er schnellen Schrittes zum Achterdeck hinausging.

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