Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander 7 стр.


Als Midshipman Segrave wieder zu sich kam, sah er sofort, wie dunkel der sternenubersate Himmel uber ihm war. Er spurte Wolldecken und ein Rissen unter seinem Kopf. Ein Schatten beugte sich uber ihn.»Geht's besser?«fragte Jay.

Dann kam der Schmerz wieder, pochte wie sein Herz. Er schmeckte Brandy im Mund und versuchte sich zu erinnern. An Hande, die ihn festhielten, an Schmerzen, seine Ohnmacht. Es schauderte ihn.

«Ist wieder alles in Ordnung?«fragte er schwach.

«In Ordnung? Naturlich!«Jays Stimme klang frohlich.»Sie haben mir das Leben gerettet und sind der Held des Tages. Nur Ihretwegen haben wir jetzt eine Prise, die

Doch der Midshipman schlo? abwehrend die Augen. Was wurde eine Antwort ihm bringen? Nichts. Aber der Mastergehilfe Jay, ein

Kerl aus Eisen, hatte ihn, Segrave, einen Helden genannt. Nur das zahlte.

IV Wer suchet, der findet

In der Achterkajute der

Miranda

Neben Bolitho machte sich Yovell, der rundliche Schreiber, eifrig Notizen und schob dabei immer wieder seine goldgefa?te Brille hoch.

«Hat Sie die Antwort des Generals uberrascht, Sir Richard?«fragte Warren plotzlich.

Bolitho hob den Blick. Was die echte Karte der

«Ich hab' sie erwartet, Commodore«, antwortete er.»Sir David Bairds Soldaten werden jetzt gerade landen. Das konnen wir nicht mehr verhindern.»

Leutnant Jenour an den Heckfenstern beobachtete, wie reglos die

Jenour versuchte, die Hitze zu ignorieren. Bolitho sah von ihnen allen am frischesten aus, wie er so in Breeches und Hemd am Tisch sa?; sein Uniformrock lag uber einer Seekiste. Seit

Jenour rieb sich das Kinn.»Ich konnte keinen Code entdecken, Sir Richard. Solche Briefe schreibt ein Kaufmann dem anderen und la?t sie per Schiff befordern. Es ist doch nicht ungewohnlich, da? franzosische Kaufleute in Kapstadt leben, oder?»

Bolitho rieb sich die Stirn. Der Brief enthielt ein Geheimnis, ganz bestimmt. Aber warum konnte es selbst der kluge Jenour nicht entdecken?

Yovell, der in seine Notizen starrte, hatte den richtigen Einfall.»Es ist die Schlacht von Trafalgar, Sir. Der Schreiber berichtet daruber seinem Freund.»

Bolitho sah seine Manner an.»Sehr gut, Yovell. Die

Jenour ballte unglaubig die Fauste.»Sollte es vor Brest die Blockade durchbrochen haben?»

«Der Schlussel liegt in Kapstadt, meine Herren. Aber ich wei? noch nicht, wo. «Bolitho beugte sich uber die Karte.»Lassen Sie den Kommandanten der

Als Jenour schon die Kajute verlassen wollte, rausperte sich Warren entschuldigend.»Ich hatte es ganz vergessen, Sir Richard, aber Leutnant Tyacke ist bereits an Bord. Er brachte die Tasche personlich.»

Bolitho spurte Arger in sich aufsteigen. So ging das nicht: zwei Fregattenkapitane, die einander ha?ten, und ein Commodore, den die ganze Operation nicht im geringsten interessierte. Dazu ein Haufen Schiffe, die noch nie miteinander manovriert hatten. Das mu?te geandert werden, schnell. Doch zuerst kam Tyacke.

«Bitten Sie ihn rein, Stephen.»

Warren fuhrt verlegen fort:»Sie mussen wissen, da? Leutnant Tyacke….»

Jenour trat in der Nachbarkajute auf den Mann zu, der aus der Stuckpforte auf das stille Wasser blickte, die Hande auf dem Rucken verschrankt.»Wurden Sie bitte nach nebenan kommen? Sir Richard Bolitho wunscht Sie zu sprechen.»

Man hatte dem Leutnant wenigstens eine Erfrischung angeboten, wahrscheinlich ein Glas von diesem schrecklichen Rotwein.»Tut mir leid, wir wu?ten nicht, da? Sie noch an Bord sind. «Entsetzt starrte Jenour in das zerstorte Gesicht Tyackes. Wie konnte er damit nur leben?

«Und wer sind Sie?«fragte Tyacke scharf. Dann sah er das Gold auf Jenours Schulterstuck.»Flaggleutnant, ach so.»

Wieder mu?te sich Jenour entschuldigen.»Ich wu?te nicht, da? Sie.»

Tyacke ruckte seinen Sabel gerade und drehte sich weg.»Ich bin solche Blicke gewohnt, Sir. Aber Freude machen sie mir nicht. «Er lie? sich seinen Arger anmerken. Was waren das fur Kameraden, die ihn so anstarrten?

Er buckte sich, trat in die gro?e Kajute und blieb uberrascht stehen. Den Commodore hatte er schon einmal gesehen, also mu?te der bebrillte Mann in einfacher blauer Uniformjacke der beruhmte Bolitho sein. Nicht gerade eine Heldenfigur. Aber die meisten Flaggoffiziere, die Tyacke bisher getroffen hatte, sahen nicht aus wie Buhnenhelden.

«Bitte entschuldigen Sie meine Unhoflichkeit, Mr. Tyacke. «Bolitho kam aus dem Schatten, und Yovell zog sich zuruck.»Ich wu?te nicht, da? Sie noch an Bord sind. Bitte nehmen Sie Platz.»

Tyacke setzte sich unsicher. War er zu lange auf See gewesen, da? er sich so tauschen konnte? Der Mann im wei?en Hemd, der ihn so freundlich begru?te, sollte ein Admiral sein? Er schien kaum alter als er selbst zu sein, obwohl er naher an Funfzig als an Vierzig sein mu?te. Nur die scharfen Linien um seinen Mund und eine wei?e Haarstrahne uber der Stirn verrieten, da? er kein Jungling mehr war. Dazu offene graue Augen. Tyacke fuhlte sich plotzlich wie ein Midshipman, so stumm und verlegen.

«Ihr Fund auf dem Sklavenschiff war fur uns wichtiger, als Sie ahnen. «Bolitho lachelte und sah dadurch noch junger aus.»Ich lote gerade aus, was in ihm steckt.»

Die Tur offnete sich, und ein kleiner Steward kam uber den gewurfelten Teppich auf Tyacke zu.»Ein Glas Rheinwein, Sir?«Er beobachtete den Leutnant und fugte hinzu:»Er ist schon kuhl, Sir. «Offenbar war das etwas Besseres, als sonst auf dem Flaggschiff angeboten wurde.

Tyacke trank. Der Steward hatte genau wie der Admiral beim Anblick seines Gesichts mit keiner Wimper gezuckt und ihn auch nicht neugierig oder entsetzt angestarrt. Bolitho beobachtete den Leutnant. Ein gezeichneter Mann, Uberlebender einer furchtbaren Seeschlacht.»Wo ist die

Bolitho nickte.»Ich habe in Ihrem Bericht von ihm gelesen. Scheint ein tapferer junger Mann zu sein.»

«Mich hat er uberrascht«, gab Tyacke zu.

Bolitho wandte sich seinem Sekretar zu.»Yovell, schreiben Sie einen Befehl fur unseren anderen Schoner aus. Ich mochte, da? die Albacora bei einem gro?en Versorgungsschiff langsseits geht, dem Land abgekehrt und nachts. Von Land aus darf man sie auf keinen Fall entdecken. Der Schoner soll sie abfangen. Wurden Sie sich bitte darum kummern, Commodore Warren?»

Warren richtete sich auf, aber ein heftiger Husten uberfiel ihn.

«Ich mochte auf Ihrem Schoner mitsegeln, Mr. Tyacke«, fuhr Bolitho fort und registrierte Uberraschung und Unglauben im Gesicht des anderen.»Ich bin kleine Schiffe gewohnt, machen Sie sich also keine Sorge um meine — hm — Wurde.»

Der Commodore verlie? die Kajute, doch Bolitho horte ihn noch immer husten. Jenour sah dem Schreiber uber die Schulter, der den Befehl in Schonschrift zu Papier brachte.

Einen Augenblick schien es, als seien sie beide allein in der Kajute.»Wo ist das passiert?«fragte Bolitho leise.

Der Leutnant zuckte zusammen und hielt dann seinem Blick stand.»In der Schlacht bei Abukir, Sir. Ich war auf der

Miranda

Als Tyacke die Kajute verlassen wollte, rief ihn Bolitho noch einmal zuruck.»Sie sind ein tapferer Mann, Mr. Tyacke. Geben Sie mir Ihre Hand. «Sein Griff war fest.»Sie haben mir Mut gemacht. Vielen Dank!»

Etwas verwirrt fand Tyacke sich im Beiboot der

«Ein Admiral? Auf der

Aber Tyacke horte gar nicht zu.»Und wenn es sein mu?, werden wir mit diesem Admiral zur Holle und zuruck segeln, so wahr ich hier sitze«, murmelte er. Dann schwiegen sie, bis das Boot an der

Miranda

Allday war jetzt irgendwo an Deck, entweder immer noch allein oder schon neben einem neuen Kumpel bei einem Schluck Rum. Auf diese Weise erfuhr er in wenigen Stunden mehr uber Besatzung und Schiff als Bolitho in einem ganzen Jahr.

Den verwundeten Midshipman hatte Tyacke auf der

Supreme.

hatte er deshalb fast das Leben verloren. Die Folge der Verletzung war ein Nebel, der ihn manchmal halb erblinden lie?. Der beruhmte Chirurg Sir Piers Blachford hatte Bolitho gewarnt: Er musse sich schleunigst an Land untersuchen und behandeln lassen, wenn er das linke Auge nicht verlieren wollte. Aber eine Garantie fur den medizinischen Erfolg konnte auch Blachford nicht geben.

Bolitho meinte, tief im Innern des Auges Schmerz zu fuhlen. Das war nur Einbildung oder Furcht, schalt er sich. Naturlich hatte er an Land bleiben sollen zur Behandlung. Aber Manner mit seiner Erfahrung wurden auf See gebraucht, besonders nach der Schlacht von Trafalgar, seit Nelson gefallen war und der Feind an Land immer noch unbesiegt. Bald wurde sein nachster Angriff erfolgen.

Die Tur flog auf, Tyacke lie? sich schwer auf einen Stuhl fallen. Er atmete hastig wie nach einem Zweikampf, und sein Hemd war vollig durchna?t. Unwillkurlich hatte er sich so gesetzt, da? sein entstelltes Gesicht im Schatten blieb.

«Wir laufen rechtweisend Sud, Sir«, berichtete er.»Der Wind schralt ein bi?chen, aber das ist gut fur den Fall, da? wir schnell uber Stag gehen mussen. Sind Sie sicher, da? Sie auf Ihre Rangabzeichen verzichten wollen?»

Bolitho lachelte. Von der Decke hing sein Uniformrock ohne Schulterstucke; er sah aus wie der Tyackes.»Nicht immer sagt das Etikett etwas uber den Inhalt aus. Ich hoffe, Ihre Leute fuhlen sich wohler, wenn sie mich ohne Epauletten sehen. Ich mochte es so, also machen Sie sich keine Gedanken. Ist Ihre Besatzung wohlauf?»

«Bis auf einen Mann — ja. Mit dem mu? ich noch reden. «Das klang etwas besorgt.»Eine interne Sache, Sir Richard, die mit unserem Auftrag nichts zu tun hat.»

«Schon gut. «Bolitho faltete die Karte zusammen. Die Mannschaft der

Tyacke sah ihn lacheln und entspannte sich etwas.»Es wird gleich zu essen geben, Sir.»

Bolitho spurte seinen Magen knurren. Ja, er hatte Hunger, trotz allem. Wenigstens behelligte ihn sein verletztes Auge jetzt nicht mehr. Vielleicht gab es trotz Blachfords Warnung noch ein Wunder.

Wahrend er auf die Ruckkehr der Miranda wartete, hatte er einen Truppentransporter besichtigt und war uberrascht gewesen, da? noch keiner der Soldaten dort gestorben war. An Bord roch es wie auf einem Bauerhof, nicht wie auf einem Kriegsschiff Seiner Majestat. Manner, Pferde, Kanonen, Gepack, Wagen waren in die Decks hineingepfercht. Auf einem Straflingsschiff hatte es mehr Platz gegeben. Die Besatzung mu?te es nun in dieser stinkenden Enge aushallen, bis Sir David mit seiner Artillerie und Infanterie sich nach Kapstadt durchgekampft hatte. Wenn sich aber die Hollander starker als erwartet wehrten? Sie konnten den Vormarsch der Englander immer noch stoppen, und dann gab es nur noch den kleinen Verband von Commodore Warren, der seine Seeleute und Soldaten im Rucken des Feindes anlanden konnte. Aber die Elendsgestalten, die Bolitho auf dem Transporter gesehen hatte, wurden ein schwieriges Landemanover kaum schaffen und die folgenden Gefechte bestimmt nicht uberstehen.

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