Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander 15 стр.


«Versuchen Sie es noch einmal«, sagte Tuson.

Bolitho entrang sich ein Aufstohnen, als er die Lider offnete. Es war, als waren sie vernaht gewesen und wurden nun aufgerissen. Verschwommene, verzerrte Schemen bewegten sich vor den Heckfenstern, es gab auch Schatten, aber vor allem sah er Licht.

Tuson druckte ihm mit einem neuen Bausch Flussigkeit in die Augen. Das brannte, aber Bolitho sah jetzt das blasse, ovale Gesicht des Madchens, den karierten Bodenbelag, etwas Glanzendes. Er wandte den Kopf, versuchte verzweifelt, einen bekannten Gegenstand zu identifizieren.

Tuson schien hinter dem Sessel zu stehen. Er legte eine Hand uber Bolithos linkes Auge.»Wie geht das?»

«Sehr klar sehe ich noch nicht«, sagte Bolitho.

«Sie werden noch Schmerzen haben, die das Bad aber bald lindern wird. Nun schauen Sie bitte das Madchen an, Sir.»

Bolitho spurte, da? die anderen ihn beobachteten, sich nicht zu ruhren wagten. Er verzog die Lippen zu einem Lacheln.»Mit Vergnugen. «Sie errotete unter seinem einaugigen Starren, bedankte sich aber fur das Kompliment.»Mein Flaggkapitan ist ein beneidenswerter Mann«, flusterte er.

Tuson legte die Hand uber sein rechtes Auge und sagte unbarmherzig:»Nun versuchen Sie es mit dem linken.»

Bolitho blinzelte und sah Alldays Goldknopfe und die beiden Degen am Schott.

Er flusterte:»Allday, alter Freund, ich. «Er fuhr sich ubers Gesicht, als wolle er Spinnweben entfernen. Ein Schatten schien Allday zu verdecken.

Bolitho wandte sich verzweifelt wieder dem Madchen zu. Er sah ihre Augen, den Mund, aber dann legte sich der Schatten uber sie, und sie schien zuruckzuweichen, obwohl er ihre Hande hielt und wu?te, da? sie sich nicht bewegt hatte.

«Den Verband!«sagte Tuson knapp. Er beugte sich uber Bolitho.»Das war erst der Anfang, Sir.»

Er hatte zuerst das rechte Auge gepruft, um ihm Hoffnung zu machen, denn er wu?te, da? das andere viel schwerer geschadigt war.

Bolitho war vor Enttauschung so erschopft, da? er sich widerstandslos den Verband anle gen lie?.

Eine Tur ging auf, und er horte Keen fragen:»Nun, wie sieht's aus?»

«Besser, als ich zu hoffen gewagt hatte«, erwiderte Tuson.

«Blind auf einem Auge, Val, und das andere ist nicht gerade gesund«, lie? sich Bolitho vernehmen.

«Ich gehe jetzt besser, Sir«, sagte Zenoria.

Bolitho streckte die Hand aus.»Bitte bleiben Sie.»

«Das Geschwader ist komplett, Sir«, sagte Keen. Das klang niedergeschlagen.»Ich melde mich stundlich bei Ihnen.»

Bolitho hielt die Hand des Madchens wie eine Rettungsleine. Er lehnte sich im Sessel zuruck und sagte:»Wenn das Wetter es zula?t, Val, mochte ich alle Kommandanten morgen hier bei mir sehen. Bitten Sie aber erst

Turen offneten und schlossen sich. Bolitho fragte:»Sind wir allein?»

«Ja, Sir.»

Bolitho streckte die Hand aus und beruhrte ihr Haar. Er mu?te mit seinen Kommandanten sprechen. Sie brauchten einen Admiral, der fuhrte, nicht verzweifelte. Jobert wurde jede Schwache als Waffe gegen ihn benutzen.

Er spurte, wie sie sich bewegte, und sagte leise:»Nicht weinen, Madchen, du hast schon zu viele Tranen vergossen. «Er streichelte weiter ihr Haar und sah nicht das Mitleid in ihren Augen.»Hilf mir, damit meine Bande morgen einen Vizeadmiral vorfindet und keinen hilflosen Kruppel.»

Spater, als ein Boot Inchs Meldung zum Flaggschiff gebracht hatte und Keen damit in die Achterkajute trat, fand er Bolitho immer noch im Sessel sitzen. Zenoria war zu seinen Fu?en eingeschlafen.

«Freut mich, da? sie Ihnen Gesellschaft leistet, Sir«, sagte Keen.

Bolitho beruhrte ihr Haar, aber sie regte sich nicht.»Sie verstehen das doch, Val, oder? Ich brauche ihre Gegenwart, ihre Stimme. Ich bin zu sehr an Manner gewohnt, an die Harten des Krieges.»

Keen lie? ihn reden. Bolitho strich dem Madchen unablassig uber das lange Haar und fuhr fort:»Wenn der Tag gekommen ist, an dem Sie Ihre eigene Flagge hissen, lassen Sie sich von nichts ablenken. Ich selbst gab die personlichen Kontakte nur widerwillig auf, als ich Admiral wurde. Ich wollte Teil des Schiffes sein, das meine Flagge fuhrte, Gesichter und Namen behalten,

praktisch verloren ist.«»So durfen Sie nicht denken, Sir.»

«Val, wenn Sie erst Admiral sind, vergessen Sie die Menschen!«Bolitho sagte das so laut, da? Zenoria erwachte und erst ihn und dann Keen fragend anstarrte.»Aber

Bolitho ergriff die Hand des Madchens.»Gehen Sie jetzt. Aber besuchen Sie mich wieder. «Er hob ihre Hand an seine Lippen.

Die Tur wurde geschlossen, und Bolitho horte, wie Allday Zenoria zu ihrer Kajute begleitete.

Keen wartete und kam sich uberflussig vor, weil er nicht helfen konnte.»Offnen Sie Inchs Bericht, Val«, sagte Boli-tho.»Wir haben viel zu tun.»

Am nachsten Morgen lagen die Schiffe beigedreht, und die Kommandanten kamen wie befohlen an Bord der

Er horte das Schrillen der Bootsmannspfeifen, als der letzte Kommandant von der Ehrenwache an Bord begru?t wurde, und kam sich mehr wie ein Schauspieler vor seinem Auftritt vor. War diese Besprechung uberhaupt notig? Oder wollte er seinen Kommandanten nur etwas demonstrieren? Irgendwie fuhlte er sich aber wirklich besser, und nicht nur, weil er ein frisches, sauberes Hemd trug und sich unter Alldays Aufsicht vorsichtig gewaschen hatte.

«Sind Sie bereit, Sir?«Tuson schien immer zur Stelle zu sein.

Bolitho packte seine Knie und antwortete:»Aye.»

Der Verband uber seinem rechten Auge wurde abgenommen, der inzwischen vertraute Bausch mit der su? riechenden Salbe tat sein Werk, und Tuson bemerkte:»Mit Verlaub, Sir, als Patient haben Sie Fortschritte gemacht.»

Bolitho schlug die Augen auf und betrachtete sein unscharfes Spiegelbild. Die kleinen Narben im Gesicht fielen wegen seiner sonnverbrannten Haut weniger auf, doch das linke Auge starrte ihn bose und rotgeadert an.

Jenseits des Spiegels burstete Ozzard sorgfaltig seinen besten Uniformrock mit den schimmernden Epauletten; er mu?te eine perfekte Vorstellung geben. Allday machte einen langen Hals, um sich zu vergewissern, da? er bei der Rasur auch nicht ein einziges Barthaar ubersehen hatte, und Yovell war am Tisch mit Akten beschaftigt. Der Rahmen war fast perfekt. Er hob den Blick und sah, da? Zenoria ihm uber die Schulter schaute.

Sie lachelte sanft und verschworerisch, fuhr Bolitho mit einem Kamm durchs Haar und legte die Stirnlocke so, da? sie teilweise den Verband uberm linken Auge verdeckte. Seinen Zopf hatte sie bereits geflochten und gebunden.

Bolitho horte von unten Stampfen und Stimmen. Die Kommandantenbesprechung sollte in der Messe unter seiner Kajute stattfinden, denn er mu?te sein Quartier freihalten; als Zufluchtsort, falls etwas schiefging.

«Vielen Dank, Zenoria«, sagte er.»Sie haben mit schlechtem Material Ihr Bestes getan.»

Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. Sie gab zwar keine Antwort, aber er sah ihrem Gesicht an, da? sie sich freute. Ihr Haar war wieder straff zuruckgebunden, und ihre braunen Augen blickten entschlossen.

Bolitho dachte an Inchs wie ublich weitschweifigen, aber doch nutzlichen Bericht, der einen wichtigen Punkt enthielt. Einen Schlussel vielleicht — oder eher eine raffinierte Falle?

«Uberanstrengen Sie das rechte Auge nicht, Sir, und lassen Sie das andere bedeckt«, warnte Tuson.»Wenn Sie bald richtig behandelt werden.»

Bolitho schaute ihn an. Er hatte das Gefuhl, einen Fremdkorper im Auge zu haben. Tuson hatte behauptet, das gabe sich mit der Zeit.

«Ihre Behandlung

«Alle versammelt, Sir.»

Bolitho blickte in den Spiegel und sah, wie er rasch mit Zenoria einen Blick tauschte. Sie legte eine Hand auf die Brust, und Keens Gesicht war zu entnehmen, da? er die Geste verstand.

Bolitho beruhrte seinen Verband. Er gonnte ihnen ihr Gluck, ganz gleich, welche Schwierigkeiten vor ihnen lagen. Er war nicht eifersuchtig, nur ein wenig neidisch.

Er schlupfte in die Armel des Rockes und lie? sich von Allday den alten Degen an den Gurtel hangen.

«Passen Sie gut auf sich auf, Sir«, murmelte Allday.

Bolitho beruhrte seinen muskulosen Arm und lachelte.»Vielen Dank, alter Freund. «Er sah die anderen an.»Und Ihnen allen auch. Aber jetzt wollen wir wieder an die Arbeit gehen.»

Keen lief es kalt den Rucken hinunter. Er kannte diesen Ausdruck, diese Stimme. Weder Schmerzen noch Verband konnten uber die Tatsache hinwegtauschen, da? das Feuer noch brannte.

IX Angriff

Bolitho sa? ruhelos am Tisch und sah zu, wie Keen eine Berechnung auf der Seekarte anstellte und geschickt mit dem Stechzirkel hantierte.

Mehrere Male hatte sich Bolitho vorgebeugt, um nachzusehen, welche Fortschritte gemacht wurden, und zwar zunehmend verzweifelt. Er fuhlte sich halb blind, und an ein Lesen der Seekarte war uberhaupt nicht zu denken.

Sein kleines Geschwader, das sich erst kurzlich im Golfe du Lion zusammengefunden hatte, zerstreute sich nun mit jeder Stunde weiter.

hatten alles Tuch gesetzt und waren ihrerseits zu den Inseln gesegelt, um Trinkwasser an Bord zu nehmen. Bolitho zog die Stirn kraus und spurte sofort Schmerz im linken Auge. Wenn die beiden Schiffe zuruckkehrten, wurde das Geschwader zusammenbleiben.

Inch hatte

Bei der Kommandantenbesprechung hatte Bolitho anfangs Zweifel, wenn nicht Unglaubigkeit gespurt, doch dann fuhlte er, da? sie ihm mit zunehmender Aufmerksamkeit zuhorten.

Spanien war nach wie vor mit Frankreich verbundet, denn Bonaparte lie? ihm praktisch keine andere Wahl. Er hatte Subventionen von sechs Millionen Francs im Monat und andere wichtige Hilfeleistungen verlangt. Wenn Spanien sich diesem unerhorten Ultimatum entziehen wollte, mu?te es England erneut den Krieg erklaren. Ging es auf keine dieser Alternativen ein, wurde es von Frankreich angegriffen werden.

Wenn Inchs Meldung zutraf, dann befuhr Jobert mit Instruktionen von hoherer Stelle in Paris die spanischen Gewasser: ein weiterer Schachzug, um die Spanier in den Konflikt hineinzuziehen.

Leutnant Stayt trat ein.

«Kapitan Lapish ist bereit, seine Befehle entgegenzunehmen, Sir.»

«Gut. «Keen warf Bolitho einen Blick zu und legte den Stechzirkel hin. Er wu?te, wie ungern Bolitho seine einzige Fregatte freigab. Doch wenn es zum Kampf kam, mu?te sich jedes Schiff so lange wie moglich selbst versorgen konnen. Proviant lie? sich rationieren, aber ohne Wasser konnte man nicht uberleben.

Als sich der Flaggleutnant wieder zuruckzog, sagte Keen:»Lapish wei?, was er zu tun hat. Ich sprach mit ihm, als er an Bord kam. «Er lachelte schief.»Offenbar will er unbedingt beweisen, da? er sich gebessert hat.»

Als Lapish eintrat, sagte Bolitho:»Kehren Sie so bald wie moglich auf diese Station hier zuruck. «Er sah ihn nicken, aber seine Augen brannten vor Uberanstrengung, und er konnte den Ausdruck des jungen Kommandanten nur undeutlich erkennen.»Wissen Sie, was Sie zu tun haben?»

Lapishs Antwort klang, als rassle er eine auswendig gelernte Lektion herunter.»Ich soll mein Schiff in einen Zweidecker verwandeln, ehe ich mich zum Blockadedienst zuruckmelde, Sir. «Sein Tonfall verriet zwar keinen Zweifel, aber Bolitho vermutete, da? der Mann seinen Admiral nicht nur fur halb blind, sondern auch fur geistesgestort hielt.

Bolitho lachelte.»Aye. Benutzen Sie dazu alle Ersatzsegel und Hangemattsdecken. Wenn Sie die an den Gangways aufspannen und braun mit schwarzen Quadraten als Stuckpforten anmalen, wird auf die Entfernung niemand den Unterschied merken. «Er fugte heftig hinzu:»Und wenn Ihnen jemand zu nahe kommt, entern oder versenken Sie ihn.»

Bolitho wu?te, da? die kleine Fregatte in der Lage sein wurde, die beiden Linienschiffe einzuholen, Trinkwasser an Bord zu nehmen und dennoch vor ihnen die franzosische Kuste zu erreichen. War sie erst einmal auf Station, wurde man sie als zum Geschwader gehorig betrachten. Bolitho behielt auf diese Weise seine volle Starke. Ausguckposten, ob Freund oder Feind, sahen gewohnlich, was sie erwarteten.

hatte nun eine noch wichtigere Funktion: sie war sein einziger Aufklarer.

Nachdem Lapish von Keen zu seiner Gig gebracht worden war, setzte

Rapid

Bolitho spielte mit dem Stechzirkel.»Das konnte Spanien provozieren. Andererseits wurde es den Dons zeigen, da? wir uns um ihre scheinheilige Neutralitat nicht scheren. Und zur Abwechslung konnte es Jobert mal in die Defensive treiben. «Je langer er daruber nachdachte, desto ferner ruckten Alternativen. Bisher hatte Jobert alle Eroffnungszuge gemacht und dabei beinahe Bolithos Geschwader angeschlagen. Er mu?te auf die hohe See gelockt werden. Der Winter stand vor der Tur, dann wurde das Wetter den Feind begunstigen und nicht die Schiffe im Blockadedienst.

Fur die nachste Woche wurde ein britischer Geleitzug nach Malta erwartet, und es war damit zu rechnen, da? der Feind davon erfuhr. Sobald die Versorgungsschiffe vor Gibraltar ankerten, wurden feindliche Spione ihre Ankunft und womoglich auch ihre Ladung weitermelden.

Bolitho massierte sich das Auge. Was, wenn sie auf eine spanische Patrouille trafen? Sollten sie dann kampfen oder sich zuruckziehen?

«Landfall ist morgen, Val«, sagte er grimmig.

«Jawohl, Sir. «Wenn Keen sich angesichts der Moglichkeit eines Gefechts um Zenoria sorgte, so lie? er sich das wenigstens nicht anmerken.

Nachdem Keen gegangen war, trat Allday ein und fragte:»Brauchen Sie etwas, Sir?»

Bolitho horte sofort die Teilnahmslosigkeit in seiner Stimme.»Was ist los?»

Allday starrte zu Boden.»Nichts, Sir.»

Bolitho lie? sich in seinen Sessel fallen.»Raus damit, Mann.»

«Das behalte ich lieber fur mich, wenn Sie nichts dagegen haben, Sir«, erwiderte Allday trotzig.

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