Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander 4 стр.


Ah, nun kam er zum Kern der Sache.»Raus damit, alter Freund«, meinte Bolitho ermunternd.

«Danke, Sir. «Allday setzte noch einmal an.»Ab und zu tut mir die Wunde noch weh, Sir.»

«Aha. «Bolitho schenkte zwei Glaser Rotwein ein.»Rum ist leider keiner in Reichweite. «Ein Grinsen erhellte Alldays gebrauntes Gesicht. Bolitho ruhrte nie Rum an. Aber er wu?te, da? Allday ihn bevorzugte.

«Ich will meine Pflicht tun, Sir, wie immer. Aber irgendwie.»

«Irgendwie glaubst du, ich brauchte einen zweiten Bootsfuhrer?«fragte Bolitho sanft.

Allday starrte ihn ehrfurchtig, erstaunt, dankbar an.»Der Herrgott segne Sie, Sir. Damit ware dem Jungen geholfen, und ich konnte ihn im Auge behalten.»

Keen trat ein und blieb an der Tur stehen.»Verzeihung, Sir. «Er fand es ganz naturlich, da? der vierschrotige Bootsfuhrer ein Glas mit seinem Admiral trank. Keen hatte guten Grund, Allday zu respektieren. Als er unter Bolitho als Midshipman an einem Gefecht teilgenommen hatte, war er durch einen gro?en Holzsplitter im Unterleib verwundet worden. Der Schiffsarzt der Fregatte war ein Saufer gewesen, also hatte Allday den halb bewu?tlosen Midshipman unter Deck geschleppt und ihm den Splitter selbst herausge — schnitten. Das hatte Keen das Leben gerettet. Nein, vergessen konnte er das nie, besonders, da der Respekt nun auf Gegenseitigkeit beruhte.

Bolitho lachelte.»Wir sind schon fertig, Val. Mit Ihrer Einwilligung wurde ich gern, ah…«Er warf Allday einen Blick zu.»Wie hei?t er?»

Allday starrte auf seine Fu?e.»John, Sir, wie ich. Und mit Nachnamen Bankart, so wie seine Mutter.»

Keen nickte, ohne eine Miene zu verziehen. Hogg, sein Bootsfuhrer, hatte ihn bereits informiert.

«Ein zweiter Bootsfuhrer fur mich«, sagte Bolitho.»Gute Idee, nicht?»

«Vorzuglich«, erwiderte Keen ernst.

Sie blickten Allday nach, als dieser ging.»Mein Gott, er sieht sogar aus wie ein Vater!«meinte Keen.

«Kennen Sie diesen Bankart?«fragte Bolitho.

Keen nahm von Ozzard ein Glas entgegen und hielt es ans Licht.»Ich sah ihn bei der Vereidigung, Sir. Er ist ungefahr zwanzig und diente vor dem Frieden auf der

Fuhrte sich ganz ordentlich.»

Bolitho schaute beiseite. Keen hatte Bankart also schon uberpruft. Um sich selbst zu decken oder Allday?

«Die

Bolitho lachelte.»Ja, ich glaube auch, da? mein Flaggkapitan mehr ausrichten kann als Inchs Offiziere.»

Stayt betrat die Kajute und gab Ozzard seinen Hut. Auch er hatte sich anscheinend mit der

Orontes

Bolitho rieb sich das Kinn. Merkwurdig, das war bisher nicht erwahnt worden.

«Hat wohl Angst, sein Geld auf einem Kriegsschiff zu uberfuhren, was?«fragte Keen bitter.»Der Feigling furchtet ein Gefecht.»

Ozzard druckte sich an der anderen Tur herum. Er hatte alles mitangehort, wurde es aber fur sich behalten. Uber das Gold wu?te er wie der Rest des Geschwaders langst Bescheid. Komisch, da? die Offiziere so etwas immer als letzte erfuhren.

«Dinner ist serviert, Sir«, verkundete er lammfromm.

Als Bolitho am folgenden Morgen an Deck kam, sah er sofort, wie sehr der Sturm der vergangenen Nacht sein Geschwader gebeutelt hatte. Nun, da jeder Kommandant bemuht war, sein Schiff wieder auf Station zu bringen, flaute der Wind ebenso boshaft zu einer leichten Brise ab, so da? die schweren Schiffe mit killenden Segeln hilflos in den Wellentalern rollten. Keen schaute finster hinuber zur

Der Flaggkapitan war verargert.»Lassen Sie meine Gig aussetzen. Ich fahre hinuber. «Er nahm dem Midshipman der Wache das Teleskop ab und richtete es auf den treibenden Transporter.»Ich habe bereits mit meinem Zimmermann gesprochen, Sir Richard. Mit seiner Hilfe hoffe ich, den Kapitan der

Keen setzte sein Fernrohr ab und schaute ihn an.»Aye, Sir. «Die Sache schien ihm unangenehm zu sein.»Da druben wird sogar getrunken, Sir. Um diese Tageszeit!»

Die Gig und ein Kutter wurden zu Wasser gelassen, wahrend das Flaggschiff in den Wind ging und beidrehte. Seine aufgegeiten Segel schlugen.

Keen eilte schon zur Schanzkleidpforte.»Gehen Sie mit ihm, Mr. Stayt«, befahl Bolitho.»Mag sein, da? Sie heute mehr als nur Seemannschaft lernen.»

Keen wartete ungeduldig, bis ein Trupp Seesoldaten unter Leutnant Ord gerauschvoll in den Kutter geklettert war. Ord war ein hochmutiger junger Mann, den es offensichtlich storte, da? sein makelloser roter Rock bei der Uberfahrt na? werden wurde.

Keen salutierte zum Achterdeck und kletterte dann rasch an der Bordwand hinunter zu Hogg in seiner Gig. Wahrend der Uberfahrt warf er einen Blick achteraus und sah sein Schiff sich sanft in der Dunung wiegen. Bolitho stand kerzengerade an der Heckreling. Die

Orontes

Keen ha?te dieses grausame Ritual und seine Notwendigkeit noch mehr. Seit er als junger Midshipman seiner ersten Bestrafung beigewohnt hatte, war er wie die meisten Offiziere bemuht gewesen, der Disziplin zuliebe seine Abscheu zu unterdrucken. Doch dieser Fall lag anders. Als er die mit ausgestreckten Armen und Beinen an die Grating gefesselte Gestalt betrachtete, lief ihm ein kalter Schauer uber den Rucken.

«Mein Gott, Sir, das ist ja ein Madchen!«rief ein Matrose hinter ihm.

Sie war bis fast zu den Hinterbacken entkleidet. Gesicht und Schultern verhullte ihr Haar, und die Arme hatte sie ausgestreckt wie gekreuzigt.

Keen trat vor, doch ehe er intervenieren konnte, hob der Bootsmannsgehilfe den Arm und lie? mit einem Knall, der an einen Pistolenschu? erinnerte, die neunschwanzige Katze auf den Rucken des Madchens niedersausen.

Keen sah, wie sich ihr Rucken wolbte, wie ihre zerrissene Kleidung noch tiefer rutschte. Sie schrie jedoch nicht, denn die Wucht des Schlages hatte ihr den Atem genommen. Dann trat langsam eine hellrote Linie auf der Haut hervor, die sich von einer nackten Schulter bis zur anderen Hufte hinzog, und Blut sickerte ihr uber den Rucken. Als der Mann wieder den Arm hob, begann sie, sich in ihren Fesseln zu winden.

«Wenn dieser Mann die Peitsche auch nur hebt, erschie?en Sie ihn!»

Stayt, der die Pistole bereits gespannt in der Hand hatte, trat vor. Er hob den Arm, aber nicht wie ein Mann, der in die Schlacht geht, sondern wie ein Duellant, der seine Waffe fur den einzigen, entscheidenden Schu? ausrichtet.

Ein korpulenter Mann in blauem Rock drangte sich mit vor Emporung bibbernden Hangebacken zu Keen durch. Keen musterte ihn gelassen, obwohl ihn die kalte Wut fur alles andere blind machte — abgesehen von dem Wunsch, diesem Kapitan ins Gesicht zu schlagen.

«Verdammt, was machen Sie da?«Der Mann konnte sich vor Wut und Trunkenheit kaum artikulieren.

Keen erwiderte seinen zornigen Blick.»Ich bin der Flaggkapitan des Admirals. Sie mi?brauchen Ihre Macht, Sir. «Zu seiner Erleichterung horte er die Seesoldaten an Bord klettern — endlich! Inch hatte seine Manner offenbar vor dem Sturm abgezogen. Einen Augenblick spater, und er, Stayt und die anderen waren uberwaltigt worden.

Leutnant Ord schien unfahig, auf die Lage zu reagieren, doch Blackburn, sein stammiger Wachtmeister, schnarrte:»Bajonett pflanzt auf! Wer sich ruhrt, wird niedergestochen!«Blackburn traute keinem, der nicht den roten Rock der Royal Marines trug.

Der klirrende Stahl schien den ha?lichen Kapitan zu schockieren.

«Sie ist eine verdammte Diebin«, sagte er beschwichtigend.»Nichts als eine gewohnliche Hure. Auf meinem Schilf herrscht Ordnung und Disziplin! Wenn es nach mir ginge.»

Er verstummte, als Keen befahl:»Schneidet sie los und deckt sie zu.«»Sie ist ohnmachtig, Sir«, rief ein Matrose. Keen zwang sich, zur Grating hinuberzugehen. Er sah, wie sie in ihren Fesseln hing, wie das Blut ihr Ruckgrat entlangrann. Ihre Bruste waren gegen das Gitter gepre?t, und er konnte ihr Herz schlagen sehen. Sie war ohnmachtig geworden, aber der Schmerz wurde geduldig auf sie warten.

Hogg erschien an Deck, und Keen horte, wie er sein Entermesser in die Scheide steckte. Er mu?te mit dem Schlimmsten gerechnet haben, um die Gig im Stich zu lassen und ungebeten an Bord zu kommen. Jetzt schnitt er die Fesseln durch und fing die Frau auf. Die Fetzen ihrer blutgetrankten Kleider verfingen sich an seinen Armen, als er ihren Korper dem Blick der stummen Zuschauer verbarg.

«Ich habe einen Arzt an Bord«, sagte der Kapitan gepre?t.

Keen musterte ihn.»Den kann ich mir vorstellen. «Auf Keens Blick hin wich der Mann zuruck, als hatte er darin gesehen, in welcher Gefahr er schwebte.

«Bringen Sie die Frau in die Gig und rudern Sie zuruck zum Schiff, Hogg. Sie begleiten ihn, Mr. Stayt. «Er entdeckte Groll in den dunklen Augen des Leutnants. Stayt wollte den Mann mit der Peitsche wohl erschie?en, wollte irgend jemanden toten. Keen kannte diesen Blick. Habe ich ihn vielleicht auch? fragte er sich.

«Also, Kapitan Latimer. «Keen war selbst uberrascht, da? er sich an den Namen dieses Mannes erinnerte, den er eben noch hatte niederschlagen wollen.»Sie werden nun Ihre besten Leute ein Notruder bauen lassen. Falls erforderlich, stelle ich Ihnen weitere Manner zur Verfugung, aber ab sofort wird keine Zeit mehr vergeudet, ist das klar?»

«Und das Madchen?«Wieder schimmerte bei Latimer die Wut durch.»Ich bin fur alle Seelen an Bord verantwortlich.»

Keen musterte ihn kalt.»Dann sei Gott ihnen gnadig. Kapitan Inch hat die Ehefrauen von Garnisonsoffizieren in Gibraltar an Bord. Sie werden sich um die Kleine kummern, nachdem mein Schiffsarzt sie untersucht hat.»

Der andere Mann wu?te, da? seine Autoritat von Sekunde zu Sekunde schwand.»Dafur werden Sie noch von mir horen, Kapitan.»

Keen hob die Hand und sah, wie der andere zusammenzuckte. Doch er fa?te sich nur an den blauen Aufschlag und antwortete:»Und Sie von mir, verlassen Sie sich drauf.»

Ein weiteres Boot kam langsseits, und er horte den Zimmermann der

Schweratmend kletterte er hinunter in seine Gig und vermutete, da? seine Hande zitterten. Der Midshipman starrte ihn an. Er mu?te fast alles beobachtet haben.

«Sie sind ja heute ganz Auge, Mr. Hext«, meinte Keen.

Hext, der erst dreizehn war, nickte und schluckte.»Verzeihung, Sir — aber ich, ich.»

«Heraus damit, Mr. Hext.»

Hext wurde knallrot, weil er wu?te, da? die Rudergasten ihn beim Pullen anschauten.

«Als ich das sah, Sir, wollte ich Ihnen beistehen.»

Keen, der die Aufrichtigkeit des Jungen ruhrend fand, lachelte. Wie es hie?, schrieb Hext oft an seine Eltern, obwohl sich nur selten Gelegenheit zum Postaufgeben bot.

«Haben Sie nie Angst, den Hilflosen zu helfen, Mr. Hext. Merken Sie sich das gut.»

Der Midshipman umklammerte die Pinne und starrte zu den turmhohen Masten des Flaggschiffs auf.

«Riemen hoch!«rief er mit heller Stimme.

Diesen Augenblick wurde er nie vergessen.

III Kein todlicherer Feind

Bolitho beugte sich aus einem der gro?en Heckfenster, als Keen mit der Mutze unterm Arm die Kajute betrat.

Achteraus lagen die anderen Schiffe mit rundgebra?ten Mars- und Bramsegeln auf Backbordbug. Etwas abseits, wenngleich noch mit ihrer Eskorte, kam die

Keen rausperte sich.»Sie wollten mich sprechen, Sir Richard?»

Es konnte Keen nicht entgangen sein, da? Ozzard und die anderen abwesend waren. Das Gesprach sollte unter vier Augen stattfinden.

«Ja.

Keen nickte.»Mein Bootsfuhrer nahm ihn entgegen, Sir.»

«Darin beschwert er sich uber Ihr Verhalten, auch uber unser Verhalten, da Sie unter meinem Kommando stehen, und droht, es an hohere Stelle weiterzumelden.»

«Das tut mir leid«, sagte Keen leise.»Ich wollte Sie nicht hineinziehen.»

«Ich hatte von Ihnen kein anderes Verhalten erwartet, Val«, sagte Bolitho.»Die Drohungen dieses Dummkopfs storen mich nicht. Wenn ich bei seinen Vorgesetzten Entschadigung furs Abschleppen und seine Rettung verlangte, sa?e er ein fur allemal auf der Stra?e. Er und seinesgleichen sind Abschaum, sie arbeiten fur Blutgeld wie Sklavenfahrer.»

Keen wartete ab; fast uberraschte es ihn, da? Bolitho ihn wegen seiner Einmischung nicht zurechtgewiesen hatte.

Bolitho fragte:»Haben Sie mit diesem Madchen gesprochen?»

Keen zuckte die Achseln.»Nein, Sir. Ich hielt es fur besser, sie dem Arzt zu uberlassen, bis sie sich erholt hat. Sie hatten die Peitsche sehen sollen und den Riesen, der sie schwang.»

Bolitho dachte laut.»Eine Frau sollte sich um sie kummern. Auf Ihren Vorschlag hin erwog ich Inchs Schiff, bin mir aber inzwischen nicht mehr so sicher. Offiziersfrauen und ein Strafling, der in die Verbannung geschickt wird — fur welches Verbrechen auch immer —, das pa?t nicht zusammen. Ich werde Latimer bitten, mich uber den Grund ihrer Verurteilung zu informieren.»

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