Strandwolfe: Richard Bolithos gefahrvoller Heimaturlaub - Kent Alexander 3 стр.


Der Kutter drehte jetzt langsam in den Wind, zugig verschwanden die Segel, wahrend die Besatzung ihn klarmachte zum Ankern. Die rote Flagge und ein Wimpel im Topp boten den einzigen Farbkontrast gegen den bleiernen Himmel. Bolitho hatte dasselbe erregende Gefuhl, das ihn immer erfullte, wenn er einen Teil seiner eigenen Welt sah, und mochte dieser auch noch so klein sein.

Mochte der Kutter auch plump und schwerfallig aussehen, ohne die schimmernden Geschutze und die stolzen Galionsfiguren gro?erer Kriegsschiffe, so war er doch Reprasentant des Konigs. Er sah den Anker ins Wasser klatschen, sah das ubliche Getummel an den Taljen der Davits beim Ausschwenken der

Jolle.

Uber das bewegte Wasser hinweg horten sie das Stimmengewirr und malten sich die Szene an Bord aus. In diesem Schiffskorper von siebzig Fu? Lange drangte sich wahrscheinlich eine Besatzung von sechzig Seelen, obwohl man sich schlecht vorstellen konnte, wie sie es fertigbrachten, auf solch engem Raum zu schlafen, zu essen und zu arbeiten. Diesen Platz mu?ten sie noch teilen mit Ankertross, Wasser, Proviant, Pulver und Munition. Das lie? jedem nur ein paar Quadratzoll fur seine eigene Bequemlichkeit.

Die Jolle war zu Wasser gelassen worden, und Bolitho sah das

Schimmern einer wei?en Kniehose unter blauem Rock, als der Kommandant einstieg, um an Land zu fahren. Nachdem das Schiff an seinem Tau entsprechend Wind und Stromung eingeschwoit war, konnte Bolitho den Namen auf dem uberhangenden Heck lesen:

Erstaunt gingen sie zur Anlegertreppe, wahrend der Dreispitz und die Schultern des Kommandanten der

Bolitho starrte ihn an, wutend uber Hughs Schroffheit. Vor allem tat es ihm um Dancer leid.»Fehlstellen?»

Hugh musterte ihn kuhl.»Aye. Ich mu?te letzte Woche meinen Ersten Offizier und einige gute Leute an Bord einer Prise lassen. In der Marine sind Ersatzoffiziere und Seeleute knapp, wovon ihr naturlich nichts wi?t. An Afrikas Kusten mag die Sonne scheinen, hier aber herrscht eisige Wirklichkeit.«»Hast du uns angefordert?»

Hugh hob die Schultern.»Euer Kommandant hat mir gesagt, da? ihr beide hier seid. Verfugbarkeit und Ortskenntnis entschieden den Rest. Er billigte die Versetzung.»

Das frohe Gesicht seiner Mutter, als sie eintraten, versohnte Bolitho ein wenig.

Dancer sagte leise:»Es kann ganz lustig werden, Dick. Dein Bruder hat das Auftreten eines erfahrenen Offiziers. «Widerwillig stimmte Bolitho zu:»Das hat er, wei? Gott!«Dann sah er, da? Hugh seine Mutter ins angrenzende Zimmer fuhrte. Als sie wieder herauskam, lachelte sie nicht mehr.»Es tut mir so leid, Dick, und noch mehr fur dich, Martyn. «Dancer erwiderte mit fester Stimme:»Das durfen Sie nicht sagen, Madam. Wir sind beide gewohnt, Unerwartetes hinzunehmen.«»Trotzdem.»

Sie wandte sich um, als Hugh wieder eintrat, ein Glas Brandy in der Hand.

«Trotzdem, meine Lieben«, fuhr Hugh an ihrer Stelle fort,»ist es eine ernste Angelegenheit und lediglich die Spitze des Eisberges. Gott allein wei?, was dieser Tor Morgan vorhatte, als er umgebracht wurde; aber kein Zollner sollte Alleingange unternehmen. «Sein Blick heftete sich auf Bolitho.»Es geht um weit Schlimmeres als Schmuggel. Zuerst glaubten wir, es lage an dem schlechten Wetter. Wracks sind schlie?lich nichts Ungewohnliches an dieser Kuste.»

Bolitho frostelte es.

Silber und Gold, Spirituosen und kostbare Gewurze. Genug, um eine ganze Stadt zu versorgen oder eine Armee zu finanzieren. «Er hob die Schultern, als sei er der Vertraulichkeiten mude.»Meine Aufgabe ist es, diese Morder zu finden und den Behorden zu ubergeben. Das Warum und Wozu ist nicht die Sache eines Offiziers des Konigs.»

Seine Mutter sagte heiser:»Aber Strandrauber! Wie konnen sie nur hilflose Seeleute anlocken und ausplundern…»

Hugh lachelte.»Sie sehen den Landadel unter den an

Privatstranden angetriebenen Wracks reiche Beute halten,

Mutter. Da geht die Vernunft schnell zum Teufel.»

Dancer protestierte:»Aber es ist ein ungeheurer Unterschied, ob ein Schiff durch Unfall strandet oder absichtlich ins Verderben gelockt wird, Sir!»

Hugh blickte weg.»Moglich. Aber nicht fur die Strandwolfe, diese Hyanen, die von Wracks leben.»

Dancer sagte:»Die Nachricht von Ihrer Ankunft wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten, Sir.»

Hugh nickte.»Ich werde ein paar Hande schmieren und Versprechungen machen. Einige werden mir Informationen zukommen lassen, nur damit die Avenger sonstwohin verschwindet.»

Bolitho sah seinen Freund an. Diese Seite der Marine war ihnen fremd: da? ein Kommandant gegen Bestechungsgelder Informationen sammelte und dann vollig frei und unabhangig seine Entscheidungen traf, ohne erst den Segen der Vorgesetzten abwarten zu mussen.

Die Tur flog auf, Nancy rannte durch den Raum und schlang ihre

Arme um des Bruders Hals.

«Hugh! Das ist ja wirklich ein Familientreffen!»

Hugh hielt sie von sich ab und musterte sie eingehend.

«Langsam! Du bist jetzt eine Lady — na, wenigstens beinahe.»

Schnell wurde er wieder dienstlich.»Wir laufen mit der Tide aus.

Ich schlage vor, Dick geht zum Hafen hinunter und ruft ein

Boot. «Sein Ton wurde hart.»Bitte keine Einwande, Mutter. Ich pflege meine Entscheidungen rasch zu treffen. Aber wir werden

Weihnachten zusammen verleben, wenn ich es einrichten kann.»

Als Bolitho die Tur schlo?, um in seinem Zimmer zu packen,

horte er noch die Stimme seiner Mutter.

«Aber warum blo?, Hugh? Du warst doch gern auf deinem

Schiff! Jeder sagte, da? dein Kommandant sehr zufrieden mit dir war.»

Bolitho zogerte. Er ha?te heimliches Lauschen, aber er mu?te wissen, was sich ereignet hatte.

Hugh erwiderte kurz:»Ich habe die

«Und Vater mu? es nicht erfahren, wenn du es ihm nicht erzahlst.»

Dancer erwartete Richard oben auf dem Treppenabsatz.»Was ist los?»

Bolitho seufzte.»Mein Bruder hat ein hitziges Temperament. Ich glaube, er war in ein Duell verwickelt.»

Dancer lachelte.»In St. James wird alle Augenblicke jemand im Duell verletzt oder getotet. Der Konig hat es zwar verboten«, er hob die Schulter,»aber das Duellieren geht trotzdem weiter. «Sie halfen sich gegenseitig beim Wiedereinpacken der Seekisten. Mrs. Tremayne ware dabei doch nur in Tranen ausgebrochen, auch wenn sie ihr versprochen hatten, bald wiederzukommen. Als sie die Treppe hinuntereilten, war Hugh schon verschwunden.

Bolitho ku?te seine Mutter zum Abschied. Dancer nahm ihre Hand und sagte mit bewegter Stimme:»Selbst wenn ich niemals mehr zuruckkehre, Madam, schon dieser eine Besuch war ein gro?es Geschenk fur mich.»

Sie hob den Kopf.»Danke, Martyn, Sie sind ein guter Junge. Pa?t auf euch auf, alle beide!»

Zwei Seeleute warteten bereits am Portal, um die Kisten an Bord zu tragen.

Bolitho lachelte in sich hinein. Hugh war sich also seiner Sache sicher gewesen, wie immer. Er hatte alles unter Kontrolle. Als sie den Platz vor dem Gasthaus uberquerten, rief Dancer plotzlich:»Schau, Dick, die Postkutsche!«Sie blieben stehen und starrten hinuber, als

III Wie ein Vogel

Nach einer bewegten Fahrt zu der vor Anker liegenden

Eine Gestalt loste sich aus dem geschaftigen Gedrange arbeitender Seeleute und trat den beiden Fahnrichen entgegen. Es war ein Riese an Gro?e und Umfang, mit einem von Wind und Wetter gebraunten Gesicht, so da? er mehr wie ein Spanier wirkte als wie ein Brite.

Mit drohnender Stimme sagte er:»Hab' schon von Ihnen gehort. «Er streckte eine gro?e, narbenbedeckte Hand aus:»Andrew Gloag, kommissarischer Segelmeister und Steuermann.»

Bolitho stellte Dancer vor und verglich die beiden dabei: der schlanke, blonde Fahnrich und die gewaltige, unerschutterliche Gestalt Gloags im geflickten blauen Rock. Seinem Namen nach konnte er aus Schottland stammen, jetzt sprach er jedoch unverfalschten Devonshire-Dialekt.

«Die jungen Herren gehen wohl besser nach achtern. «Gloag schielte zur Kuste hinuber.»Wir gehen bald Anker auf, wie ich den Kommandanten kenne. «Er grinste, wobei er mehrere Zahnlucken entblo?te.»Hoffentlich sind Sie ihm nicht zu ahnlich. Noch ein paar von derselben Sorte konnte ich kaum verkraften!«Lachend schob er sie zum Niedergang.»Gehen Sie hinunter und sehen Sie nach Ihren Sachen. «Er fuhr herum und brullte durch die hohlen Hande:»Lebhaft da, du fauler Schuft! Beleg' die Leine, oder ich zieh' dir das Fell uber die Ohren!»

Bolitho und Dancer kletterten atemlos die kurze Niedergangstreppe hinunter und tasteten sich zu einer kleinen Kabine im Heck weiter, wobei sie mehrfach mit dem Kopf an die niedrigen Decksbalken stie?en. Die

Gorgon

Dancer schob seine Seekiste in eine freie Ecke und setzte sich darauf. Sein Kopf reichte selbst jetzt noch bis fast zu den Decksbalken.

«Was haltst du von allen, Dick?»

Bolitho lauschte auf das Knarren und Achzen des Holzes, das Klappern und Klatschen nassen Tauwerks in der Takelage uber ihren Kopfen. Bald wurde es noch lebhafter werden, wenn sie erst einmal den Schutz der Reede verlassen hatten.»Strandrauberei und Schmuggel, ich glaube, die beiden gehen immer Hand in Hand, Martyn. Der kommandierende Admiral in Plymouth mu? jedoch mehr wissen als wir, wenn er so bereitwillig die

In der Kabine warf er sich auf eine Bank und schnauzte:»Wenn ich an Bord komme, erwarte ich, von meinen Offizieren empfangen zu werden. «Er starrte die Fahnriche wutend an.»Dies ist kein Linienschiff, wo fur jede nebensachliche Aufgabe zehn Mann zur Verfugung stehen. Dies ist. «Er fuhr herum, als ein verangstigter Seemann zu ihnen hereinblickte.»Wo, zum Teufel, haben Sie gesteckt, Warwick?«Er wartete die Antwort nicht ab.»Bringen Sie Brandy und hei?es Wasser dazu. «Der Mann verschwand blitzartig.

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