Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander 14 стр.


Als die ersten Manner hinunterkletterten, trat Mudge zu Bolitho ans Fallreep.»Ich mu?te eigentlich mit an Land, Sir. Aber ich habe Fowlar, meinem besten Maat, die Lage der Wasserstelle beschrieben, und er ist ein tuchtiger Mann, Sir, wirklich.»

Bolitho hob die Arme, damit Allday ihm das Degengehange umschnallen konnte.»Na, was macht Ihnen dann Sorgen, Mr. Mudge?»

Der Alte zog die Brauen zusammen.»Es gab 'ne Zeit, da konnte ich 'ne halbe Meile schwimmen und danach eine Meile mit vollem Gepack marschieren… »

Herrick grinste.»Und hatten dann noch genug Atem fur 'ne Nummer mit einer hubschen Deern, wie?»

Mudge blitzte ihn wutend an.»Ihre Zeit kommt auch noch, Mr. Herrick. Altwerden ist kein Spa?!»

Bolitho lachelte.»Hier an Bord gelten Sie immer noch eine ganze Menge. «Und zu Herrick gewandt:»Riggen Sie Enternetze auf, solange wir weg sind. Mit nur einer Ankerwache und den paar Seesoldaten konnten Sie in Schwierigkeiten kommen, wenn jemand einen Uberraschungsangriff versucht. «Er legte ihm die Hand auf den Arm.»Ich wei?, ich bin ubervorsichtig. Ich sehe Ihnen am Gesicht an, was Sie denken. Aber besser zu vorsichtig als tot. «Er warf einen kurzen Blick auf die Kuste.»Besonders hier.»

Auf dem Weg zur Schanzpforte fugte er noch hinzu:»Die Boote kommen jeweils zu zweien zuruck. Wechseln Sie nach Moglichkeit die Leute aus. Sie werden schnell ermuden bei dieser Hitze.»

Er sah noch, wie Puigserver ihm vom Decksgang her zunickte und da? Raymond vom Achterschiff, neben dem kleinen Sonnendach seiner Frau, heruber spahte. Die Abteilung fur die Ehrenbezeugung stand angetreten; er fa?te gru?end an seinen Hut und kletterte rasch in die Gig, wo Allday schon an der Ruderpinne sa?.

«Ablegen!»

Ein Boot nach dem anderen kam gemachlich aus dem Schatten der Fregatte heraus und nahm mit gleichma?igem Riemenschlag Kurs auf das Land. Bolitho blieb in der Gig stehen, um die kleine Flottille zu mustern: voran Leutnant Soames in der Barkasse, dem gro?ten Boot der

Drehbasse hockte. Dann kam Davy im ebenfalls tiefbeladenen Kutter: schlank neben Mr. Pryke, dem rundlichen Schiffszimmermann der

Bolitho lachelte zuruck. Der wenigstens war guter Laune. Er beobachtete die langsam dahinziehenden Boote: insgesamt achtzig Mann mit Offizieren, und noch mehr wurden ubersetzen, sobald er die Boote fur ihren Transport entbehren konnte. Er setzte sich und zog den Hut tiefer uber die Augen. Dabei ruhrte er an die Stirnnarbe und erinnerte sich an jenes andere Wasserbeschaffungsunternehmen, an dem er vor so langer Zeit beteiligt gewesen war… Der plotzliche Angriff damals, Schreie von uberallher, der riesige Wilde, der das Entermesser schwang, das er soeben einem sterbenden Matrosen entrissen hatte. Bolitho hatte es noch aufblitzen sehen, dann war er mit blutuberstromten Gesicht besinnungslos zu Boden gesturzt. Sein Bootsmann hatte sich dazwischen-geworfen, sonst ware es aus mit ihm gewesen.

Herrick pa?te es vermutlich nicht, da? Bolitho die Landetruppe selbst befehligte. Das war normalerweise Sache des Ersten Leutnants. Aber die Erinnerung an den Kampf damals mahnte ihn daran, da? jederzeit unvermutet etwas schiefgehen konnte.

«Noch eine Kabellange, Captain«, sagte Allday und lie? die Gig etwas abfallen. Bolitho fuhr auf; er mu?te getraumt haben. Die

Wieder einmal erwies es sich, da? man auf Mudges Gedachtnis bauen konnte. Zwei Stunden, nachdem die Boote auf den Strand gezogen und die Arbeitskommandos eingeteilt waren, meldete Fowlar, der Steuermannsmaat, er habe einen Bach mit wunderbar frischem Wasser gefunden.

Sofort gingen sie an die Arbeit. Bewaffnete Wachen wurden an sorgfaltig ausgewahlten Punkten mit guter Sicht postiert und Spaher auf die kleine Anhohe geschickt, unter der Mudges Bach durch den dichten Dschungel rann. Nach den ersten unsicheren Schritten auf dem festen Land, das ihre Seebeine nicht mehr gewohnt waren, machten sich die Matrosen eifrig ans Werk. Pryke, der Schiffszimmermann, baute mit seinen Helfern rasch ein paar kraftige Schlitten, auf welchen die vollen Wasserfasser hinunter zu den Booten gezogen werden sollten; und wahrend der Kufer wachsam am Bach wartete, hieben die anderen unter Fowlars Aufsicht mit Axten einen Pfad durch den Wald.

Bolitho hielt Verbindung zwischen Bach und Strand. Mehrmals ging er hin und her, um sich zu vergewissern, da? alles gut lief, und Midshipman Penn trabte treulich mit ihm, um im Bedarfsfall als Befehlsuberbringer zu fungieren. Am Strand hatte Leutnant Soames das Kommando; er sollte auch den Nachschub einteilen, der spater vom Schiff heruberkommen wurde. Davy war fur den Betrieb an der Wasserstelle zustandig, und Keen tauchte ab und zu an der Spitze einiger Bewaffneter auf, mit denen er die arbeitende Abteilung gegen unwillkommene Besucher sichern sollte. Fast sofort hatte Fowlar zwei Feuerstellen von Eingeborenen entdeckt; aber sie waren schon verrottet und auseinandergeweht und wohl seit Monaten nicht mehr benutzt worden. Trotzdem spurte Bolitho eine Bedrohung im Nacken, wenn er stehenblieb, um zu kontrollieren, wie weit die einzelnen Abteilungen waren: eine schwer zu definierende Feindseligkeit.

Einmal mu?te er auf dem Weg landeinwarts beiseitetreten, als ein plumper Schlitten, von zwei Dutzend lasterlich fluchenden Matrosen geschoben, an ihm vorbeidonnerte und dabei das Unterholz wegdruckte. Da flogen unter mi?tonendem Gekreisch mehrere gro?e Vogel auf. Bolitho sah ihnen nach und trat dann in die breite Schleifspur zuruck. Wenigstens gab es hier doch etwas Lebendiges, dachte er. Unter den Baumen, die den Himmel verdeckten, war die Luft schwer und stank nach faulenden Pflanzen. Hier und da raschelte und knackte etwas, oder ein Auge blitzte wie ein kleiner schwarzer Knopf kurz in der Sonne auf und verschwand ebenso schnell.

«Das konnten Schlangen sein«, keuchte Penn. Sein Atem ging schwer, das Hemd klebte ihm am Korper, denn er mu?te sich machtig anstrengen, um Bolithos Tempo durchzuhalten.

Davy stand unter einem Felsuberhang und machte einen Strich in seiner Liste, denn eben hammerte Duff wieder ein Wasserfa? sorgfaltig zu, damit auf dem holprigen Weg kein Tropfen verlorenging- Er richtete sich auf, nahm Haltung an und meldete:»Alles klar, Sir.»

«Gut. «Bolitho buckte sich, schopfte mit den hohlen Handen Wasser aus dem Flu? und trank. Es schmeckte erfrischend wie Wein, trotz der schwarzlich-fauligen Wurzeln, die von beiden Ufern ins Wasser wuchsen.»Kurz bevor es dunkel wird, machen wir Schlu?«, sagte er und blickte hoch zu einem Fleck blauen Himmels, als die Baume leise zu rauschen begannen. Am Boden, unter den verfilzten Zweigen, war die Luft unbeweglich, aber oben wehte ein stetiger Landwind.

«Ich steige auf den Hugel, Mr. Davy. «Es kam ihm vor, als hore er Penn hinter sich verzweifelt aufstohnen.»Hoffentlich sind Ihre Ausguckposten wach.»

Es war ein langer, anstrengender Marsch, und als sie aus den Baumen heraus waren und das letzte Stuck Weg frei vor ihnen lag, fuhlte Bolitho die Hitze auf seinen Schultern und ein Brennen unter seinen Schuhsohlen, als schritte er uber einen gluhenden Rost. Aber die beiden Posten oben schienen sich ganz wohl zu fuhlen. In ihren fleckigen Hosen und Hemden, die tiefgebraunten Gesichter von machtigen Strohhuten fast verborgen, glichen sie eher Schiffbruchigen oder Ausgesetzten als ehrlichen britischen Seeleuten.

Aus einem Streifen Segeltuch hatten sie sich ein kleines Sonnendach aufgeriggt; dahinter lagen ihre Waffen, die Wasserflaschen und ein gro?es Fernrohr. Der eine tippte sich gru?end an die Stirn und meldete:»Alles klar, Kapt'n.»

Bolitho zog sich den Hut tiefer in die Stirn und blickte aufmerksam in die Ebene hinunter. Die Kuste war zerrissener, als er vermutet hatte. Hier und da, in einer kleinen Bucht oder einem schmalen Meeresarm, den keine Karte verzeichnete, glitzerte Wasser durch Stamme und Laubwerk. Landeinwarts erstreckte sich uberall, in der Ferne von einer hohen dunklen Felsbarriere begrenzt, dichter Baumbewuchs wie die Dunung einer grunen See. Und so verfilzt waren die Wipfel, da? es aussah, als konne man festen Schrittes darubermarschieren.

Bolitho nahm das Fernrohr und richtete es auf das Schiff. Die Umrisse der

Bolitho wandte sich so plotzlich nach rechts, da? die Manner erschraken. Sorgfaltig suchte er das Terrain ab. Baume und Wasserstreifen tauchten in der Linse des Fernrohrs auf und verschwanden wieder. Irgend etwas war da gewesen, eine fluchtige Reizung am Rande seines Blickwinkels — aber was? Die Posten sahen ihn zweifelnd an, bewegungslos, erstarrt, wie hypnotisiert.

Ein Reflex in der Linse? Er blinzelte und rieb sich das Auge. Nichts. Noch einmal begann er zu suchen, ganz langsam. Dichter, geschlossener Urwald. Oder sah er nur, was er zu sehen erwartete? Und daher… Er versteifte sich, hielt den Atem an. Als er das Glas sinken lie?, verschwamm das Bild in der Ferne. Er wartete, zahlte die Sekunden, bis sein Atem wieder regelma?ig ging.

Die Posten flusterten miteinander, und Penn trank schon wieder. Wahrscheinlich glaubten sie, ihr Kommandant sei zu lange in der Sonne gewesen. Sehr vorsichtig hob er das Glas erneut ans Auge. Dort, etwas nach rechts, wo er bereits Wasser blinken gesehen hatte, war etwas Dunkleres, das nicht zum Grun und Braun des Waldes pa?te. Er starrte hin, bis ihm das Auge trante und er nichts mehr sehen konnte.

Dann schob er das Fernrohr mit lautem Schnappen zusammen und sagte:»Dort druben liegt ein Schiff. «Penn starrte ihn offenen Mundes an.»Im Suden von uns. Es mu? ein kleiner Meeresarm sein, den wir bei der Anfahrt ubersehen haben. «Er beschattete die Augen, versuchte, die Entfernung zwischen dem Liegeplatz des Fremdlings, der

Doch Bolitho starrte an ihm vorbei und versuchte, nachzudenken.»Dann nehmt jetzt das Glas und sucht so lange, bis ihr es seht!»

Selbstverstandlich hatte der Mann mehr Angst vor seinem Kommandanten oder einer Strafe wegen Nachlassigkeit als davor, was diese Entdeckung bedeuten konnte. Die Gedankengange waren Bolitho durchaus klar.»Hast du es gefunden?»

«Aye, Sir«, nickte der Mann eifrig, aber unglucklich.»Is'n Mast, ganz klar.»

«Na also«, sagte Bolitho trocken.»Dann behalte ihn gefalligst im Auge, damit er nicht wieder verschwindet.»

Penn lie? die Feldflasche sinken und trabte hinter Bolitho her, der schon mit gro?en Schritten bergab ging.»Was kann das zu bedeuten haben, Sir?«stotterte er.

«Verschiedenes. «Bolitho spurte jetzt unter den ragenden Baumen etwas Erleichterung nach der brennenden Sonnenglut.»Vielleicht haben sie uns gesichtet und halten sich versteckt, bis wir Anker lichten. Vielleicht fuhren sie auch irgend etwas gegen uns im Schilde — ich wei? es nicht.»

Ungeachtet der Ranken und Dornen, die an ihm rissen und zerrten, schritt er schneller aus. Ware nicht diese kleine Irritation im Blickfeld der Linse gewesen, hatte er nichts gesehen, nichts gewu?t von dem fremden Schiff. Vielleicht ware das sogar besser gewesen; vielleicht machte er sich unnotig Sorgen.

Er fand Davy, wie er ihn verlassen hatte: gelangweilt uberwachte er das Fullen der Wasserfasser.

«Wo ist Mr. Fowlar?»

Mit einem Ruck fuhr Davy aus seinem Dosen hoch.»Ah — am Strand, Sir.»

«Verdammt!«Also noch eine gute Meile, bis er sich Fowlars Karte und Mudges Notizen ansehen konnte. Er warf einen Blick zum Himmel: noch Stunden bis zum Sonnenuntergang, der dann aber sehr rasch kommen und das Licht wie ein Vorhang ausloschen wurde.»Ich habe ein Schiff gesichtet, Mr. Davy. Gut versteckt, im Suden von uns. «Eben kam der Zimmermann aus dem Unterholz, die blinkende Sage in der Faust.»Ubernehmen Sie hier die Aufsicht, Mr. Pryke. «Er winkte Davy.»Wir gehen zum Strand.»

Pryke nickte, sein feistes Gesicht gluhte wie ein reifer Apfel.

«Aye, Sir. «Prufend blickte er zu Duff hinuber.»Nur noch funf Fasser, meiner Rechnung nach.»

«Schon. Treiben Sie die Leute zur Eile. Und lassen Sie sie am Strand antreten, sobald das letzte Fa? voll ist.»

Eilig schritt Davy an Bolithos Seite dahin. Man sah seinem gutgeschnittenen Gesicht an, da? er tief betroffen war.

«Halten Sie es fur ein feindliches Schiff, Sir?»

«Eben das mussen wir herausfinden.»

Stumm schritten sie weiter; Bolitho wu?te recht gut, da? Davy genau wie oben der Posten der Ansicht war, er mache zuviel Aufhebens von der Sache.

Unten am Strand horte Fowlar gelassen zu und studierte dann seine Karte.»Wenn es dort liegt, wo ich annehme, dann ist die Stelle hier nicht eingezeichnet. Irgendwo zwischen diesem Strand und der nachsten Bucht. «Er machte ein Kreuz.»Hier ungefahr, mochte ich sagen, Sir.»

«Konnen wir vor Dunkelheit dort sein — uber Land?»

Fowlar machte gro?e Augen.»Es sieht ziemlich nahe aus, Sir. Nicht mehr als drei Meilen entfernt. Aber im Dschungel bedeutet es das Vierfache. «Unter Bolithos festem Blick schlug er die Augen nieder.»Sie konnten es schaffen, Sir.»

«Und wenn wir bis morgen warten, Sir?«warf Davy ein.»Wir konnten dann mit der Undine naher an dieses Schiff heran.»

«Das wurde zu lange dauern. Vielleicht lichten sie noch in der Nacht Anker und sind morgen fruh weg. Und wenn sie uber unsere Anwesenheit und unser Vorhaben informiert sind, ware ein Bootsangriff bei Tage und in einem so schmalen Gewasser sinnlos. Das sollte Ihnen eigentlich klar sein, Mr. Davy.»

Davy blickte auf seine Schuhe nieder.»Jawohl, Sir.»

Eben schleiften die Manner keuchend ein weiteres Fa? zum Boot hinunter. Soames, der durch den tiefen Sand herbeigestapft war, um zuzuhoren, sagte unvermittelt:»Das kann ein Sklavenschiff sein. Und dann ist es bestimmt gut bewaffnet. «Er rieb sich das Kinn und nickte.»Ihr Plan ist gut, Sir. Wir konnten am Fu? des Berges vorrucken, wo er bis an die See heranreicht, und uns dann sudwarts halten. «Mit einem verachtlichen Blick auf Davy setzte er hinzu:»Ich suche mir gute Manner dazu aus, die nicht gleich schlapp machen, wenn es mal ein bi?chen rauh wird.»

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