Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander 12 стр.


Die Toten sind immer ohne Wurde, dachte er, was auch Anla? des Kampfes und wie gro? auch der Sieg sein mag.

Sparke befahl:»Macht den Kutter fest! Mr. Libby, Sie ubernehmen ihn! Balleine, lassen Sie diese Rebellen bewachen!»

Frowd kam nach achtern und meldete:»Wir haben drei Mann verloren, Sir, und zwei Verwundete, die aber mit etwas Gluck durchkommen werden.»

Sparke ubergab einem Seeman seine Pistole.»Da sehen Sie, Mr. Bolitho, was wir erreicht haben!»

Bolitho blickte sich um. Zuerst sah er das geschwarzte Gerippe des zweiten Kutters, vollig ausgebrannt und wild qualmend, umgeben von verstreuten Wrackteilen. Der gro?te Teil der Besatzung war entweder unter Rowhursts Beschu? gefallen oder von der starken Stromung fortgerissen worden. Wenige Seeleute konnen schwimmen, dachte er grimmig.

Langsseits und daher besser zu ubersehen, bot der andere Kutter einen womoglich noch schrecklicheren Anblick: Leichen und gro?e Blutflecken uberall; Bolitho sah Fahnrich Libby mit seiner Handvoll Leute sich muhsam einen Weg uber Deck bahnen, das Gesicht verzerrt im Grauen vor dem, was er noch alles erblicken wurde.

Sparke bemerkte:»Rumpf und Takelage sind intakt, sehen Sie das? Zwei Prisen in einer Woche! Das wird neidische Blicke geben, wenn wir in Sandy Hook einlaufen!«Er gestikulierte wutend zu dem unglucklich dreinschauenden Libby hinuber.»Um Gottes willen, Sir, bewegen Sie sich, und werfen Sie diesen Schmutz uber

Bord! Ich will in einer Stunde Anker lichten und Segel setzen, verdammt noch mal!»

Hauptmann d'Esterre sagte:»Ich schicke ein paar meiner Soldaten hinuber, um ihm zu helfen.»

Sparke starrte ihn an.»Das werden Sie nicht tun, Sir! Dieser junge Gentleman mochte Leutnant werden, und wenn die Personalknappheit in der Flotte so anhalt, wird er es auch bald schaffen. Also mu? er lernen, da? dazu mehr gehort als eine Uniform!«Er winkte dem Steuermannsmaaten.»Kommen Sie mit nach unten, Mr. Frowd. Ich brauche den Kurs zur Chesapeake Bay. Die genaue Position der Brigantine werde ich schon noch herausbekommen.»

Sie verschwanden beide unter Deck, und d'Esterre sagte:»Was fur ein ekelerregendes, selbstgefalliges Gehabe!»

Bolitho sah die erste Leiche uber Bord fliegen und trage mit der Stromung vorbeitreiben, als sei sie glucklich daruber, von all dem befreit zu sein.

Er sagte bitter:»Ich dachte, du hast dich nach Arbeit gesehnt?»

D'Esterre packte ihn an der Schulter.»Aye, Dick, ich tue meine Pflicht wie jeder andere. Aber wenn du mich einmal so hamisch und schadenfroh erlebst wie unseren energischen Zweiten Offizier, kannst du mich ruhig uber den Haufen schie?en.»

Der Junge, der von Stockdale bewu?tlos geschlagen worden war, kam langsam wieder auf die Beine. Von einigen Seeleuten gestutzt, rieb er sich den Kopf und schluchzte in sich hinein. Als er Stockda-le sah, versuchte er, nach ihm zu treten, aber Moffitt fing ihn muhelos ab und druckte ihn gegen die Bordwand.

«Er hatte dich auch umbringen konnen«, sagte Bolitho.

Schluchzend stie? der Junge hervor:»Wenn er's nur getan hatte! Die Briten haben meinen Vater umgebracht, als sie Norfolk brandschatzten! Ich habe geschworen, ihn zu rachen!»

Moffitt antwortete grob:»Und deine Leute haben meinen kleinen Bruder geteert und gefedert. Er wurde blind dadurch!«Er stie? den Burschen zu den wartenden Marineinfanteristen.»Damit sind wir quitt.»

Bolitho nickte Moffitt zu.»Tut mir leid. Das mit Ihrem Bruder wu?te ich nicht.»

Moffitt zitterte heftig, jetzt da alles voruber war.»Oh, es gibt noch mehr, Sir, eine ganze Menge mehr!»

Frowd erschien wieder an Deck und ging an dem schluchzenden Gefangenen vorbei.»Ich hatte gehofft, unser Tagwerk sei erst einmal geschafft, wenigstens fur heute, Sir.»

Er warf einen Blick auf den langsseits liegenden Kutter, wo die Leute mit Putz und Besen die Blutflecken von dem verschrammten und durchlocherten Deck spulten.

«Ihr Name ist

Frowd fuhr besorgt fort:»Ich wollte, die Korvette wurde zu uns sto?en. Mr. Sparke hat den Namen der Bucht erfahren, wo die Brigantine auf Grund sitzt. Ich kenne die Gegend, wenn auch nicht sehr gut.»

«Wie hat er das herausgekriegt?»

Frowd trat an die Reling und spuckte uber Bord.»Mit Geld, Sir. In jeder Crew gibt es einen Verrater, wenn der Lohn hoch genug ist.»

Doch Bolitho fuhlte sich erleichtert. Er hatte befurchtet, da? Sparke in seinem ubertriebenen Eifer rauhere Methoden angewendet hatte. Sein Gesicht, als er Elias Haskett erscho?, war nahezu unmenschlich gewesen.

Wieviele wurden sich noch als Sparkes entpuppen? uberlegte er.

Bei stetigem Wind begannen sowohl der Schoner als auch der Kutter, Segel zu setzen und sich ihren Weg aus den Sandbanken zu suchen, wahrend die Rauchwolke des ausgebrannten Wracks ihnen wie ein boses Zeichen folgte.

Verkohlte Trummer und starre Leichen wurden von den beiden Schiffen beiseite geschoben, als diese nun mit vollen Segeln aus der Bucht steuerten.

Sparke kam an Deck und beobachtete durchs Glas, wie Fahnrich Libby, tatkraftig unterstutzt von Balleine und ein paar Seeleuten, auf der

Spater, als beide Fahrzeuge dichtauf durch die kabbelige See stampften, spurte Bolitho das tiefere Wasser unter dem Kiel und war — nicht zum ersten Male — froh, endlich das Land hinter sich zu lassen und wieder auf offener See zu sein.

Von dem Treffpunkt, wo sie ihren blutigen Sieg errungen hatten, bis zu der kleinen Bucht nordlich von Cape Charles, das bei der Einfahrt in die Chesapeake Bay als Ansteuerungspunkt diente, waren es etwa hundert Seemeilen.

Sparke hatte auf gunstigeren Wind gehofft, wurde jedoch enttauscht, denn er frischte mehr und mehr auf und wehte genau daher, wo sie hinwollten.

Beide Schiffe kreuzten in Sichtweite voneinander, aber jede ersegelte Distanz brachte ihnen bestenfalls ein Viertel der Strecke in der gewunschten Richtung ein.

Sooft Sparke auch an Deck kam, er verriet keinerlei Arger oder Ungeduld. Stets jedoch betrachtete er die

Das Wetter und die standigen Anstrengungen des Kreuzens hatten Spannung und Bitterkeit aus Bolithos Gedanken weitgehend verscheucht. Schlie?lich war das Ganze ein gro?er Erfolg gewesen, das lie? sich nicht leugnen: ein Schiff gekapert, ein anderes zerstort, der gro?te Teil der feindlichen Krafte vernichtet. Waren die Plane fehlgeschlagen und sie selbst in eine Falle gegangen, so hatte ihnen der Feind sicherlich ebensowenig Erbarmen gezeigt. Sobald erst einmal beide Kutterbesatzungen an Bord des Schoners gewesen waren, hatten sie Sparkes Widerstand mit ihrer Ubermacht gebrochen, bevor der Neunpfunder den Kampf zu ihren Gunsten hatte wenden konnen.

Es dauerte drei Tage, bis sie das vermutliche Versteck der Brigantine erreichten. Die zerkluftete Kuste, die sich sudwarts bis zum Eingang der Chesapeake Bay erstreckte, war womoglich noch tuk-kischer als das Gebiet, das sie gerade verlassen hatten. Manches Kustenschiff und mancher Tiefwassersegler waren dort gestrandet bei dem Versuch, trotz unsichtigen Wetters die enge Einfahrt zu finden. Einmal in der Bucht, war Raum genug fur eine ganze Flotte, aber die Einfahrt war schwierig, wie Bunce oft genug verkundet hatte.

Wieder einmal war der dustere Moffitt derjenige, der sich erbot, an Land zu gehen und die Gegend zu erkunden.

Das Beiboot der

Minstrel,

Sparke au?erte anerkennend:»Ich werde dafur sorgen, da? Ihre Leistung belohnt wird, Moffitt. «Mit bewegter Stimme fugte er hinzu:»Das ist die Tapferkeit, die unser Land gro? erhalten wird.»

Er lie? Moffitt ein gro?es Glas Rum reichen und rief dann seine Offiziere sowie die alteren Unteroffiziere zusammen. In der winzigen Kajute des Schoners war kaum genug Platz zum Atmen, aber sie verga?en alle Unbequemlichkeit, als Sparke barschen Tones sagte:»Angriff im Morgengrauen! Wir nehmen unser eigenes Boot und das der

Sparke blickte auf die grobe Skizze nieder, die Moffitt fur ihn angefertigt hatte.

«Ich fuhre naturlich das erste Boot, Mr. Libby folgt mit dem zweiten. «Er musterte Bolitho.»Sie ubernehmen das Kommando auf der

Sparke sagte abschlie?end:»Also ist alles klar. Gut. Mr. Frowd wird wahrend unserer Abwesenheit hier das Kommando ubernehmen, und der Neunpfunder ist mehr als ausreichend, um etwaige wirrkopfige Angreifer abzuschlagen!»

Fahnrich Weston leckte sich die trocken gewordenen Lippen; auf seiner Stirn glitzerten Schwei?perlen.»Und was soll ich tun, Sir?»

Sparke lachelte dunn.»Sie gehen mit dem Vierten Offizier. Tun Sie, was er sagt, werden Sie etwas lernen. Tun Sie nicht, was er sagt, so konnten Sie tot sein, bevor Sie Gelegenheit haben, sich weiter den Wanst vollzuschlagen!»

Sie stiegen an Deck, uber dem ein paar blasse Sterne zu ihrer Begru?ung erschienen waren.

Moffitt meldete sich bei Hauptmann d'Esterre.»Ich bin bereit, Sir, Ihnen den Weg zu zeigen.»

Der Hauptmann nickte.»Sie gieren ja geradezu nach Strapazen. Aber fuhren Sie uns, in Gottes Namen.»

Die Boote fullten sich bereits mit Marineinfanteristen. Beide wurden fur die nachste Zeit in standigem Einsatz sein, somit stand der

Stockdale wartete an der Reling, seine wei?en Hosenbeine flatterten im Wind wie kleine Segel. Er krachzte:»Ich bin froh, da? Sie diesmal nicht mitgehen, Sir.»

Bolitho fuhr zusammen.»Warum sagen Sie das?»

«Eine Ahnung, Sir, nur so eine Ahnung. Mir wird erst wohler, wenn wir hier weg sind, wieder auf See bei der richtigen Marine.»

Nachdenklich sah Bolitho zu, wie die Boote ablegten, in denen die Kreuzgurte der Soldaten wei? uber dem dunklen Wasser aufleuchteten.

Das Dumme war, da? Stockdales» Ahnungen«, wie er sie nannte, sich hinterher meist als wahr erwiesen.

Bolitho schritt ruhelos um die Ruderpinne der

Der Wind kam zwar noch aus derselben Richtung, wurde aber von Minute zu Minute schwacher, warmere Luft loste die Kalte der Nacht ab, hin und wieder drang sogar ein Sonnenstrahl durch die Wolken.

Er richtete sein Glas auf den nachstgelegenen Hang und sah zwei winzige, scharlachrote Figuren zwischen dem verfilzten Stechginster. D'Esterres Seesoldaten befanden sich also in Position, Wachen waren aufgestellt. Sie mu?ten von dort gute Sicht auf den kleinen Strand haben, von dem vom Deck der

Stockdale gesellte sich zu ihm, das Gesicht schwarz von Schmutz und Bartstoppeln.

«Sollten jetzt eigentlich angekommen sein, Sir. Aber es ist kein Schu? noch sonstwas zu horen.»

Bolitho nickte. Es bedruckte ihn, da? der Wind immer mehr abflaute und rasche Manover unmoglich machte. Wenn sie schnell weg mu?ten, konnten sie sich nur auf die Riemen verlassen, und je mehr Zeit dabei verstrich, desto gro?er war die Erfolgschance der Angreifer.

Er verfluchte Sparkes Eifer, seine starrsinnige Entschlossenheit, alles allein zu machen. Jeden Augenblick konnte eine Fregatte vorbeikommen, die ihnen beim Entladen hatte helfen konnen, nur hatte er dann den Ruhm des Sieges teilen mussen.

Schlie?lich befahl Bolitho:»Macht das Dory klar, ich fahre hinuber. «Er deutete auf die beiden roten Tupfen am Hang.»Es ist kein Risiko dabei.»

Fahnrich Weston stapfte uber das Deck, seine plumpen Fu?e verfingen sich in den hochstehenden Splittern der zerschossenen Planken.

Bolitho befahl ihm:»Sie ubernehmen hier das Kommando. «Beinahe konnte er Westons Angst riechen.»Ich bleibe die ganze Zeit in Sichtweite.»

Stockdale und zwei Seeleute waren bereits in das Dory geklettert, froh daruber, etwas tun zu konnen oder der Statte des kurzlichen Gemetzels zu entfliehen.

Als Bolitho den winzigen Sandstrand betrat, der kaum gro?er war als das Boot, tat es ihm gut, die Pflanzen zu riechen, die Vogel und sonstiges kleines Getier zu horen. Es war Balsam nach so langer

Zeit.

Plotzlich rief ein Seemann:»Dort, Sir! Mr. Libbys Boot!«Bolitho sah des Fahnrichs Kopf und Schulter, bevor er noch das Klatschen der Riemen horte.»Hierher!»

Libby winkte mit seinem Hut, ein Grinsen der Erleichterung trat auf sein gebrauntes Gesicht.

Er rief:»Mr. Sparke la?t Ihnen sagen, Sie sollen den Kutter herbringen, Sir! Es sind keinerlei Feinde am Ufer, er meint, sie seien alle geflohen, als sie die Schiffe sahen!»

Bolitho fragte:»Was macht er jetzt?»

«Er geht gerade an Bord der Brigantine, Sir. Ein hubsches kleines Schiff, aber durchlochert wie ein Sieb.»

Sparke wollte wahrscheinlich uberprufen, ob es nicht doch eine Moglichkeit gab, sie samt Ladung seinem Geschwader einzuverleiben.

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