Verloren - Блейк Пирс 6 стр.


Als sie die Tür zu Merediths Büro erreichten, hielt Riley an, und Jenn tat es ihr gleich. Riley fühlte sich leicht alarmiert.

Jenn wollte offensichtlich auch zu Meredith.

Warum war die neue Agentin bei diesem Meeting dabei? Hatte sie Meredith darüber informiert, dass Riley Informationen zurückgehalten hatte?

Doch Jenn stand bloß da und schaute sie immer noch nicht an.

Riley klopfte an Merediths Tür und sie und Jenn traten ein.

Direktor Meredith saß hinter seinem Schreibtisch und sah, wie immer, einschüchternd aus.

„Setzen Sie sich, beide”, sagte er.

Riley und Jenn setzen sich gehorsam auf die Stühle vor seinem Schreibtisch.

Meredith war einen Moment lang still.

Dann sagte er: „Agentin Paige, Agentin Roston—Ich möchte Ihnen jeweils Ihre neue Partnerin vorstellen.”

Riley unterdrückte ein Schlucken. Sie blickte zu Jenn Roston, deren dunkelbraune Augen sich bei der Neuigkeit geleitet hatten.

„Das sollte besser kein Problem sein”, sagte Meredith. „Bei der BAU sind wir gerade mit Fällen überlastet. Jetzt, da Agent Jeffrey beurlaubt ist und alle anderen im Einsatz sind, bekommen sie einander. Betrachten Sie es als abgemacht.”

Riley stellte fest, dass Meredith recht hatte. Der einzige andere Agent mit dem sie gerade wirklich arbeiten wollen würde, war Craig Huang, doch der war damit beschäftigt, ihr Haus zu überwachen.

„Das geht in Ordnung, Herr Direktor”, sagte Riley zu Meredith.

„Es wäre mir eine Ehre mit Agentin Paige zusammenzuarbeiten, Herr Direktor.” sagte Jenn.

Diese Worte überraschten Riley ein wenig. Sie fragte sich, ob Jenn sie wirklich ernst meinte.

„Freuen Sie sich nicht zu sehr”, sagte er. „Dieser Fall wird vermutlich nicht viel ergeben. Gerade erst heute Morgen wurde die vergrabene Leiche eines Mädchens im Teenage-Alter auf einem Stück Farmland in der Nähe von Angier, einer kleinen Stadt in Iowa, gefunden.”

„Ein einzelner Mord?” fragte Jenn.

„Warum soll sich die BAU mit dem Fall befassen?” fragte Riley.

Meredith trommelte mit seinen Fingern auf den Schreibtisch.

„Meine Vermutung ist, dass es uns nicht wirklich betrifft”, sagte er. „Doch ein weiteres Mädchen ist zu einem früheren Zeitpunkt aus der selben Stadt verschwunden, und man hat sie immer noch nicht gefunden. Es handelt sich um eine überschaubare und ruhige Gegend, und solche Dinge passieren dort einfach nicht. Die Leute sagen, dass beide Mädchen nicht der Typ gewesen wären, der einfach abhaut oder mit Fremden mitgeht.”

Riley schüttelte zweifelnd ihren Kopf.

„Also, was gibt es denn konkret, das einen glauben machen könnte, es handle sich um eine Mordserie?“ fragte sie. „Ist das ohne eine weitere Leiche nicht ein bisschen voreilig?”

Meredith zuckte mit den Achseln.

„Ja, so sehe ich das auch. Doch der Polizeidirektor in Angier, Joseph Sinard, ist darüber in Panik geraten.”

Rileys kräuselte sich beim Klang des Namens.

„Sinard”, sagte sie. „Wo habe ich den Namen bloß schon einmal gehört?”

Meredith lächelte leicht und sagte, „Vielleicht denken Sie an den stellvertretenden Geschäftsführer des FBI, Forrest Sinard. Joe Sinard ist sein Bruder.”

Riley hätte beinahe mit den Augen gerollt. Nun ergab alles Sinn. Eine Person, die in der FBI Nahrungskette weit oben stand, wurde von einem Verwandten vom Land gepeinigt, so dass der Fall dem BAU aufgebürdet worden war. Sie hatte sich früher schon mit politisch motivierten Untersuchungen, wie dieser, befassen müssen.

Meredith sagte: „Ihr zwei müsst dort hinfahren und nachschauen, ob es überhaupt einen Fall gibt, in dem es sich zu ermitteln lohnt.”

„Was ist mit meiner Arbeit an dem Hatcher Fall?”, fragte Jenn Roston.

Meredith sagte, „Daran arbeiten eine Menge Menschen—Techniker und and Faktenermittler und so weiter. Ich nehme an, dass sie Zugang zu allen Ihren Informationen haben.”

Jenn nickte.

Meredith sagte: „Für ein paar Tage können die ruhig auf Sie verzichten. Sollte das hier überhaupt solange dauern.”

Riley hatte ausgesprochen gemischte Gefühle. Abgesehen davon, dass sie nicht sicher war, ob sie mit Jenn Roston arbeiten wollte, war sie nicht darauf erpicht, ihre Zeit mit einem Fall zu verschwende, der vermutlich die Hilfe des BAUs gar nicht benötigte.

Viel lieber hülfe sie Blaine dabei, zu lernen, wie man schießt.

Es gäbe auch noch andere Dinge, die ich mit Blaine anstellen könnte, dachte sie und unterdrückte ein Lächeln.

„Also, wann geht es los?” fragte Jenn.

„So früh wie möglich”, sagte Meredith. „Ich habe Direktir Sinard gebeten, die Leiche bis zu Ihrer Ankunft nicht zu bewegen. Sie fliegen nach Des Moines, wo Kommissar Sinards Leute euch abholen und nach Angier fahren werden. Von Des Moines ist es etwa eine Stunde entfernt. Wir müssen das Flugzeug auftanken und startbereit machen. Entfernen Sie sich in der Zwischenzeit nicht zu weit von hier. Der Start soll in weniger als zwei Stunden sein.”

Riley und Jenn verließen left Merediths Büro. Riley lief geradewegs zu ihrem Büro, setzte sich für einen Moment hin und schaute ziellos umher.

Des Moines, dachte sie.

Sie war nur ein paar Mal dort gewesen, doch ihre ältere Schwester Wendy lebte dort. Riley und Wendy hatten sich über die jähre voneinander entfremdet und im letzten Herbst anlässlich des Todes ihres Vaters Kontakt aufgenommen. Wendy, nicht Riley, war bei Vati gewesen als er starb.

An Wendy zu denken, erweckte in ihr Schuldgefühle sowie andere verstörende Erinnerungen. Vati war mit Rileys Schwester sehr streng gewesen, und Wendy war mit fünfzehn von zuhause weggelaufen. Riley war erst fünf gewesen. Nachdem ihr Vater gestorben war, hatten sie sich geschworen, den Kontakt zu halten, doch bislang hatten sie nur einmal per Videochat miteinander gesprochen.

Riley wusste, dass sie Wendy besuchen sollte, wenn sie die Chance schon einmal hatte. Natürlich nicht sofort. Meredith hatte gesagt, dass Angier eine Stunde von Des Moines entfernt lag, und dass die örtliche Polizei sie am Flughafen abholen würde.

Vielleicht kann ich Wendy sehen, bevor ich zurück nach Quantico fahre, dachte sie.

Jetzt gerade hatte sie ein wenig Zeit zu überbrücken, bevor das BAU Flugzeug abhob.

Und es gab jemanden, den sie sehen wollte.

Sie machte sich Sorgen um ihren langjährigen Partner, Bill Jeffreys. Er wohnte in der Nähe der Basis, doch hatte sie ihn seit mehreren Tagen nicht gesehen. Bill litt an PTBS und Riley wusste aus eigener Erfahrung wie schwer es war, sich davon zu erholen.

Sie nahm ihr Handy und tippte eine Nachricht.

Dachte, ich könnte für ein paar Minuten vorbeischauen. Biste zuhause?

Sie wartete einige Augenblicke. Die Nachricht war als „angekommen”, doch nicht gelesen gekennzeichnet.

Riley seufzte ein wenig. Sie hatte keine Zeit darauf zu warten, dass Bill seine Nachrichten abrief. Wenn sie ihn vor ihrer Abfahrt noch sehen wollte, musste sie jetzt vorbeischauen und hoffen, dass er zuhause war.

*

Vom BAU Gebäude bis zu Bills kleiner Wohnung in Quantico Stadt waren es nur wenige Minuten Fahrt. Als sie ihr Auto parkte und auf das Gebäude zu ging, fiel ihr einmal mehr auf, was für ein deprimierender Ort es war.

Für ein Mehrfamilienhaus gab es eigentlich nichts wirklich daran auszusetzen––es war ein normales rotes Backsteingebäude, kein Mietshaus oder irgendetwas vergleichbares.

Doch Riley konnte nicht anders, als sich an das schöne Haus in einem Vorort zu erinnern, in dem Bill bis zu seiner Scheidung gelebt hatte. Im Vergleich dazu besaß dieser Ort keinen Charme, und Bill lebte jetzt allein.

Riley betrat das Gebäude und lief auf direktem Weg zu Bills Wohnung im zweiten Stock. Sie klopfte an die Tür und wartete.

Alles blieb still. Sie klopfte erneut und bekam immer noch keine Antwort. Sie kramte ihr Handy hervor und sah, dass die Nachricht immer noch nicht gelesen wurde.

Sie fühlte, wie sie die Sorge überkam. War Bill etwas passiert?

Sie griff nach dem Türknopf und drehte ihn. Beunruhigt bemerkte sie, dass die Tür nicht verschlossen war und sich öffnete.

KAPITEL ACHT

Bills Wohnung sah aus, als wäre sie geplündert worden. Riley blieb für einen Moment wie erstarrt in der Tür stehen, bereit, ihre Pistole zu ziehen, sollte immer noch ein Eindringling in der Wohnung sein. Dann entspannte sie sich. Die Dinge, die überall verstreut lagen, waren Lebensmittelverpackungen, dreckige Teller und Gläser. Es herrschte Chaos, doch es war ein selbst verursachtes Chaos. Sie rief Bills Namen.

Sie konnte keine Antwort hören.

Sie rief erneut.

Dieses Mal glaubte sie, aus einem nahegelegenen Raum ein Stöhnen zu hören.

Als sie durch die Tür in Bills Schlafzimmer eilte, spürte sie ihr Herz erneut pochen. Der Raum war dämmrig, und die Jalousien waren geschlossen. Bill lag in zerknitterter Kleidung auf dem nicht gemachten Bett und starrte an die Decke.

„Bill, warum hast du nicht abgehoben, als ich anrief?”, fragte sie leicht irritiert.

„Habe ich doch”, sagte er beinahe flüsternd. „Du hast mich nicht gehört. Könntest du aufhören, so laut zu sein?”

Riley bemerkte, dass auf dem Nachtisch eine fast leere Flasche Bourbon stand. Auf einmal wurde ihr alles klar. Sie setze sich neben ihn auf das Bett.

„Ich hatte eine ziemlich harte Nacht”, sagte Bill und versuchte, sich zu einem schwachen Lachen zu zwingen. „Du weißt, wie das ist.”

„Ja, das tue ich”, sagte Riley.

Verzweiflung hatte schließlich auch sie zu ihren Exzessen, samt anschließendem Kater, getrieben.

Sie berührte seine feuchte Stirn, und versuchte sich vorzustellen, wie krank er sich fühlte.

„Was hat dich bewegt, zu trinken?” fragte sie.

Bill ächzte.

„Es waren meine Jungs”, sagte er.

Dann wurde er still. Riley hatte Bills Söhne schon seit einer Weile nicht gesehen. Sie vermutete, dass sie inzwischen neun und elf Jahre alt sein müssten.

„Was ist mit ihnen?”, fragte Riley.

„Sie kamen gestern zu Besuch. Es lief nicht gut. Die Wohnung war ein einziges Durcheinander, und ich war so reizbar und angespannt. Sie konnten es kaum erwarten, wieder nach hause zu fahren. Riley, es war furchtbar. Ich war furchtbar. Noch ein Besuch, wie dieser, und Maggie wird mich die beiden nicht mehr sehen lassen. Sie sucht doch nur nach irgendeinem Grund, sie mir endgültig wegzunehmen.”

Bill machte ein Geräusch, das fast wie ein Schluchzen klang. Zum Weinen schien ihm jedoch die Energie zu fehlen. Riley vermutete, dass er viel alleine geweint hatte.

Bill sagte: „Riley, wenn ich als Vater nichts mehr tauge, welchen Wert habe ich dann noch? Als Agent tauge ich auch nichts mehr. Was bleibt da noch?”

Riley fühlte eine stechende Traurigkeit in ihrer Kehle.

„Bill, sag so etwas nicht”, sagte sie. „Du bist ein guter Vater. Und du bist ein großartiger Agent. Vielleicht nicht heute, aber an jedem anderen Tag im Jahr.”

Bill schüttelte müde den Kopf.

„Gestern habe ich mich sicher nicht wie ein Vater gefühlt. Und ich höre einfach immer wieder diesen Schuss. Ich erinnere mich, wie ich in das Gebäude gerannt bin, und Lucy dort blutend habe liegen sehen.”

Riley fühlte, wie ihr eigene Körper zu zittern anfing.

Auch sie erinnerte sich nur zu gut.

Sich keiner Gefahr bewusst, hatte Lucy ein verlassenes Gebäude betreten, nur um von der Kugel eines Scharfschützen getroffen zu werden. Bill, der ihr direkt gefolgt war, hatte aus Versehen einen jungen Mann erschossen, der versucht hatte, ihr zu helfen. Als Riley eintraf, hatte Lucy den Scharfschützen gerade mit letzter Kraft in einem Schusswechsel getötet.

Kurz darauf war Lucy gestorben.

Es war ein furchtbarer Anblick gewesen.

Riley konnte sich kaum an schlimmere Situationen in ihrer Karriere erinnern.

„Ich bin sogar noch später als du gekommen”, sagte sie.

„Ja, aber du hast auf keinen unschuldigen jungen Menschen geschossen.”

„Es war nicht dein Fehler. Es war dunkel. Du konntest es nicht wissen. Außerdem geht es dem jungen Mann heute gut.”

Bill schüttelte den Kopf. Er hob eine zitternde Hand.

„Schau mich an. Sehe ich aus, wie jemand, der jemals wieder arbeiten gehen kann?”

Riley war nun fast verärgert. Er sah wirklich furchtbar aus—ganz sicher nicht, wie der scharfsinnige, mutige Partner, dem sie ihr Leben anzuvertrauen gelernt hatte, und auch nicht, wie der gut aussehende Mann, zu dem sie sich, ganz unbedacht, von Zeit zu Zeit hingezogen gefühlt hatte.

Und all das Selbstmitleid stand ihm nicht.

Doch, erinnerte sie sich streng …

Ich habe das auch durchgemacht. Ich weiß doch, wie es ist.

Und als es ihr so ging, war Bill immer für sie da gewesen und hatte ihr geholfen, damit fertig zu werden. Manchmal hatte er hart zu ihr sein müssen.

Sie schloß, dass er jetzt ebenfalls etwas von dieser Härte brauchte.

„Du siehts echt scheiße aus”, sagte sie. „Doch der Zustand, indem du dich gerade befindest—also, das hast du dir angetan. Und du bist der Einzige, der es auch wieder richten kann.”

Bill schaute hoch und blickte sie an. Sie spürte, dass sie jetzt seine volle Aufmerksamkeit hatte.

„Setz dich auf”, sagte sie. „Reiß dich zusammen.”

Bill zog sich knirschend hoch und setzte sich auf die Bettkante neben Riley.

„Hat die Behörde dir einen Therapeuten vermittelt?”, fragte sie.

Bill nickte.

„Wer ist es?”, fragte Riley.

„Ist doch egal”, sagte Bill.

„Es ist todsicher nicht egal”, sagte Riley. „Wer ist es also?”

Bill antwortet nicht. Doch Riley konnte es auch erraten. Bills Psychiater war Leonard Ralston, der Öffentlichkeit bekannt als „Dr. Leo.” Sie fühlte Ärger in sich aufsteigen. Doch auf Bill war sie jetzt nicht mehr sauer.

„Oh, mein Gott”, sagte sie. „Sie haben dich mit Dr. Leo abgefertigt. Wessen Idee war das denn? Walders, darauf würde ich wetten.”

„Wie ich schon sagte, es spielt keine Rolle.”

Riley wollte ihn schütteln.

„Er ist ein Quacksalber”, sagte sie. „Das weißt du so gut, wie ich. Er glaubt an Hypnose, wiederhergestellte Erinnerung, an all diesen widerlegten Mist. Erinnerst du dich nicht mehr, als er letztes Jahr einen unschuldigen Mann davon überzeugt hat, dass er sich eines Mordes schuldig gemacht habe? Walder gefällt Dr. Leo, weil er Bücher geschrieben hat und schon oft im fernsehen zu sehen war.”

„Ich lasse nicht zu, dass er mich durcheinander bringt”, sagte Bill. „Ich lasse mich auch nicht von ihm hypnotisieren.”

Riley versuchte ihre Stimme unter Kontrolle zu behalten.

„Darum geht es nicht. Du brauchst jemanden, der dir helfen kann”

„Und wer sollte das sein?” fragte Bill.

Riley musste nicht lange nachdenken.

„Ich mach dir einen Kaffee”, sagte sie. „Wenn ich zurückkomme, erwarte ich, dass du wieder aufrecht stehst und bereit bist, das Haus zu verlassen.”

Auf dem Weg in Bills Küche schaute Riley auf die Uhr. Ihr blieb nur wenig Zeit, bevor das Flugzeug startbereit sein würde. Sie musste schnell handeln.

Sie nahm ihr Handy und tippte die private Nummer von Mike Nevins, einem forensischen Psychiater aus Washington, der von Zeit zur Zeit für das Büro arbeitete, ein.

Riley sah in ihm einen engen Freund, und er hatte ihr in der Vergangenheit mehrfach geholfen, persönliche Krisen durchzustehen, darunter auch ein schrecklicher Fall von PTBS.

Als Mikes Telefon klingelte, stellte sie ihr Handy auf Lautsprecher, ließ es auf der Küchenplatte liegen und began Bills Kaffeemaschine zu präparieren. Sie war erleichtert, als Mike abnahm.

„Riley! Wie schön, von dir zu hören! Wie sieht es aus? Wie geht es deiner wachsenden Familie?”

Der Klang von Mikes Stimme war erfrischend, und fast konnte sie den stets übereifrigen, gut angezogenen Mann mit seinem angenehmen Ausdruck vor sich sehen.

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